Verschlafene Jugendliche im Unterricht am frühen Morgen, das kennt wohl jeder. Ein Bildungsforscher will das ändern – und sieht Vorteile in einem späteren Schulstart. Das hat aber einen Haken.
Vor allem ältere Schülerinnen und Schüler profitieren nach Expertenmeinung von einem späteren Schulstart – weil sie morgens mehr Schlaf brauchen. Die Schlafforschung habe ergeben, dass Schüler in der Pubertät am frühen Morgen weniger leistungsfähig seien, sagte Marc Kleinknecht, Experte für Schulpädagogik und Schulentwicklung an der Lüneburger Leuphana Universität, der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (Freitag). „Je älter Schülerinnen und Schüler sind, desto später gehen sie ins Bett.“
Sie müssten morgens länger schlafen, der reguläre Schulstart erlaube dies aber nicht, sagte Kleinknecht. Um 7.00 Uhr morgens oder sogar früher aufzustehen, sei für viele eine Qual. Wenn Jugendliche aber nicht verschlafen in der Klasse säßen, steigere dies ihr Wohlbefinden. An Grundschulen dagegen sei der Beginn um 8.00 Uhr kein Problem, jüngere Kinder seien um diese Zeit meist schon munter und lernfähig.
Experte fordert Einstieg in verbindliche Ganztagsschule
An weiterführenden Schulen wäre ein Unterrichtsbeginn um 9.00 Uhr wünschenswert, sagte Kleinknecht. Um die berufstätigen Eltern dafür ins Boot zu holen, müsse es an den Schulen auch schon vor dieser Uhrzeit ein Betreuungsangebot geben, forderte er. Das bedeute auch den Einstieg in eine verbindliche Ganztagsschule mit Lern- und Erholungsphasen am Vormittag und am Nachmittag „Wir müssen weg von einem überladenen Schulvormittag mit den 45-Minuten-Häppchen.“ Der derzeitige offene Ganztagsbetrieb mit freiwilligem Nachmittagsangebot sei ein Sparmodell, eine echte, verbindliche Ganztagsschule koste den Staat Geld und Personal.
Ein offener oder späterer Schulstart wäre gerade für ältere Schüler in der Pubertät sicher sinnvoll, sagte die Vorsitzende des Landeselternrates, Miriam Kaschel, der Zeitung. Insgesamt müsse das Bildungssystem flexibler werden, um der Individualität der Schüler gerecht zu werden.
Schulleitungsverband: Sind abhängig vom Nahverkehr
Im Flächenland Niedersachsen könnten Schulen aber nicht einfach entscheiden, den Unterrichtsbeginn nach hinten zu verlegen, sagte der Vorsitzende des Schulleitungsverbandes, René Mounajed. Ein Grund sei etwa die Abhängigkeit vom öffentlichen Nahverkehr.