Die Windkraft an Land spielt eine Schlüsselrolle bei der Energiewende. Die Branche legt nun Zahlen für das erste Halbjahr vor – und stellt vor allem eine Entwicklung in den Fokus.
Der Ausbau der Windenergie ist im ersten Halbjahr ein wenig ins Stocken geraten. Bundesweit wurden nach Branchenangaben 250 neue Windräder mit einer Gesamtleistung von rund 1,3 Gigawatt errichtet – das waren 19 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der neu genehmigten Windräder, die noch nicht realisiert sind, stieg allerdings um 32 Prozent auf 847.
Vor allem diese positive Entwicklung sollte in den Blick genommen werden, sagte Bärbel Heidebroek, Präsidentin des Bundesverbands Windenergie. Es gebe sehr viel Potenzial für den Ausbau.
Probleme erschweren Ausbau
Zum rückläufigen Zubau im ersten Halbjahr verwies sie darauf, dass es im April unglaublich starke Winde gegeben habe, sodass Kräne nicht aufgebaut werden konnten und es technische Probleme auf Baustellen gab.
Außerdem habe es durch eine Sperrung auf der Autobahn A27 bei Cuxhaven Probleme beim Transport von Rotorblättern gegeben. Über den dortigen Hafen kommen die meisten Rotorblätter für Windräder an und werden dann ins Landesinnere gebracht.
Süden muss aufholen
Heidebroek sagte weiter, nach wie vor gebe es ein starkes Nord-Süd-Gefälle beim Ausbau der Windkraft an Land. Die meisten neuen Anlagen wurden im ersten Halbjahr in Nordrhein-Westfalen errichtet, gefolgt von Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Dagegen hätten Länder wie Baden-Württemberg und Bayern nur zu einem geringen Anteil zum Ausbau beigetragen. Der Süden müsse endlich aufholen und Flächen ausweisen, sagte Heidebroek. „Das Nadelöhr sind nach wie vor die Flächen.“
Von Zielen entfernt
Bundesweit sind zum Ende des ersten Halbjahres insgesamt 28.611 Windräder mit einer Gesamtleistung von 61,9 Gigawatt installiert. Ziel der Bundesregierung ist eine Gesamtleistung von 115 Gigawatt bis zum Jahr 2030. Der derzeitige Ausbau bleibt nach Branchenangaben hinter den Anforderungen zurück. Um auf den notwendigen Zubau zu kommen, müssten aus Genehmigungen umgesetzte Projekte werden. Auch wenn Entscheidungen der Bundesregierung zum Beispiel zur Verkürzung von Planungs- und Genehmigungsverfahren wirkten, seien weitere politische Maßnahmen notwendig.
Die Branche hatte für das Gesamtjahr 2024 einen Zubau von 4 Gigawatt prognostiziert. Um dies erreichen zu können, müsse eine Schippe draufgelegt werden, sagte Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer VDMA Power Systems. Er sprach mit Blick auf die Zahlen für das erste Halbjahr von Licht und Schatten.
Mehr Tempo bei Transporten
Genehmigungsverfahren für Großraum- und Schwertransporte müssten vereinfacht und beschleunigt werden, so Rendschmidt. „Um die Komponenten der Windenergieanlagen möglichst reibungslos zu den Baustellen zu bringen, braucht es bundeseinheitliche Regeln.“
Verunsicherung über weitere Förderung
Beim Ausbau der erneuerbaren Energie aus Wind und Sonne soll es einen Systemwechsel geben. Die Bundesregierung plant eine Umstellung auf eine Investitionskostenförderung, wie es in der „Wachstumsinitiative“ heißt. Bisher gibt es bei der Windkraft an Land Ausschreibungen, Betreiber bewerben sich auf eine Förderhöhe – statt wie zuvor eine gesetzlich festgelegte Einspeisevergütung zu beziehen. Heidebroek sagte, eine totale Umstellung des Fördersystems drohe die Branche zu verunsichern, Investitionen könnten zurückgehalten werden.
Finanzielle Beteiligung von Kommunen
Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz sollen Betreiber von Windenergieanlagen den Standortkommunen eine finanzielle Beteiligung anbieten. Es handelt sich um eine freiwillige Regelung. Gemeinden können dann direkt von den Stromerträgen von Windrädern in ihrer näheren Umgebung profitieren. Wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft mitteilte, haben sich Windpark-Betreiber, darunter die Firmen EWE, EnBW und Enertrag, zur finanziellen Beteiligung von Kommunen verpflichtet. Je nach Standort sei mit einer Summe von 20.000 bis 30.000 Euro pro Jahr pro Windenergieanlage zu rechnen, die an die umliegenden Gemeinden ausgezahlt werden. Diese zusätzlichen Einnahmen könnten die Gemeinden in wichtige lokale Projekte investieren.
Die BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae nannte die Selbstverpflichtung einen wichtigen Schritt, um eine nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum zu stärken und gleichzeitig die Akzeptanz und Unterstützung für Windenergieprojekte an Land weiter zu fördern.