Edin Terzic steht beim BVB immer wieder in der Kritik. Viele trauen ihm den ganz großen Erfolg nicht zu. Nach dem Sieg gegen Atlético Madrid und dem Erreichen des Champions-League-Halbfinales dürfte sich das ändern.
Als Edin Terzic sich nach dem rauschhaften Abend im Signal-Iduna- Park auf das Podium im Presseraum setzte, wirkte der Trainer von Borussia Dortmund schon wieder ganz ruhig. Dennoch sah man ihm an, dass ihn das große Spiel seiner Mannschaft im ausverkauften Signal-Iduna-Park kräftig durchgeschüttelt hatte, als hätte er eine wilde Achterbahnfahrt mit diversen Loopings und rasanten Kurven überstanden. Jetzt wieder mit festen Boden unter den Füßen, fasste sich Terzic schnell und strahlte die zurückgenommene Beseeltheit eines Menschen aus, dem etwas Großes gelungen war.
Er sei „extrem glücklich, extrem zufrieden und sehr, sehr stolz auf die Mannschaft und den Verein“ sagte Terzic gleich zu Beginn. Der Gegner, den man in zwei Spielen mit 5:4 aus dem Wettbewerb geworfen hatte, sei immerhin Atlético Madrid, „das ist eine große Sache für uns als Verein“. Später vergaß der Trainer nicht darauf hinzuweisen, dass Borussia Dortmund erst das vierte Mal den Einzug in ein Champions-League-Halbfinale geschafft hat. „Das zeigt schon, wie besonders das ist.“ Damit machte Terzic natürlich auch Werbung in eigener Sache – aus guten Gründen.
Edin Terzic macht Werbung in eigener Sache
Seine Mannschaft hatte in einem beeindruckenden Spiel den Gegner mit 4:2 nach Hause geschickt und die 1:2-Hinspiel-Niederlage wett gemacht. „Magisch“ fand Sturmspitze Niclas Füllkrug diesen Europapokalabend, Spielmacher Julian Brandt sprach von einem „geilen Spiel“ und BVB-Boss Hans-Joachim Watzke staatsragend ergriffen von einem „großen Tag für alle Borussen“.Bernd Hölzenbeins Schwalbe peinigt die Holländer bis heute 13.17
Es war nicht unbedingt damit zu rechnen, dass diese BVB-Mannschaft jetzt zum Kreis der vier besten Teams in Europa zählt. In der Liga zeigte sich Dortmund bisher als launische Diva, der es oft schwerfällt, ihr gewaltiges Potenzial abzurufen. In der Bundesliga steht Terzic‘ Mannschaft auf dem fünften Tabellenplatz. Für einen Verein, der sich als Nummer zwei in Deutschland begreift, ist das zu wenig.
Die unruhige Saison mit wackeligen bis guten Leistungen in der Königsklasse und notorischen Schwächephasen in der Liga haben dem Coach viel Kritik eingebracht. Besonders zum Ende der Hinrunde meldeten sich die Zweifler zu Wort, die den 41-Jährigen schon immer für eine Fehlbesetzung gehalten haben: Ganz talentiert und Borusse durch und durch, aber keiner, der wie einst Jürgen Klopp den BVB wieder in die europäische Spitze führen kann. In der BVB-Führung sah man das offiziell anders. Watzke („Wir gehen die nächsten Jahre den Weg mit Edin Terzic. Punkt, aus“) und Sportdirektor Sebastian Kehl stärkten dem Coach demonstrativ den Rücken. Um ihn zu unterstützen, stellten sie ihm die Ex-Profis Nuri Sahin und Sven Bender an die Seite. Seitdem läuft es bedingt besser, die schwankenden Leistungen in der Liga blieben und die Nörgler sowieso.
Der Trainer betont dezent die außergewöhnlichen Erfolg
In dieser ewigen Diskussion ist Terzic mit dem Erreichen des Champions-League-Halbfinales ein Befreiungsschlag gelungen. Gleichzeitig war das Spiel gegen Atlético wie ein Spiegelbild der zurückliegenden Saison. Der BVB zeigte eine erstklassige Leistung in der ersten Hälfte. Das Pressing funktionierte, mit schnellen Kontern und halblangen Bällen aus dem Mittelfeld knackte die Dortmunder Offensive das spanische Abwehrbollwerk. Lohn war die 2:0-Führung durch Tore von Julian Brandt und Ian Maatsen. Nur in den 20 Minuten nach der Pause, als Dortmund sich zurücklehnte, kam Atlético zum Ausgleich. Doch es gehört zu den wundersamen Wendungen des Spiels, das sich Dortmund aus der Mini-Krise herausspielte. Es passte, dass ausgerechnet Füllkrug, der neun Partien lang nicht getroffen hatte, per Kopfball die erneute Führung erzielte und der beste Spieler des Abends, Marcel Sabitzer, schließlich das 4:2 besorgte.
Terzic unterstrich auf der Pressekonferenz dezent den eigenen Anteil am „magischen“ Erfolg, wohlwissend, dass der Blick auf ihn immer sehr kritisch ist. „Ich finde, dass wir es richtig gut gemacht haben“ und dass „man es jetzt nicht kleiner machen“ sollte, als es ist. Immerhin „haben wir es geschafft, gegen Atlético in zwei Spielen fünf Tore zu erzielen. Das ist, glaube ich, etwas, was nicht vielen Mannschaften gelingt.“ Das musste mal gesagt werden. Im Hinspiel hatte Terzic den Zweiflern mit der Aufstellung einmal mehr Munition geliefert, weil er sich verzockt hatte. Statt den kreativen Brandt zu bringen, hatte er sich für Abräumer Felix Nmecha im Mittelfeld entschieden. Später korrigierte er die Fehleinschätzung. Mit Brandt wurde der BVB zum Ende in Madrid besser und erzielte durch Sébastien Haller den 1:2-Anschluss – ein wichtiges Tor, um überhaupt noch eine Chance zu haben. Später räumte Terzic seinen Fehler öffentlich ein.
Für den Moment dürften die Kritiker verstummen. Nach diesem „besonderen“ Abend in Dortmund betonte Terzic, dass sein Team mittlerweile stabiler sei „als im September oder November.“ Auch das war eine Nachricht an die Zweifler. Im vergangenen Herbst hatte sich der BVB in der Champions-League-Gruppenphase gegen Paris Saint-Germain schwergetan. In Paris setzte es eine klare Niederlage und im Rückspiel quälte man sich zu einem Unentschieden. Jetzt treffen die Dortmunder im Halbfinale erneut auf PSG. Diesmal in einem K.o.-Spiel unter anderen Voraussetzungen. Für Terzic ist es die nächste Gelegenheit zu beweisen, dass er eigentlich ein ganz guter Trainer ist.
Quellen: Amazon Prime, „Bild, „Der Westen„