Die Folgen einer Infektion mit der Afrikanischen Schweinepest sind weitreichend und treffen nicht nur unmittelbar betroffene Betriebe. Für die Bekämpfung der Seuche braucht es einen langen Atem.
Seit Wochen sind Behörden und Landwirte besorgt über die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest in Südhessen – nun ist die Tierseuche bei einem ersten Hausschwein nachgewiesen worden. In einer Schutzzone müssen Schweinehalter sich jetzt an strenge Schutz- und Hygieneregeln halten, um eine weitere Ausbreitung des ASP-Virus zu verhindern. Einige Fragen und Antworten zur aktuellen Situation:
Warum ist die Afrikanische Schweinepest ein so großes Problem?
Die ASP verläuft fast immer tödlich, über 90 Prozent der infizierten Haus- und Wildschweine sterben innerhalb von rund einer Woche. Sie gilt zwar nach Angaben des Hessischen Bauernverbandes nicht als hoch ansteckend und breitet sich nur vergleichsweise langsam aus, verschwindet aber auch nicht von selbst wieder. Der Erreger ist in der Umwelt und besonders im Blut extrem lange haltbar, weshalb sich beispielsweise lebende Wildschweine sehr lange an Kadavern infizierter Artgenossen anstecken können. Die Kadaversuche und -bergung ist daher ein zentrales Element bei der Seuchenbekämpfung beim Wildschwein. Bei Hausschweinen steht nach der Keulung ebenfalls die Kadaverbeseitigung sowie die intensive Reinigung und Desinfektion des Bestandes an.
Mit welchen Maßnahmen soll eine weitere Ausbreitung verhindert werden?
Innerhalb der Schutzzone in drei Kilometer Umkreis um den betroffenen Betrieb und der Überwachungszone mit zehn Kilometer Radius gelten striktere Auflagen für die Höfe. So müssen Tierhalter ihre Bestände täglich intensiv kontrollieren und besonders auf Krankheitsanzeichen wie Fieber oder gesteigerte Todesraten achten, erläutert das hessische Landwirtschaftsministerium. „Jede Abweichung ist unverzüglich an die zuständige Behörde zu melden.“ Zudem gelten striktere Beschränkungen bei der Verbringung und der Verarbeitung der Tiere und bei Produkten aus Schweinefleisch. Neben dem zeitnahen Erlass einer Allgemeinverfügung werde zudem die Suche nach Wildschweinkadavern „mit Hochdruck“ fortgesetzt und Wildschutzzäune würden errichtet. Sorgen über eine Ausbreitung der ASP gibt es auch in Rheinland-Pfalz, nachdem in Gimbsheim im Kreis Alzey-Worms am Samstag zwei auffällige Wildschweine gefunden worden waren.
Wie groß sind die Schweinebestände in Hessen?
Nach Angaben des Hessischen Bauernverbands wurden im Bundesland im vergangenen Jahr insgesamt 462.389 Schweine in 3.978 Betrieben gehalten. Somit hält ein durchschnittlicher hessischer Schweinehalter 116 Tiere.
Welcher Schaden entsteht betroffenen Betrieben?
Ein Eintrag in einem Hausschweinebestand und eine damit verbundene Keulung ist nach Einschätzung des Bauernverbandes für jeden Betrieb eine enorme Belastung – „finanziell wie mental“. Insgesamt 3.500 Schweine werden in der Schutz- und Überwachungszone gehalten. Zu den Einschränkungen beim Handel und der Verarbeitung der Tiere kommen solche für die Schlachtung – das stelle die Landwirte auch vor Platzprobleme, wie eine Sprecherin des Bauernverbands sagte. Folgen bei den Schweinefleischpreisen seien derweil bisher nicht zu spüren. „Wir haben ja bereits seit einigen Jahren ASP in Brandenburg und Sachsen, weshalb die Auswirkungen auf ganz Deutschland durch den hessischen Ausbruch bisher überschaubar sind.“
Welche Hilfen bekommen betroffene Landwirte?
Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums erhalten betroffene Betriebe Entschädigungsleistungen je zur Hälfte durch die Tierseuchenkasse und das Land Hessen. „Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach dem gemeinen Wert der zu tötenden und verendeten Tiere, die entsprechenden Höchstsätze sind gesetzlich festgelegt.“ Zudem würden in bestimmten Fällen Beihilfen für die Reinigung und Desinfektion als freiwillige Leistungen der Tierseuchenkasse gewährt. Die Grundsätze sind im Tiergesundheitsgesetz geregelt. Da sich die Maßnahmen zur Eindämmung der Schweinepest nicht nur auf Schweinehalter auswirken, können laut Ministerium auch sogenannte Nichtstörer, also Landwirte ohne Schweinehaltung beziehungsweise solche, die Felder ohne direkten Bezug zu einer Schweinehaltung bewirtschaften, Ersatz für Vermögensschäden verlangen.
Welche weiteren Tierseuchen gibt es derzeit noch in Hessen?
Neben der Afrikanischen Schweinepest ist auch die Blauzungenkrankheit in Hessen angekommen. Ende vergangener Woche wurde die Tierseuche nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums bei einem Rind in Alsfeld (Vogelsbergkreis) nachgewiesen. Die durch ein Virus ausgelöste Krankheit befällt Wiederkäuer. Vor allem für Schafe und Ziegen endet sie oft tödlich. Die Folgen für die Tierhalter: Seit dem Nachweis dürfen keine Tiere aus Hessen mehr in seuchenfreie Regionen innerhalb der EU transportiert werden, also auch nicht in angrenzende Bundesländer ohne Blauzungen-Fälle. Den Angaben des Ministeriums zufolge sind auch die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen und Rheinland-Pfalz betroffen, außerhalb Deutschlands auch Belgien und die Niederlande.
Übertragen wird das Virus nicht von Tier zu Tier, sondern über kleine blutsaugende Mücken, sogenannte Gnitzen. Wiederkäuer können gegen die Blauzungenkrankheit geimpft werden. Eine Impfung schützt laut einem Ministeriumssprecher gegen schwere Verläufe, aber nicht gegen eine Infektion. In Hessen werden rund 400.000 Rinder und 165.000 Schafe gehalten. Der Erreger der Blauzungenkrankheit ist nicht auf den Menschen übertragbar. Fleisch und Milch sowie daraus hergestellte Erzeugnisse können laut Ministerium ohne Bedenken verzehrt werden.