Ihr Cannabis riecht nach Karamell oder knirscht zwischen den Zähnen? Dann lieber Finger weg. Zwei einfache Tests helfen, die gängigsten Verunreinigungen auszuschließen.
Gras zu rauchen, ist legal. Cannabis zu kaufen, noch nicht. Auch weil ein Tütchen vom Schwarzmarkt krank machen kann – oder tödlich sein. Ab Juli soll die Qualität in sogenannten Anbauvereinigungen kontrolliert und sichergestellt werden. Wer anders an Cannabis gerät, sollte Acht geben. Zwei einfache Tests helfen, die gängigsten Verunreinigungen auszuschließen.
Es gibt drei Gründe, aus denen Gras gestreckt wird: Es soll schwerer sein, heller – oder stärker. Aus vier Gramm werden fünf – und der Preis steigt. „Der gefährlichste in Deutschland berichtete Fall sind zugegebene Bleisalze“, sagt der Toxikologe und Drogen-Experte Fabian Steinmetz. In Leipzig wurden so 2007 mehrere Hundert Menschen vergiftet. Sie bekamen Bauschmerzen und der Blutdruck fiel gefährlich weit ab. Solche neurotoxischen Beigaben seien allerdings selten.
Häufiger sind die ungewollten Zutaten im Supermarkt zu finden. Knirscht es zwischen den Zähnen, wurde das Gras möglicherweise mit Vogelsand gestreckt. Der soll dafür sorgen, dass das Tütchen beim Verkauf schwerer wird – und damit teurer. Ein wenig Sand kann auch bei der Ernte versehentlich zwischen die Blüten geraten. Setzt er sich am Tütenboden ab, stimmt allerdings etwas nicht. Kleben die Blüten zusammen, wurden sie vielleicht mit Haarspray besprüht.
Schritt eins: Abklopfen
Ähnlich einfach zu erkennen ist Talkum, sagt Steinmetz. Das weiße Puder soll das Material schwerer, aber auch heller machen. „Helle Cannabissorten wie White Widow und Northern Lights gelten als qualitativ besonders hochwertig. Diese Sorten haben besonders viele Trichome, also Pflanzenhaare, enthalten also besonders viele Geruchs- und Wirkstoffe, auch den Hauptwirkstoff THC.“
Legalisierung Cannabis-Amnestie Oberstaatsanwalt Lars Mahnke 18.10
Sand und Talkum sind nicht toxisch, belasten aber die Lunge. Sie können zu Entzündungen der Atemwege führen, bis hin zur Bergarbeiter-Krankheit Silikose, der sogenannten Staublunge, warnt die Wiener Drogenberatungsstelle CheckIt. Wirklich gefährlich ist es, mit Glas gestrecktes Gras in die Lunge zu bekommen. Das passiere aber eher selten.
Zum Test können Konsumierende die Cannabisblüte auf einem Blatt Papier leicht abklopfen. Bei Verdacht auf Blei- oder Kohlenstaub auf weißem, für Talkum oder Vogelsand auf dunklem Papier. Ein Mikroskop oder eine Lupe können helfen.
Schritt zwei: Machen Sie den Feuertest
Je weißer und kristalliner die Blüten aussehen, desto mehr bezahlen die Kundinnen. Um teures Gras zu imitieren, greifen Verkäufer deshalb ins Backregal. „Puderzucker oder aufgesprühte Zuckerlösung erkennt man ebenfalls am besten unter dem Mikroskop, da zeigen sich eckige Kristalle, statt organisch gewachsenen, runden Formen“, sagt Toxikologe Steinmetz. Wer kein Mikroskop zur Hand hat: Auch ein leichtes Glitzern kann ein Indiz sein. Und spätestens beim Anzünden kann das Cannabis nach Karamell riechen.
