Fußball-EM: Spektakel von Spanien lockert das Mundwerk

Spanien gilt als bisher stärkste Turniermannschaft. Leipzigs Olmo sieht den Druck vor dem Viertelfinal-Kracher bei der DFB-Elf. Spielmacher Pedri klagt über einen deutschen Abwehrspieler.

Für Spanien ist es ein Partidazo – die höchstmögliche Steigerung einer Fußballpartie. Ein Superspiel. Wenn die Furia Roja im EM-Viertelfinale am Freitag (18.00 Uhr/ARD und MagentaTV) in Stuttgart auf Deutschland trifft, dann soll dies nur eine Station auf dem Weg zum ersten Turniertitel seit 2012 sein. Die Spanier strotzen nach ihren bisher vier Siegen nur so vor Selbstvertrauen. Und spielen die eine oder andere Provokation gerne zurück. 

Dani Olmo, der Angreifer von RB Leipzig, sieht die DFB-Auswahl mehr unter Druck. „Zuhause ist ein Sieg für sie fast Pflicht.“ Immer wieder betonte Trainer Luis de la Fuente, dass man „beide Beine auf dem Boden behalte“. Doch die Spielfreude und die Dominanz, mit der seine Mannschaft bisher im Turnier auftrat, hat auch das Mundwerk seiner Profis gelockert. 

Pedri beschwert sich über „Kneifen“ von Rüdiger

Spielmacher Pedri beklagte sich vor dem Duell der beiden dreimaligen Europameister über schlechte Erfahrungen mit Abwehrspieler Antonio Rüdiger. „Er ist ein schlagkräftiger Innenverteidiger und sehr gut, aber man muss keine Angst vor ihm haben“, sagte der 21-Jährige vom FC Barcelona bei Radio Marca. „Das mit seinem Kneifen erscheint mir ein Mangel an Respekt, weil es weh tut und nervt.“

Der in Stuttgart geborene frühere Bundesliga-Stürmer Joselu kündigte schon mal an, dass die Spanier die Karriere seines ehemaligen Real-Kollegen Toni Kroos beenden werden: „Ich glaube, Freitag ist das letzte Spiel für Toni.“ Jungstar Lamine Yamal sagte: „Ich sehe keine Mannschaft besser als unsere.“ 

Kroos, Real-Dauerbrenner Luka Modric, Englands Jude Bellingham und dessen künftiger Madrider Kollege Kylian Mbappé galten zu EM-Beginn noch die größten Schlagzeilen auf den spanischen Sportportalen. Inzwischen ist das Nationalteam in der Aufmerksamkeit auch höher gerückt als das tägliche Transfergetöse von Real und vom FC Barcelona. 

Selección mit Speed-Fußball

Dem Weltmeister von 2010 wird wieder ganz Großes zugetraut mit einer Selección, die sich vom immer mehr brotlosen Tiki-Taka verabschiedet hat und mit Speed-Fußball glänzt. Die trostlosen WM-Auftritte – Vorrunden-Aus 2014, Achtelfinal-Aus 2018 und 2022 – sollen in Deutschland endgültig der Vergangenheit angehören. Der EM-Halbfinalist von 2021 imponiert mit einer Mischung aus Routiniers und Toptalenten. 

Wirbeln der erst 16 Jahre alte Yamal und sein kongenialer Flügelpartner Nico Williams (21) die DFB-Abwehr durcheinander und legen nach dem Abpfiff wieder ein Freudentänzchen hin? Stören Rodri, den sein Vereinstrainer Pep Guardiola von Manchester City als den „besten Mittelfeldspieler der Welt“ bezeichnet, und der bisher so starke Fabián Ruiz entscheidend die Kreise von Kroos und Ilkay Gündogan? Haben der Ex-Leverkusener Daniel Carvajal und Marc Cucurella – der mit der wilden Lockenmähne – als Außenverteidiger alles im Griff? 

„Spanien spielt schneller – und mit einem höheren Rhythmus als Deutschland. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir weiterkommen“, sagte der einstige Welt- und Europameister-Trainer Vicente del Bosque (73) in einem Interview der „Sport Bild“. „Nach 36 Jahren ist es Zeit, dass wir Spanien bei einem Turnier wieder besiegen“, meinte indes der deutsche Rekordnationalspieler Lothar Matthäus.

Lehmanns Aussagen sorgen für Aufregung

Solche Aussagen werden im Land des Gegners ausgiebig verbreitet. Für viel Aufregung in den spanischen Medien sorgten die Sätze von Jens Lehmann. „Sie sind eigentlich von der Qualität her vielleicht sogar einen Tick besser als wir. Aber sie sind in der Körpergröße zu klein und sie sind sehr unerfahren“, sagte der frühere Nationalkeeper im Interview mit Welt-TV. Und: „Das ist eigentlich eine Jugendmannschaft teilweise, weil sie vorn zwei Stürmer haben, die extrem jung sind.“ 

Angreifer Mikel Oyarzabal kommentierte das achselzuckend so: „Eine Meinung mehr.“ Spielmacher Pedri verwies darauf, dass kleine Spieler beim FC Barcelona ja schon einiges gewonnen haben. Zweifel dringen jedenfalls nicht nach außen im Quartier des Deutschland-Gegners in Donaueschingen. „Ich bin überzeugt davon, dass sie nicht so glücklich sind, jetzt auf uns zu treffen“, sagte Rodri nach dem Viertelfinal-Einzug. 

Für der la Fuente, der 2019 mit dem spanischen Nachwuchs um Olmo das Endspiel der U21-EM gewann, ist klar: „Wir bekommen es mit einer Fußballmacht zu tun.“ Er spricht von der „deutschen Maschine“, sagte aber auch: „Wir haben unsere Werkzeuge und unsere Stärken und sind uns unserer Sache sicher.“

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