Die Jury im Prozess gegen Donald Trump ist nicht völlig isoliert, soll aber dennoch „unvoreingenommen“ ein Urteil fällen. Dafür hat sie so viel Zeit, wie sie braucht. Der Angeklagte und die Ersatz-Geschworenen sind solange zum Nichtstun verdammt.
Geschworenen-Prozesse sind eine verworrene Angelegenheit. Die Mitglieder sollen anonym bleiben, müssen aber so viele persönliche Details preisgeben, dass es ein Leichtes ist, sie zu identifizieren. Sie sollten juristische Laien sein, müssen aber über komplexe Rechtsfragen urteilen. Sie dürfen während der Anhörungen nicht über den Fall sprechen und müssen unvoreingenommen gegenüber dem Angeklagten sein. Selbst wenn der ein früherer Präsident ist und Donald Trump heißt.
Wie unvoreingenommen sind die Geschworenen wirklich?
Drei Tage lang hat der New Yorker Richter Juan Merchan gebraucht, um aus 500 möglichen Jury-Kandidaten zwölf herauszusuchen, die genau diese Kriterien erfüllen. Doch tun sie das wirklich? Ist es überhaupt möglich, jemanden wie Donald Trump weder positiv noch negativ gegenüber eingestellt zu sein? Nach sechs Prozesswochen und dem Start der Jury-Beratung gibt es Zweifel daran.
Donald Trump Prozess in Gerichtszeichnungen 20.20
So schreibt der frühere US-Staatsanwalt Harry Litman auf X, dass unter den Geschworenen mindestens ein Trump-Sympathisant sein soll. Diese Person sei „weniger engagiert und leicht reizbar“, so der Jurist vage. Das US-Magazin „The Bulwark“ zitiert zudem einen Prozesszuschauer, der behauptet, dass es acht Personen in der Jury gäbe, „die Trump definitiv hassen“. Das von Litman erwähnte Mitglied gehöre aber nicht dazu.
Donald Trump in 34 Punkten angeklagt
Seit dem 29. Mai 2024 sitzen die zwölf Geschworenen in einem Raum hinter dem Gerichtssaal 1530 des Strafgerichts in Manhattan zusammen und beraten über die 34 Punkte, derer der Ex-US-Präsident angeklagt ist. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob Trump 2016 Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels in seinen Bilanzen verschleiert hat. Dokumentenfälschung und Wahlbetrug wirft die Anklage Donald Trump vor. Er und seine Verteidiger plädieren selbstverständlich auf unschuldig.
Die Jury hat für ihre Entscheidung alle Zeit der Welt, sie muss nur einstimmig fallen. Sollten sich die Mitglieder nicht einigen können, wird der Prozess abgebrochen und neu aufgerollt. Das aber würde Zeit kosten, vermutlich so viel, dass die Verhandlung erst nach der Präsidentschaftswahl im November neu beginnen könnte. Manche Beobachter glauben daher, dass es das Trump-Lager darauf anlegt, den Prozess auf diese Weise platzen zu lassen. Denn einen völligen Freispruch des Angeklagten halten viele für unwahrscheinlich.
Vor ihrem ersten Beratungstag wurde die Jury von Richter Merchan über alle relevanten Rechtsnormen informiert. Außerdem gab es einen Crashkurs über die entscheidenden Beweise, anhand derer Schuld oder Unschuld des Anklagten beurteilt werden können. Dazu haben die Geschworenen die Möglichkeit, sich die Prozessaussagen noch einmal anzuhören. Während der Beratungen darf die Jury auch Fragen an Richter, Ankläger und Verteidiger stellen. Die wiederum setzen sich daraufhin zusammen und diskutieren über eine Antwort.
Jury hört sich erneut Zeugenaussagen an
Am ersten Tag hinter verschlossenen Türen hat die Jury davon Gebrauch gemacht und sich die Aussagen von Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen zukommen lassen, dem Hauptbelastungszeugen, und auch die von David Pecker, dem früheren Verleger der Boulevardzeitung „National Enquirer“. Ein Gerichtsassistenz hat ihnen daraufhin die Niederschriften vorgelesen. Pecker hatte ausgesagt, Geschichten, die Trumps Kandidatur schaden könnten, „vom Markt gekauft“ zu haben, damit niemand sie veröffentlichte.
Wie geht es weiter im Donald-Trump-Prozess und wie geht er aus? 18.00
Der Arbeitstag von Geschworenen ist klar geregelt: Beginn ist morgens um 9.30 Uhr, Feierabend um 16.30 Uhr – und mittags gibt es eine Stunde Pause. Da die Jury nicht isoliert ist, gehen die Mitglieder abends nach Hause. Wie übrigens auch der Angeklagte. Denn Donald Trump muss sich für die gesamte Dauer der Geschworenen-Beratung im Gerichtsgebäude aufhalten.
Ersatz-Geschworene, die undankbare Rolle
Außer den Protagonisten des Prozesses gibt es noch ein paar (fast vergessene) Nebendarsteller, denen die undankbare Rolle des Däumchendrehens zukommt: die Ersatz-Geschworenen. Für diese sechs Mitglieder gelten die gleichen Anforderungen wie für die Hauptjury, auch sie haben den Prozess mitverfolgt, sind aber solange zum Nichtstun verdammt, bis ein Geschworener ausfallen sollte. Wegen Krankheit zum Beispiel. An den Jury-Beratungen an sich – und damit an der Urteilsfindung – nehmen sie nicht teil.
Quellen: DPA, Reuters, AP-News, Harry Littman auf X, The Bulwark