Hier hilft Schritt zwei, die Brennprobe. Zünden Sie die Cannabisblüte kurz an. Geht sie nicht mehr aus oder brennt lichterloh? Dann ist das Cannabis verunreinigt. „Eine große Flamme ist ein Hinweis auf eine leicht verfügbare Kohlenwasserstoffquelle, also beispielsweise Polymere aus Haarspray“ Die meisten dieser Stoffe fügen Verkäufer aus ähnlichen Gründen hinzu: „Die kleinen Pigmente führen dazu, dass das Gras heller und kristalliner aussieht – und mehr wiegt“, sagt Steinmetz.
Beratungsstellen und Polizei warnen immer wieder vor dem Streckstoff „Brix“, einer in den USA und Australien gängigen Mischung aus Zucker, Hormonen und flüssigem Kunststoff. Die Marihuanablüten werden vor dem Trocknen damit besprüht. Bildet sich nach dem Verbrennen dunkle, harte oder ölige Asche, sei das ein Indiz. In Deutschland tauche „Brix“ allerdings selten in den typischen Untersuchungen auf, sagt der Experte.
Die größte Gefahr: chemische Zusätze
Die größte Gefahr lauert nicht in der Haushaltswarenabteilung. Sie ist weder am Geruch noch am Geschmack erkennbar – und potenziell tödlich: Synthetische Cannabinoide, in Lösungsmittel aufgelöst, sind in Deutschland und den Nachbarländern immer häufiger im Umlauf.
Die Stoffe werden auf Cannabis oder andere Kräutermischungen aufgetragen – und verstärken die Wirkung um ein Vielfaches. Ungleich stärker sind auch die Nebenwirkungen: von Herzrhythmusstörungen bis zum Koma. Während keine Todesfälle durch reinen Cannabis-Konsum bekannt sind, gab es in Deutschland seit 2019 bereits Dutzende Todesfälle durch synthetische Cannabis-Zusätze oder mit diesen versetztes Gras.
Die gefährlichen Beimischungen auszumachen, ist schwer. Ein geschultes Auge erkennt möglicherweise Spuren von Lösungsmitteln. Ein weiteres Indiz sei ein ungewöhnlich schneller und starker Wirkungseintritt, sagt Toxikologe Steinmetz: „Wenn man nach dem Konsum schlagartig einen starken Effekt merkt und nicht erst nach drei bis zehn Minuten.“ Auch Schnelltests für den THC-Gehalt können helfen. Ist das Ergebnis niedrig, aber die Wirkung stark, könnte es mit chemischen Zusätzen verstärkt worden sein. Sicherheit bringt nur ein Labortest, beispielsweise in Drug-Checking-Einrichtungen.
Nicht besonders Bio: Schimmel im Cannabis
Auch unabsichtlich kann Cannabis Schadstoffe abbekommen. Die Blüten werden typischerweise nicht vollständig getrocknet, sondern für besseren Geschmack fermentiert. „Dabei können sich Bakterien und Pilze bilden – und die sind grundsätzlich ein Gesundheitsrisiko“, sagt Steinmetz. Insbesondere, wer vorerkrankt ist oder ein supprimiertes Immunsystem hat, sollte hier aufpassen. Schimmeliges Cannabis gehört vernichtet. Auch, wenn es nach dem vollständigen Trocknen so aussieht, als sei der Schimmel verschwunden: Die Toxine können erhalten bleiben.
Ein Problem sei auch der Hanf-Anbau, sagt Steinmetz. Hanfpflanzen sind sehr gut darin, Schwermetalle aus dem Boden einzulagern. Dazu kommen möglicherweise Pestizide, die für größere Erträge sorgen sollen. Auch vor Wachstumshormonen warnt Steinmetz. „Das ist dann definitiv kein biologisch-dynamischer Anbau“, sagt Steinmetz.
Ist das Gras nicht sauber, empfiehlt der Experte die Entsorgung. „Auf keinen Fall in den WG-Papierkorb oder die Blüten im Ganzen in den gemeinsamen Biomüll werfen, wo es die Kinder der Nachbarn finden könnten.“ Besser sei die Entsorgung kleingehäckselt im Biomüll – oder direkt im Kamin.
Quellen:Ärzteblatt, Drugchecking Wien, Deutscher Bundestag