Aufrüstung: Die Litauen-Brigade – was die deutsche Truppe im Ernstfall bewirken kann

Die Bundeswehr stellt eine Brigade in Litauen auf. Schon rufen viele, gegen Putin reiche das aber nicht. Ist die neu aufgestellte Panzerbrigade 45 also vor allem eine politische Geste – oder verstärkt sie die Abwehrkraft der Nato im Baltikum substanziell?

Putins Russland bedroht die Ostflanke der Nato im Baltikum. Daher stationiert die Bundeswehr nun dauerhaft eine Brigade in Litauen.

Verständlich, bedenkt man, dass das Heer Litauens nur aus 12.500 aktiven Soldaten besteht. Zieht man davon nochmal die Verwaltung ab, bleibt eine Stärke von in etwa zwei Brigaden – eine Panzerbrigade, in diesem Fall aus Deutschland, macht nominell also sehr wohl einen Unterschied. Zu den aktiven Soldaten kommt in Litauen etwa die gleiche Menge an Reservisten hinzu. Im Falle eines Konflikts mit Russland werden weitere Freiwillige zur Verteidigung eilen. Die aktiven Soldaten und insbesondere die deutsche Panzerbrigade mit ihrem schweren Gerät, darunter 44 Leopard 2 Panzer, sollen das Rückgrat der Verteidigung bilden. Insgesamt dürften es etwa 4000 Mann sein.

Die Länge der Grenze zu Russland erscheint mit über 200 Kilometern auf den ersten Blick viel zu lang, um von so wenigen Soldaten verteidigt werden zu können. Doch die Grenze verläuft meistens entlang von Flüssen und Seen. Das hilft der Verteidigung, zeigt aber auch, dass im Falle eines Konfliktes die Nato-Kräfte in dem Gebiet bei weitem nicht stark genug sind, um selbst offensiv zu werden. Sie müssten abwarten, ob Putin sie angreifen wird.

Leopard 1 21.00

Brigade kann nur reaktiv handeln 

Ein Problem für die Bundeswehr bleibt, dass der Verteidiger nicht Ort und Art des Kampfes bestimmt. Die beiden Standorte der Brigade liegen bei den Großstädten Vilnius und Kaunas. Die mobile Einheit wird im Konfliktfall vor allem verhindern sollen, dass der sogenannte Suwalki Gap von Russland eingenommen wird. Der 65 Kilometer lange Korridor verbindet das Baltikum mit Polen und trennt das Gebiet von Belarus von der russischen Enklave Kaliningrad. Kommt es hier zum Kampf, müsste man sich auf ein hochintensives Gefecht einstellen. Umgekehrt ist es möglich, dass sich die Taktiken aus dem Ukraine-Krieg im Baltikum wiederholen. Dann stünde ein zäher Krieg um Positionen in einem von Wald bedeckten, von Flüssen durchzogenen, teils sumpfigen Gelände bevor. Mit der dauerhaften Stationierung einer Brigade können sich die Soldaten zwar besser an die Besonderheiten des Waldkampfes anpassen. Die klassische Nato-Doktrin sieht Gefechte wie in der Ukraine aber nicht vor und schon gar nicht den Einsatz von gepanzerten Verbänden in einem sumpfigen Waldgebiet.

Lynz 120 16.17

Alles anders als gewohnt

Der Wert der deutschen Panzerbrigade bemisst sich folglich daran, ob es der Bundeswehr gelingt, dauerhaft einen einsatzfähigen Großverband zu unterhalten. Also eine Einheit, bei der alles anders sein muss, als es bei der Bundeswehr sonst üblich ist. Es darf nicht geschehen, dass nur die Hälfte des Materials funktioniert und nur Munition für drei Tage vorhanden ist.

Dazu müsste sich die Bundeswehr rasch auf die neuen Gegebenheiten auf dem Schlachtfeld einstellen. Große Mengen an Beobachtungs- und FPV-Drohnen wären da mitgemeint, auch die dazugehörenden Drohnenpiloten. Gleichzeitig gilt es, die Luftverteidigung massiv zu verbessern. Früher wollte man die Panzertruppe als eiserne Faust konzentriert einsetzen, da musste nur eine überschaubare Fläche vor Angriffen aus der Luft verteidigt werden. In der Ukraine aber werden gepanzerte Kräfte weiträumig verteilt, entsprechend größer ist der Schutzraum.

Schon in den finalen Jahren des Zweiten Weltkriegs haben Panzer nicht die Schlachten entschieden. Auch die Panzerbrigade 45 wird nur erfolgreich kämpfen können, wenn die Nato in dem Gebiet nicht die Luftherrschaft verliert. Sollte es zum Krieg im Baltikum kommen, wird dieser sicher nicht vom Leopard 2 entschieden. Marschflugkörper, Raketen, Gleitbomben und Kampfjets werden die Bedingungen schaffen, unter denen die Kräfte am Boden siegen oder untergehen.

FS Haubitze 2000

Brigade vielleicht am falschen  Ort 

Die Stationierung in Litauen sichert die Lücke und das Baltikum. Sie hat aber nicht nur Vorteile. Sollte der angenommene Konflikt zwischen Russland und der Nato wider Erwarten nicht an der Suwalki-Lücke stattfinden, sitzt die Brigade am falschen Ort fest. Während eines intensiven Konflikts mit Russland wird es nicht möglich sein, die Brigade aus Litauen zu lösen und andernorts einzusetzen.

Die Bundesregierung hat die laufenden Kosten der Stationierung noch nicht beziffert. Experten gehen von knapp 400 Millionen Euro im Jahr aus. Volkswirtschaftlich ist diese Brigade besonders kostspielig. Ein guter Teil der laufenden Kosten einer Militäreinheit fließt in die regionale Wirtschaft – in diesem Fall nicht in eine deutsche Region. Das Geld kommt der Volkswirtschaft Litauens zugute.

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