Großbritannien: Keir Starmer ist neuer Premierminister – Sunak tritt nach Wahldebakel als Parteichef ab

Die Konservative Partei Großbritanniens hat eine historische Niederlage erlitten. Der bisherige Premierminister Rishi Sunak zieht die Konsequenzen. Und sein Nachfolger steht im Amt.

Der Chef der Labour-Partei, Keir Starmer, ist von König Charles II. zum neuen Premierminister Großbritanniens ernannt worden. Der Palast veröffentlichte ein Foto, das Charles und Starmer beim Händeschütteln zeigt. Starmer habe den Auftrag angenommen, hieß es weiter. Bei seinem ersten Auftritt als Regierungschef versprach Starmer eine Rückkehr zu Stabilität und Wachstum. Die Menschen hätten sich für Wandel entschieden, sagte er.

Das Land brauche einen Neustart, betonte der 61-jährige Labour-Politiker in der Downing Street. „Unsere Arbeit ist dringend und wir beginnen heute damit“, kündigte er an. Er gestand aber auch ein, dass sich dies nicht kurzfristig erreichen lasse und zeigte Verständnis für Politikverdrossenheit im Land. „Diese Wunde, dieser Mangel an Vertrauen kann nur durch Taten geheilt werden, nicht durch Worte“, sagte Starmer. Er fügte hinzu: „Meine Regierung wird solange kämpfen, bis Sie wieder glauben können.“PAID UK-Wahl: Labours Triumph 9.33

Rishi Sunak will als Torie-Chef zurücktreten

Starmers Labour-Partei gewann bei der Wahl 412 Sitze und damit deutlich mehr als die für die absolute Mehrheit im Unterhaus benötigten 326 Sitze. Die regierenden konservativen Tories kamen lediglich auf 121 Sitze und erzielten damit das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte.

Die Partei verlor ihre Mehrheit und kommt nach Auszählung fast aller Stimmen nur noch auf 120 von 650 Mandaten. Bei der vergangenen Wahl hatte sie 365 Sitze im Unterhaus errungen. Ex-Premier und Torie-Vorsitzender Rishi Sunak kündigte daraufhin Konsequenzen an: Er will Parteichef zurücktreten, sobald die formalen Regelungen für die Nachfolge geklärt seien, kündigte er am Morgen in London an. In einer Rede entschuldigte er sich bei den Wählern: „Es tut mir leid“. Er habe alles gegeben, aber das Urteil sei deutlich. „Ich habe Ihre Wut und Ihre Enttäuschung vernommen und ich übernehme die Verantwortung für diese Niederlage“, sagte er. Seinem Nachfolger Keir Starmer wünschte er Erfolg.

Sunak zieht aus der Downing Street aus

Die Konservativen regierten in Großbritannien seit 14 Jahren. Sunak hatte die Parteiführung und damit das Amt des Regierungschefs im Oktober 2022 übernommen. 

Er war Nachfolger von Premierministerin Liz Truss, die mit ihrer Politik Turbulenzen an den Finanzmärkten ausgelöst hatte und nach 49 Tagen im Amt zurücktreten musste. Zuvor hatte auch deren Parteikollege Boris Johnson nach verschiedenen Skandalen seinen Hut nehmen müssen. 

Die Unzufriedenheit über die beiden Vorgänger Sunaks war nach Angaben des Politikwissenschaftlers John Curtice von der Universität Strathclyde in Glasgow der Hauptgrund für die krachende Niederlage der Tories.FS Vor der Wahl in Großbritannien: Daran sind die Premiers gescheitert 15.17

Sunak galt als abgehoben

Sunak, der früher in der Finanzbranche arbeitete und mit der Unternehmerin Akshata Murty verheiratet ist, besitzt ein Millionenvermögen. Auch das hatte seinen Ruf verfestigt, abgehoben zu sein.

Seinen eigenen Wahlkreis gewann Sunak deutlich. Sunak sagte, er freue sich darauf, in den kommenden Wochen mehr Zeit in seinem Wahlkreis zu verbringen. Die Konservative Partei wird jetzt die Opposition im Unterhaus stellen und steht vor einem Richtungsstreit. Erwartet wird, dass ihr ein weiterer Rechtsruck bevorsteht.

Wer wird neuer Oppositionschef?

Nach den schweren Mandatsverlusten ist die Partei ausgedünnt. Mehrere potenzielle Nachfolger haben ihren Sitz verloren. Darunter Verteidigungsminister Grant Shapps und die bisherige Ministerin für Parlamentsfragen, Penny Mordaunt.

Handelsministerin Kemi Badenoch dagegen, der bisher ebenfalls gute Chancen eingeräumt werden, verteidigte ihr Mandat. Sie steht am rechten Rand innerhalb der Partei, ebenso wie die frühere Innenministerin Suella Braverman, die ebenfalls als aussichtsreiche Kandidatin für die Parteiführung gilt.Großbritannien: Erdrutsch-Sieg für Labour 8.00

Als moderatere potenzielle Kandidaten gelten der bisherige Innenminister James Cleverly und der bisherige Staatssekretär Tom Tugendhat. Auf die Frage, ob er sich bewerben wolle, antwortete Cleverly in einem Interview mit dem Sender Sky News eher ausweichend.

Die Tories stehen von rechts unter Druck von der rechtspopulistischen Partei Reform UK. Deren Chef Nigel Farage hatte mit seiner überraschenden Kandidatur Wähler am rechten Rand abspenstig gemacht. Er trieb einst maßgeblich den Brexit voran und gilt als Unterstützer des früheren US-Präsidenten Donald Trump. Auch er zog ins Parlament ein und wird eine kleine Gruppe von Abgeordneten anführen. Sein erklärtes Ziel ist es, die Konservative Partei zu übernehmen oder überflüssig zu machen.

Hinweis: Dieser Artikel wurde aktualisiert und um weitere Inforamtionen ergänzt.

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