Airport-Bestenliste: Ich hasse Flughäfen. Und Sie doch eigentlich auch

Ein neues Ranking kürt den besten Flughafen der Welt. Aber sind wir mal ehrlich: Es ist egal, ob man von Doha oder Düsseldorf abhebt. Airports sind überall ein schrecklicher Ort.

Wir können uns zwar nicht hinfort teleportieren, noch nicht, aber ein Portal für Reisen in die Ferne haben wir schon lange. Es ist ein Labyrinth aus Schaltern, Gängen, Sicherheitsschleusen und Drehtüren. Und je nachdem, welchen Weg man nimmt – Stunden später landet man auf der anderen Seite des Planeten. G35 nach Bogotá, D2 nach Kathmandu, C15 nach Paderborn/Lippstadt. 

Ein Flughafen ist das Tor zur Welt. Ein für sich genommen so großer evolutionärer Schritt, dass sich AirHelp, ein Unternehmen für Fluggastrechte, jedes Jahr die Mühe macht, eine Hitliste internationaler Airports zu veröffentlichen. Auch 2024 wieder.

Beste und schlechteste Flughäfen der Welt 17:13

Spätestens hier habe ich Fragen, die mir ein wenig aufs Fliegerherz drücken: Verklären wir hier etwas? Könnte es egaler sein, ob man vom katarischen Doha (dem frischgekürten Testsieger) oder aus Tunis (AirHelp zufolge einer terminalgewordenen Katastrophe) abhebt? Sind Flughäfen an sich nicht eigentlich furchtbar schreckliche Orte? Menschenvoll, aber seelenleer. Zweckmäßig, aber überteuert.

Früher beneidete ich Flughafen-Stammgäste. Heute weiß ich es besser

Auch für mich ist die Abflugtafel mal ein Versprechen gewesen, als ich noch der kleine Knirps einer klassischen Neckermann-Familie war, mit Pauschalreise in die Türkei oder nach Griechenland, Hauptsache Mittelmeer. Wir flogen stets ein, zwei Tage vor offiziellem Ferienbeginn, im Verständnis meiner Eltern schlug der Flugpreis die Schulpflicht, was ich natürlich ziemlich klasse fand. Am meisten bewunderte ich damals diese Flughafen-Stammgäste, die im Stechschritt mit Business-Trolleys die vertikalen Gangverschnellerungs-Rolltreppen entlangklackerten. 

Heute bin ich als Auslandsreporter beim stern selbst einer dieser Vielflieger. Ich liebe das Reisen, das Abheben, das Wegsein. Manchmal blättere ich auch noch kindlich durch meinen Pass, so wie früher. Doch Flughäfen verabscheue ich inzwischen.

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Zur Ehrenrettung ein kurzer, vorgeschobener Transparenzhinweis: Ich war nie in einer dieser Senator-Lounges, in die sich die Könige der Lüfte verkriechen, vermutlich zu Austernbuffet und Pianomusik, die Airport-Experience ist sicher ganz aushaltbar dort, ich weiß es nicht, ich will es mir noch nicht mal ergooglen, geschenkt. Wir sprechen hier gerade von Holzklassenpassagier zu Ottonormalflieger. 

Von Menschen, die – egal, ob am Charles-de-Gaulle in Paris, dem JFK in New York oder in London-Heathrow – vor den immer selben Auslagen mit den immer labriggen Tomate-Mozzarella-Sandwiches stehen, für 12,99 Euro. An jedem Terminal herrscht globalisierte Gleichförmigkeit: generischer Foodcourt, Starbucks-Rolex-Hilfiger-Ladenzeilen, daneben noch irgendein Salt Bae oder Schuhbeck oder sonst ein Starkoch, der sein Pinzetten-Essen in Kantinenatmosphäre zum Gegenwert eines Flugtickets nach Lissabon veräußert. An ruhiges Arbeiten ist in all dem Trubel ohnehin nicht zu denken, weil irgendwo immer noch ein Mister Wong oder eine Frau Müller ausgerufen wird – „Last call for flight LH302 to San Francisco!“

Doha mag der beste Flughafen sein, nur nivht für Ottonormalflieger

Wer noch erkennen will, wo er sich eigentlich aufhält, findet Hinweise als Rabattgegenstand in der Spezialitätenabteilung des Duty-Free-Shops, sieht aber auf dem Weg dorthin: dieselbe Aufreihung von Whiskys und Zigaretten, dieselben Menschen, die sich noch schnell vor Abflug mit denselben Modedüften einparfümieren. 

Ich war vergangenes Jahr für einen längeren Zwischenstopp am ja angeblich weltbesten Hamad International Airport in Doha. Natürlich gibt es dort einen tropischen Indoor-Garten. Und einen Squash-Court. Und einen Golf-Simulator. Und einen Wellnessbereich, für den ich ausnahmsweise 51 US-Dollar hinblätterte, um am Ende in einem 1,20 Meter tiefen Pool brusthoch im Wasser zu stehen. Aber eigentlich will ich gar nicht, dass mich ein Flughafen zum Verweilen einlädt. Ich will ja gar nicht verweilen. Ich will weiter. Ohne Gedränge, Angestehe und Herumgelungere in einer Reihe zusammengeschraubter Stühle. 

Urlauberdschungel: Indoor-Wald am Flughafen von Doha
© Hassan Ammar

Wer mit dem Zug reist, kommt vielleicht nicht pünktlich an, kann aber noch durch die mehr oder weniger schönen Bahnhofsviertel der Welt schlendern. Wer mit dem Auto fährt, ist ohnehin frei. Wer aber die Tür eines Flughafens betritt, der gibt an der Sicherheitsschleuse seine Autonomie ab. Der ist den Preislogiken eines Ortes ausgeliefert, an dem man Hunger und Durst und Langeweile hat, aber eben nicht die Wahl, nach draußen zu gehen. Der steht jedes Mal vor den gleichen Sorgen und Fragen: Wiegt mein Koffer zu viel? Schafft er es diesmal überhaupt mit nach Tel Aviv oder muss ich mich im Anschluss mit der Airline herumstreiten? Sind die Mini-Fläschchen in meinem Kulturbeutel ordnungsgemäß abgefüllt? Und: „Sir, haben Sie elektronische Geräte in Ihren Taschen – Laptops, Notebooks, Powerbanks?“

Dass deutsche Flughäfen im internationalen Vergleich besonders schlecht abschneiden, ist angesichts all dieser Gleichförmigkeit auch schon egal. Platz 222 von 239 für die Drehscheibe Frankfurt, Platz 156 für den brandneuen BER. Aber jetzt schnallen Sie sich an und hören Sie zu – Sie haben es fast durch diesen Text und bereits durch die gesamte Check-in-Security-Boarding-Schikane geschafft. Der beliebteste deutsche Airport steht: in Dortmund. Platz 32. Und das sagt dann doch irgendwie alles, oder?

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