Der eine liebt den Sommer, der andere den Herbst: wir alle haben unterschiedliche Vorlieben und Bedürfnisse. Und genauso unterschiedlich zeigen wir unseren Mitmenschen auch unsere Zuneigung. Ein Blick in die Linguistik der Liebe.
„Man kann nicht nicht kommunizieren“, hat der österreichische Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick mal gesagt. Wie viel Wahrheit in diesen Worten steckt, das merken wir spätestens, wenn es in zwischenmenschlichen Beziehungen mal wieder zu Missverständnissen kommt. Wir fühlen uns zurückgewiesen von der Freundin, die unseren Geburtstag vergessen hat, ungeliebt von dem Vater, der wegen der Arbeit zu wenig Zeit für uns hat oder zweifeln an unserer Partnerschaft, weil wir zu wenige Komplimente bekommen.
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Aus der Art und Weise, wie sich andere Menschen uns gegenüber verhalten, ziehen wir allerhand Rückschlüsse. Allerdings dürfen wir vor allem im Miteinander mit anderen Menschen nicht vergessen, dass wir die Welt durch unsere individuellen Filter betrachten. Und besonders, wenn es um Zuneigung geht, sprechen wir nicht immer die gleiche Sprache wie unser Gegenüber. Während der eine vielleicht besonders oft hören muss, wie viel er jemandem bedeutet, drückt der andere seine Wertschätzung eher durch Geschenke oder Berührungen aus.
Die fünf Sprachen der Liebe von Gary Chapman
Der amerikanische Psychologe und Beziehungsexperte Gary Chapman hat bereits in den 90er Jahren unsere Kommunikationsstile in zwischenmenschlichen Verbindungen unter die Lupe genommen. Herausgekommen sind die fünf Sprachen der Liebe. Jeder Mensch beherrscht demzufolge mindestens eine, die meisten von uns leben jedoch zwei bis drei von ihnen im Kontakt zu ihren Liebsten aus:
Anerkennung
„Ich bin stolz auf dich“ oder „Schön, dass es dich gibt“ – solche und ähnliche Sätze wirken bei Menschen, die diese “Love Language“ sprechen, wie Balsam für die Seele. Sie brauchen Komplimente, Lob und Anerkennung, um sich von ihrem Umfeld geschätzt und geliebt zu fühlen – und geben das Gleiche auch gerne ausgiebig zurück.Geschenke
Kleine Aufmerksamkeiten und Mitbringsel gehören hier zum Alltag. Wie teuer die Geschenke sind, spielt dabei keine Rolle. Es geht vielmehr darum, dem anderen mit kleinen Geschenken zu zeigen, dass man an ihn denkt und ihm eine Freude zu bereiten. Wer gerne schenkt, der freut sich in der Regel auch selbst darüber, wenn man ihm etwas aus dem Urlaub mitbringt oder einfach mal die Lieblingsnascherei im Gepäck hat.Hilfsbereitschaft
Bei den „Caring-Lovern“ steht unaufgeforderte Hilfe an oberster Stelle. Sie erkennen, wann Hilfe benötigt wird und unterstützen ihr Umfeld mit allem, was sie zu geben haben. Konfliktpotenzial besteht allerdings dann, wenn ihre Mitmenschen nicht ganz so aufmerksam sind und sich nicht auch mal mit Hilfe revanchieren. Dann kann es passieren, dass Zweifel an der Verbindung auftreten.Zweisamkeit
Gemeinsame Zeit als oberste Priorität – das ist die Prämisse dieser Liebessprache. Wer sie spricht, dem ist vor allem die zusammen verbrachte Zeit wichtig. Was man in dieser Zeit erlebt, ist zweitrangig. Aber: Die Aufmerksamkeit während der gemeinsamen Zeit soll voll und ganz auf der zwischenmenschlichen Begegnung liegen. Zwischendurch am Smartphone daddeln kommt also weniger gut an, intensive Gespräche mit viel Augenkontakt umso mehr.Zärtlichkeit
Menschen mit dieser „Love Language“ brauchen vor allem körperliche Zuneigung. Sie ziehen in Liebesbeziehungen enorm viel aus Streicheleinheiten, Küssen, Sex und ausgiebigen Kuscheleinheiten. Aber auch in Freundschaften und im Familienkontext umarmen sie ihre Liebsten gerne und genießen die körperliche Nähe zu ihren Mitmenschen. Wer ihnen Zuneigung zeigen möchte, der kann das am besten mit einer festen Umarmung tun.
Warum wir unsere „Muttersprache der Liebe“ kennen sollten
Die Sprache der Liebe ist also unsere Art und Weise, anderen Menschen unsere Zuneigung und Wertschätzung zu zeigen. Und auch, wenn unsere „Muttersprache der Liebe“ uns schon seit Kindheit an begleitet, ist es möglich, die anderen Sprachen zumindest teilweise zu lernen. Denn: Wenn unsere Mitmenschen eine andere „Love Language“ sprechen, dann kann es schnell zu Missverständnissen im zwischenmenschlichen Beziehungsgeflecht kommen.
Um auf unser Gegenüber eingehen zu können, ist es also enorm wichtig, seine Sprache(n) der Liebe zu kennen. Mindestens genauso wichtig ist es auch, unsere eigenen zu kennen, um unsere Bedürfnisse klar mitteilen zu können. Am Ende des Tages hat jeder von uns einen individuellen Mix an Liebessprachen, die es herauszufinden gilt, um einander wirklich näherkommen zu können. Das trifft auf Freundschaften, Familienmitglieder und Partner gleichermaßen zu.
Die Regeln der Gewaltfreien Kommunikation
Eine Möglichkeit für einen offenen und wertschätzenden Dialog, um die eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren, bietet zum Beispiel das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation. Der US-Psychologe Marshall B. Rosenberg hat damit vier elementare Regeln für eine wertfreie und konstruktive Kommunikation aufgestellt.
Demnach gilt es, zuerst die eigene Wahrnehmung mitzuteilen, ohne Wertung und Interpretation. Im nächsten Schritt sollen dann die Gefühle kommuniziert werden, die die Situation bei einem selbst ausgelöst hat. Darauf folgt dann das Bedürfnis, das aus dem Gefühl entsteht oder diesem zugrunde liegt. Als letztes kann man eine klare Bitte an den Gesprächspartner formulieren.
Ein solches Gespräch eröffnet beiden Parteien die Möglichkeit, sich vorwurfsfrei mitzuteilen – und auf die Bedürfnisse des anderen einzugehen. Das ist es am Ende, worauf es für eine gesunde zwischenmenschliche Bindung ankommt. So kann es auch gelingen, wenn beide Parteien unterschiedliche Sprachen der Liebe sprechen.