Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch die am Dienstag begonnene Verhandlung über das neue Wahlrecht fortgesetzt. Union und Linke wehren sich in Karlsruhe gegen die im vergangenen Jahr beschlossene Neuregelung. Ihnen geht es vor allem um den Wegfall der Überhang- und Ausgleichsmandate sowie um die Streichung der sogenannten Grundmandatsklausel. (Az. 2 BvF 1/23 u.a.)
Dank dieser Klausel zogen Parteien bislang auch dann mit der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag ein, wenn sie an der Fünfprozenthürde scheiterten, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Das kam 2021 der Linken zugute. In Zukunft sollen Bundestagssitze komplett anhand der Mehrheitsverhältnisse bei den Zweitstimmen vergeben werden – das könnte vor allem der CSU schaden, die vor allem viele Wahlkreise direkt gewinnt.
Neben der bayerischen Landesregierung sowie der CSU, 195 Mitgliedern der Unionsfraktion im Bundestag, der Linkspartei und ihrer früheren Fraktion wandten sich Linken-Abgeordnete und mehr als 4000 Privatpersonen, gebündelt vom Verein Mehr Demokratie, an das Gericht.
Am Dienstag trugen sie ihre Anliegen vor, wobei es durchaus heftig zuging. So warfen sowohl der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, als auch der Linken-Politiker Gregor Gysi den Abgeordneten der Regierungsfraktionen vor, mit der Reform im eigenen Interesse zu handeln.
Außerdem wurden Politikwissenschaftler als Sachverständige gehört. Sie sprachen über die Bedeutung von Erst- und Zweitstimme und erläuterten, dass viele Wählerinnen und Wähler den Unterschied gar nicht kennen oder aber auch bei der Erststimme vorwiegend nach Partei entscheiden und nicht nach der Persönlichkeit des Kandidaten.
Der erste Verhandlungstag ging am Dienstagabend zu Ende. Am Mittwoch soll in Karlsruhe unter anderem über die Chancengleichheit der Parteien debattiert werden – diese sehen Union und Linke durch das neue Wahlrecht verletzt. Ein Urteil soll am Mittwoch noch nicht fallen. Vertreter der Fraktionen erwarteten es aber noch für dieses Jahr.