Kommunalreform: Grüne halten kommunale Verwaltungsreform für notwendig

Kein Bundesland hat so kleinteilige kommunale Strukturen wie Rheinland-Pfalz. Das muss sich ändern, sagt Grünen-Fraktionschefin Schellhammer.

Die Grünen-Landtagsfraktionschefin Pia Schellhammer hält eine Reform der kleinteiligen kommunalen Verwaltungsstrukturen in Rheinland-Pfalz für notwendig. „Unsere Amtsstuben müssen bürgerfreundlicher, digitaler und effizienter werden“, sagte Schellhammer der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. „Indem wir Gebietsstrukturen an aktuelle Gegebenheiten und Herausforderungen anpassen, können wir die Entwicklung hin zu einer moderneren und leistungsfähigeren Verwaltung unterstützen.“ Rheinland-Pfalz habe bundesweit die kleinteiligsten kommunalen Strukturen. 

Die SPD-geführte Ampel-Landesregierung setzt – im Konsens mit den Oppositionsparteien CDU und Freie Wähler – auf interkommunale Zusammenarbeit und freiwillige Fusionen. Die Ergebnisse aus dem Modellvorhaben zur Interkommunalen Zusammenarbeit hätten den Wert dieser Kooperationen bestätigt, schreibt Innenminister Michael Ebling (SPD) in seiner Antwort auf eine kleine Anfrage Schellhammers zur Weiterentwicklung der Kommunal- und Verwaltungsreform. Gebietsänderungen würden derzeit nicht vorangetrieben. Aber die Landesregierung und die kommunalen Spitzenverbände hätten vereinbart, die Kommunen dabei zu unterstützen, diese Kooperationen auszubauen. 

Fusionsprämien für freiwillige Zusammenschlüsse von Kommunen 

„In größeren Verwaltungseinheiten sehen wir die Chance, die Qualität der Verwaltung zu verbessern, genügend geeignete Fachkräfte einzustellen und ausreichend Menschen zu finden, die politische Ämter übernehmen wollen“, betonte Schellhammer. Die zurückgehende Zahl von Kandidaturen für das Amt der Ortsbürgermeisterin oder des Ortsbürgermeisters und immer weniger Wahllisten sprächen auch dafür, größere kommunale Strukturen zu bilden. „Wenn die Auswahl an politischen Vertreterinnen und Vertretern immer kleiner wird, ist das kein gutes Zeichen für eine lebendige Demokratie.“ In größeren Gebietsstrukturen könnten demokratische Kräfte gebündelt werden.

 Die Fraktionschefin der Grünen im Landtag lobte, „dass erste Ortsgemeinden aus der Eifel den Weg einer freiwilligen Fusion gehen wollen“. Die Ampel-Landesregierung unterstütze diese Bemühungen mit einer Beratungsstruktur. „Fusionsprämien schaffen zusätzlich wichtige Anreize, um diesen sinnvollen Schritt zu gehen“, sagte Schellhammer. 

Die Höhe dieser Unterstützung ist „vor allem von der finanziellen Situation der beteiligten Gebietskörperschaften“ abhängig, erläutert der Innenminister. Im Rahmen der Kommunal- und Verwaltungsreform (KVR) sei der überwiegende Teil der freiwilligen Gebietsänderungen auf der Ebene der Verbandsgemeinden mit rund zwei Millionen Euro unterstützt worden, in der Regel über mehrere Haushaltsjahre. 

Ein Gutachten zur Gebietsreform sorgte 2018 für Wirbel 

Ein Gutachten zur Gebietsreform hatte 2018 für viel Aufregung gesorgt. Darin hatten Wissenschaftler für die 24 Kreise mehrere Szenarien vorgeschlagen: eine drastische Reduzierung auf wenige Großkreise (acht bis zehn), auf 19 oder auf 14 Kreise. Die Zahl der kreisfreien Städte hätte von zwölf auf fünf reduziert werden sollen. Frankenthal wäre demnach ein Teil von Ludwigshafen geworden. 

Wissenschaftler sehen Vorteile in kleinen Gebietskörperschaften 

Kleine Gebietskörperschaften wie in Rheinland-Pfalz sind in der Kommunalpolitik nach Einschätzung von Politikwissenschaftler Norbert Kersting grundsätzlich sinnvoller als große. „Je kleiner die Einheiten sind, desto mehr Einfluss kann man nehmen und desto direkter ist auch der Kontakt zu den Kandidaten“, hatte der Wissenschaftler vor den Kommunalwahlen im Juni gesagt. „Probleme können dezentral besser gelöst werden, weil sie vor Ort besser bekannt sind.“ Die Stuttgarter Sozialwissenschaftlerin Angelika Vetter hatte ergänzt: „Aus demokratietheoretischer Perspektive ist es auch positiv zu bewerten, wenn viele Mandate vergeben werden.“ 

Der Nachteil sei jedoch, dass für die Lösung der Probleme in kleinen Städten und auch Mittelstädten oft Ressourcen und Personal fehlten, hatte Kersting gesagt. Ein Ausweg sei die interkommunale Kooperation, wie sie auch in Rheinland-Pfalz versucht wird. Eine andere Lösung sei eine große Gebietsreform wie in den 1970er Jahren in NRW und Hessen. Diese habe aber viel Unmut und Kritik mit sich gebracht. „Große Einheiten führen zu Identitätsverlust.“ 

Sind die Verbandsgemeinden zu klein?

Einen dritten Weg sei Bayern gegangen, indem es die Kompetenzen auf Kreisebene verlagert habe, stellte Kersting fest. „Damit werden lokale Entscheidungsbefugnisse verlagert, aber die Kommunen sind immer noch eigenständig und nicht nur ein Stadtteil.“ Dann werde beispielsweise das Schwimmbad eben nur im Kreis gebaut. „Das drückt die Kosten erheblich.“ Diese Verlagerung der Kompetenzen sei auch die Idee der Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz. „Diese sind aber vielleicht doch noch zu klein gewählt und haben nicht die Durchschlagskraft, sodass bei Entscheidungen doch noch versucht wird, möglichst einzelne Gemeinden noch zu bedienen.“ 

 

 

 

 

 

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