Generationswechsel: 27-Jähriger führt Linke in MV an – Peter Ritter in Rente

Generationswechsel bei der Linken in MV: Der junge Politikwissenschaftler Hennis Herbst übernimmt eine große Baustelle.

Die Linke in Mecklenburg-Vorpommern hat einen Generationswechsel an der Spitze vollzogen. Der 27-jährige Politikwissenschaftler Hennis Herbst aus Greifswald wurde auf einem Landesparteitag in Waren an der Müritz zum neuen Landesvorsitzenden gewählt. Er übernimmt das Amt von Peter Ritter. Der 65-Jährige, der den Landesverband von 2001 bis 2009 und noch einmal seit 2022 führte, war nicht noch einmal angetreten. 

Herbst setzte sich gegen drei Mitbewerber durch und erhielt 50 der 103 abgegebenen Stimmen, was 48,5 Prozent entspricht. Herbst ist zuvor zwei Jahre lang stellvertretender Landesvorsitzender der Partei gewesen und bei der Kommunalwahl am 9. Juni in die Greifswalder Bürgerschaft gewählt worden.

Neuer Landeschef will Linke reformieren

Der 27-Jährige hat eine große Baustelle vor sich. Die Mitgliederzahlen schrumpfen seit Jahren, mehr als die Hälfte der Mitglieder ist über 70 Jahre alt. Bei der Europa- und Kommunalwahl am 9. Juni fuhr die Partei ihre bisher schlechtesten Ergebnisse ein.

Die Aufarbeitung dieses von vielen Rednern als Desaster beschriebenen Ereignisses nahm breiten Raum auf dem Parteitag ein. Der jahrelang ausgetragene innerparteiliche Konflikt habe das Bild in der Öffentlichkeit schwer beschädigt, hieß es. Die Wähler könnten nicht erkennen, wie die Linke zu wichtigen Fragen und aktuellen Auseinandersetzungen stehe.

Herbst: Müssen kampagnenfähig werden

Herbst, der nach seinem Bachelor-Abschluss in Politikwissenschaften und öffentlichem Recht nach eigenen Worten nun einen Masterabschluss anstrebt, versuchte Aufbruchstimmung zu verbreiten. Innerparteilich wolle er die Strukturen schlagkräftiger machen, sagte er. „Wir müssen kampagnenfähig werden und die Arbeit vor Ort gestalten können.“ Das sei angesichts geringer werdender finanzieller Mittel schwierig, aber möglich.

Die Linke wird gebraucht“

Die Linke werde gebraucht, sagte er. Gekämpft werden müsse für eine Daseinsvorsorge, die auch Vorpommern zu einem lebenswerten Raum mache, für Arbeits- und Lohngerechtigkeit, für Gleichstellung. „Wir kämpfen für die Menschen, die nicht mit einem goldenen Löffel geboren werden“, so Herbst auf dem Parteitag. 

Ein zentrales Feld für die Linke soll demnach wieder die Friedenspolitik werden. Das Profil der Partei müsse an der Stelle geschärft werden, sagte Herbst. Der Parteitag beschloss, neben dem Friedensfest in Graal-Müritz am 1. September auch die Tradition der „Ostseefriedenskonferenzen“ wieder aufleben zu lassen. Vor der Bundestagswahl 2025 wollen die Linken in MV demnach eine solche Konferenz organisieren. 

Peter Ritters bewegender Abschied

Zum Auftakt des Parteitages hielt der bisherige Landesvorsitzende Peter Ritter eine bewegende Abschiedsrede. Er zieht sich von der landespolitischen Bühne zurück. Die gegenwärtige tiefe Krise der Partei habe Gründe, die länger zurückreichten als die vergangenen zwei Jahre, sagte er. Bei der Europawahl war die Linke auf 4,9 Prozent abgestürzt. Bei den Kommunalwahlen hatte sie mit 8,8 Prozent ebenfalls ihr bislang schlechtestes Ergebnis erzielt. 

„Müssen dringend unseren Kompass suchen“

Die Linke sei nach dem Eingehen von Regierungsbeteiligungen in mehreren Bundesländern und dem Gewinn von Landrats- und Oberbürgermeisterposten zu selbstzufrieden geworden, kritisierte der 65-Jährige. „Wir haben unseren Kompass verloren und sollten uns dringend auf die Suche machen.“ Wichtige inhaltliche Fragen seien ausgeblendet worden. Die Trennung von Sahra Wagenknecht habe zu lange gedauert. Das habe mürbe gemacht.

Das Motto müsse für die Linke künftig wieder „Machen statt Zaudern“ lauten, forderte Ritter. Er warb dafür, die verbliebenen Geschäftsstellen der Linken im Land zu sozialen Anlaufstellen für die Menschen zu machen, wie dies in den 1990er Jahren der Fall gewesen sei.

Zum Abschied rief Ritter, der auch viele Jahre prominente Funktionen in der Landtagsfraktion der Linken innehatte, seiner Partei zu: „Macht’s gut. Vor allem, macht’s besser.“ Dann umarmte ihn der ebenso langjährige Linke-Politiker Dietmar Bartsch.

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