Gelsenkirchen verbannt E-Scooter aus der Stadt – zu gefährlich, zu wenig nützlich. Richtig so, findet unsere Autorin.
Ausgerechnet Gelsenkirchen, eine schlichte Stadt im Ruhrgebiet, macht es vor. Nach der Weltstadt Paris. Schmeißt Leih-E-Scooter aus der Stadt. Endlich. Andere mögen folgen. Bitte, bitte! Paris hat die E-Scooter als erste europäische Stadt im September des vergangenen Jahres verbannt. Die Stadt hatte ihre Bürger und Bürgerinnen gefragt. 90 Prozent sagten: non, merci – sie hatten die Nase voll von E-Scootern. Also flogen sie raus. Gelsenkirchen und Paris. Schalke und Chanel. Bergbau und Mode. Kann eine Front breiter sein?
Fast 9000 Verletze und elf Tote im Jahr 2022
E-Scooter braucht kein Mensch. Sie kamen 2019 wie eine Invasion über die Städte. Der gescheiterte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CDU/CSU) genehmigte E-Roller, um die Verkehrswende voranzubringen. Anfänglich wollte er sogar das Fahren auf Gehwegen erlauben. „Mikromobilität“ nannte er das. Scheuer lag falsch. Die E-Scooter brachten die Verkehrswende nicht voran. Sie brachten gar nichts. Außer Verletzte und sogar Tote. Wer sich auf ihnen fortbewegt, kann das Wort Rücksicht oft nicht buchstabieren. Meistens sind es junge Männer, die auf E-Scootern unterwegs sind. Häufig sind sie betrunken. Die meisten Unfälle geschehen nachts.
2022 wurden laut Statistischen Bundesamt 8900 Menschen durch E-Scooter verletzt, 1200 davon schwer. Elf Menschen starben. Das waren fast 50 Prozent mehr Unfälle als noch im Jahr davor. Die häufigste Unfallursache ist Alkohol. Oder, dass Scooter auf der falschen Fahrbahn unterwegs sind. Unfälle sind auch für die Gelsenkirchener der Grund, E-Roller zu verbannen. Sie sind nicht praktisch, sondern mitunter tödlich. „Die E-Roller werden leider hauptsächlich missbräuchlich genutzt, auch in Fußgängerzonen, auf Gehwegen, und es hat viele schwere Unfälle gegeben“, sagte Stadt-Sprecher Martin Schulmann der „Tagesschau“. Die Nutzer seien aber bislang nicht zu ermitteln. Ein zweijähriges Mädchen, das umgefahren worden war, habe schwere Kopfverletzungen erlitten – die E-Scooter-Fahrerin habe sich davon gemacht. Ein E-Biker habe sich tödlich verletzt, als er in der Dunkelheit gegen einen E-Scooter gefahren sei, der mitten auf dem Weg gelegen habe.
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Die meisten Fahrer sind männlich, jung und betrunken
Ich hasse E-Scooter. Nicht nur, weil ich gar nicht mehr zählen kann, wie oft sie mich fast umgefahren hätten. Der Gang durch die Stadt wird zum Spießrutenlauf, weil die Dinger überall rumliegen und stehen. Immer muss man auf der Hut sein, bereit zum rettenden Sprung, wenn so ein Ding um die Ecke saust. Sie rasen durch die Stadt, als gehöre sie ihnen. Liegen und stehen auf Gehwegen. Kein Mensch braucht diese Roller. Kein sachliches Argument spricht für sie: E-Roller bringen die Verkehrswende nicht voran. Mancher Kleinwagen ist umweltfreundlicher, weil bei der Herstellung von E-Rollern viel Emissionen ausgestoßen werden und sie nicht besonders haltbar sind. Sie rollen bestenfalls zwei Jahre. Dann sind sie Schrott, im wahrsten Sinne des Wortes. „Elektrische Tretroller, wie sie aktuell vor allem in Innenstädten zum Verleih angeboten werden, sind zurzeit kein Umweltgewinn: Erste Studien zeigen, dass sie oft den umweltfreundlicheren Fuß- und Radverkehr ersetzen. Zudem ist die Lebensdauer der Leih-Roller offenbar eher gering“, gibt selbst das Bundesumweltamt zu.
E-Scooter haben eher Nachteile für die Umwelt
Nur wenn Leute auf den E-Scooter steigen würden, anstatt sich ins Auto zu setzen, würden sie die Verkehrswende voranbringen. Tun die Leute aber nicht. E-Roller halten die Menschen sogar davon ab, aufs Rad zu steigen oder zu Fuß zu gehen. „Als Leihfahrzeug in Innenstädten, wo ÖPNV-Netze gut ausgebaut sind und kurze Wege zu Fuß und mit Fahrrad zurückgelegt werden, bringen die Roller eher Nachteile für die Umwelt mit sich. Sie laufen Gefahr, als zusätzliche Mobilitätsform bestehende Infrastruktur für das Zufußgehen und Fahrradfahren unattraktiver zu machen“, schreibt das Umweltbundesamt weiter. Also: Weg mit den Dingern, raus aus allen deutschen Städten, und zwar schnell. Vergessen wir sie, wie den Mann, der sie genehmigt hat: Andreas Scheuer. Er wird in die Geschichtsbücher eingehen als jener Minister, der den Steuerzahlern mit seinem Maut-Desaster eine fette, unnötige Rechnung von 243 Millionen eingebrockt hat. Und die E-Scooter.