Streit gibt es häufiger in Wohnungseigentümergemeinschaften. Er landet auch mal vor Gericht. Aber müssen dort siegreiche Parteien die Prozesskosten mittragen?
Immer wieder ziehen Wohnungseigentümer gegen Entscheidungen ihrer Eigentümergemeinschaft vor Gericht. Wenn sie dort erfolgreich sind, wird die Gemeinschaft oft dazu verurteilt, die Kosten des Prozesses zu tragen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat nun entschieden, dass diese Prozesskosten auch anteilig auf die siegreichen Eigentümer umgelegt werden dürfen. (Az. V ZR 139/23)
Im konkreten Fall hatten drei Frauen 2021 am Amtsgericht Rostock erfolgreich einen Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft angefochten, in der sie selbst Mitglieder sind – ihnen gehört je eine der insgesamt acht Wohnungseinheiten. Das Gericht verurteilte die unterlegene Gemeinschaft dazu, die Prozesskosten zu tragen. Die legte diese Kosten wiederum über eine Sonderumlage auf alle Mitglieder um – also auch auf die drei eigentlich erfolgreichen Klägerinnen. Je Wohnungseinheit sollten knapp 800 Euro gezahlt werden.
Prozesskosten als Verwaltungskosten
Gegen die Umlage wollten sich die Frauen mit einer erneuten Klage vor Gericht wehren. Das Amtsgericht Rostock wies die Anfechtungsklage zunächst ab, das Landgericht Rostock gab ihr dann auf die Berufung einer der Klägerinnen statt. Am höchsten deutschen Zivilgericht hatten die Frauen nun aber keinen Erfolg. Der BGH stellte sich hinter die Entscheidung des Amtsgerichts. Die Klage sei somit endgültig abgewiesen, erklärte der Senat.
Die Prozesskosten würden zu den im reformierten Wohnungseigentumsgesetz geregelten Verwaltungskosten zählen, entschied der für derartige Fälle zuständige fünfte Zivilsenat. Als solche dürften sie, sofern keine andere Regelung vereinbart wurde, nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel auf die Mitglieder der Gemeinschaft umgelegt werden – also auch auf die obsiegenden Eigentümer.
Seit einer Reform des Wohnungseigentumsgesetzes im Dezember 2020 richten sich Klagen gegen Beschlüsse der Gemeinschaft nicht mehr gegen die übrigen Wohnungseigentümer, sondern gegen die Gemeinschaft als solche. „Damit sind auch Kosten, die der Gemeinschaft in einem Beschlussklageverfahren auferlegt worden sind, Verwaltungskosten der Gemeinschaft, an denen sämtliche Wohnungseigentümer unabhängig von ihrer Parteistellung im Prozess zu beteiligen sind“, so der BGH.
Verband rät zu sorgfältigen Beschlüssen
Zwar könnte diese Kostenregelung gerade in kleinen Gemeinschaften, wo die Kosten sich nur auf wenige Parteien verteilen würden, potenzielle Kläger von einer Beschlussklage abhalten, räumte die vorsitzende Richterin, Bettina Brückner, bei der Urteilsverkündung ein. Allerdings würde eine andere Auslegung des Gesetzes zusätzliche Fragen aufwerfen, etwa, ob Mitglieder der Gemeinschaft, die gegen den erfolgreich beklagten Beschluss stimmten, aber nicht selbst gegen ihn klagten, auch von den Prozesskosten ausgenommen werden müssten.
Es sei nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber übersehen hat, dass die neue Regelung aufgrund der Parteistellung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bei Beschlussklagen auch die Kosten des obsiegenden Beschlussklägers erfasst, so der Senat. Der Gemeinschaft stehe es zwar frei, die Prozesskosten anders zu verteilen, sagte Richterin Brückner. Das müsse aber in der Gemeinschaft mehrheitlich beschlossen werden. Da das im vorliegenden Rechtsstreit nicht der Fall war, müssten die Kosten wie vorgesehen auf alle verteilt werden.
„Diese Entscheidung war im Grunde nach der Reform des Wohnungseigentumsrechts zum 1. Dezember 2020 nicht anders zu erwarten“, sagte der Präsident des Eigentümerverbands Haus und Grund, Kai Warnecke. Das Urteil zeige aufs Neue, dass Beschlüsse in einer Eigentümergemeinschaft sorgfältig vorbereitet und so diskutiert werden sollten, dass sie von allen Eigentümern akzeptiert werden. So könnten viele Klagen vermieden werden.