Tiere: Nasses Frühjahr trifft Wildtiere

Experten rechnen nach Dauerregen und Überschwemmungen mit Verlusten bei Wildtieren. Vor allem Jungtiere dürften betroffen sein. Einen positiven Effekt könnte der viele Regen aber für Rehkitze haben.

Die vielen Niederschläge und Überschwemmungen in diesem Jahr machen auch der Tierwelt zu schaffen. Der Landesjagdverband und die Wildforschungsstelle Baden-Württemberg gehen von Verlusten bei Rehkitzen und anderen Wildtieren aus.

„Rehkitze werden in den ersten Tagen des Lebens abgelegt und dann liegen sie in der Wiese“, sagt Janosch Arnold, Leiter der Wildforschungsstelle. Sie seien nicht darauf ausgerichtet, zu fliehen oder größere Strecken mit dem Muttertier zurückzulegen. Dauerregen und Überschwemmungen seien daher vor allem in den ersten zwei bis drei Lebenswochen der Rehkitze am fatalsten, sagt auch René Greiner, Sprecher des Landesjagdverbands. In dieser Zeit vertrauen die Tiere auf ihre Tarnung. Getreu dem Motto: „Wenn Mama sagt, ich bleib‘ hier liegen, dann bleib‘ ich hier liegen“, führt Greiner aus. Ist es nass und kalt, unterkühlen die Tiere. „Wenn sie ein paar Tage nicht mehr richtig trocknen, geht das auf die körperliche Fitness und Gesundheit – genau wie bei uns Menschen.“

Daten dazu, wie groß die Verluste durch Überschwemmungen und Dauerregen sind, haben weder die Wildforschungsstelle noch der Landesjagdverband. Sie gehen davon aus, dass vor allem lokal Tiere betroffen sind. „Überschwemmungsphänomene sind nicht neu“, sagt Arnold. Bevor Flüsse begradigt wurden und als die Landschaft sumpfiger war, standen Lebensräume der Wildtiere demnach häufiger unter Wasser und die Tiere mussten damit klarkommen. „Wie wir es jetzt durch den Klimawandel erleben, ist aber schon eine neue Situation“, sagt der Wildbiologe. „Die Starkwetterereignisse nehmen zu.“ Dadurch werde der Lebensraum unberechenbarer.

Nicht nur Rehkitze betroffen

Betroffen von Extremwetterereignissen im Frühjahr sind nicht nur Rehe. Die meisten Wildtiere haben ihre Jungen in dieser Zeit. „Ein Großteil der Wildtiere ist betroffen – von Säugetieren bis hin zu Insekten“, betont Greiner. „Ganz entscheidend sind die bodenbrütenden Vogelarten.“ Bei ihnen geht er lokal von besonders großen Verlusten aus. Auch junge Feldhasen unterkühlen demnach schnell.

Rehen komme bei solchen extremen Wetterlagen ihre lange Setzzeit zugute, meint Arnold. Rehkitze kommen ihm zufolge von Ende April bis hinein in den Juli zur Welt. So ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein lokales Starkwetterereignis sehr viele Tiere eines Jahrgangs erwischt, geringer. Arnold vermutet darin eine schon länger andauernde Anpassungsstrategie der Rehe.

Gefahr Nummer 1 für Rehkitze bleibe die Mahd, erklärt der Wildbiologe. Gemäht werde flächendeckend, Jahr für Jahr und die landwirtschaftlichen Maschinen würden immer schneller. „Deswegen haben Rehkitze und andere Tiere keine Möglichkeit, zu entfliehen.“ Dieses Problem sei größer als Wetterereignisse, die meist lokal aufträten. So sieht es auch Greiner. In einer Hinsicht bringe Dauerregen womöglich etwas Positives mit sich. „Wenn Dauerregen herrscht, wird nicht gemäht“, sagt Greiner. „Die Rehkitze, die durch diese Witterung kommen, werden größer und mobiler.“ Dadurch könnten sie abhauen, wenn gemäht wird. „So gesehen spielt es uns in die Karten, wenn später gemäht wird.“ Andererseits entwickeln sich die Tiere bei nasser und kalter Witterung schlechter. 

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