Oberster Steuerwächter: Reiner Holznagel zur Subventionspolitik: „Versprechen der Manager taugen oft nichts!“

Thyssenkrupp kassiert zwei Milliarden Euro Subventionen – und plant danach einen massiven Stellenabbau auch in Deutschland. Darf der Staat mit Steuergeld so riskant spielen? Drei Fragen an den Präsidenten des  Bundes der Steuerzahler.

Herr Holznagel, Bund und NRW stecken zwei Milliarden Euro Subventionen in Thyssenkrupp – und nun kündigt der Stahlkonzern einen massiven Stellenabbau an. Geht die Politik zu leichtfertig mit dem Geld seiner Bürger um?

Holznagel: Dieses Beispiel zeigt die unterschiedlichen Erwartungen auf. Thyssenkrupp benötigt Geld, um wirtschaftlich fit zu bleiben und das Unternehmen zu transformieren. Wie das gelingt, ist Angelegenheit des Managements, des Aufsichtsrats und der Eigentümer. Der Staat wiederum stellt Steuergeld zu Verfügung und erwartet, dass keine Stellen abgebaut werden, die Produktion in Deutschland bleibt und der gesamte Konzern klimaneutral wird. Oft schließen sich viele Erwartungen beider Seiten aus – und deshalb steht der Staat immer wieder in der Kritik. Bei einigen Transformationsprozessen, gerade in der Stahlindustrie, ist der Staat durchaus gefragt. Noch kann der Stahl nicht international konkurrenzfähig und klimaneutral hergestellt werden. Es bleibt sogar die Frage im Raum, ob das jemals gelingt. Dessen muss sich die Politik und die Gesellschaft bewusst sein.

Wenn Sie – ganz allgemein – auf öffentliche Wirtschaftshilfen der vergangenen Jahre zurückblicken: War das Steuergeld, das in die Beihilfen floss, unterm Strich gut angelegt?  Oder half es nur den Aktionären?

Deutschland und vor allem die Bundesregierung setzen in den vergangenen Jahren zunehmend auf Subventionen für einzelne Bereiche der Wirtschaft. Aktuell stellen der Bund und die Landesregierung Sachsen-Anhalt fast zehn Milliarden Euro für den Bau einer Chip-Fabrik bei Magdeburg in Aussicht. Ob das funktioniert, wissen wir nicht. Bei der Subventionierung der Werften ist aus heutiger Sicht viel Geld verschwendet worden. Grundsätzlich stimmen die Rahmenbedingungen in Deutschland für die Wirtschaft nicht: hohe Energiepreise, hohe Steuern und Abgaben und ein problematischer Zustand der Infrastruktur. Leider helfen Subventionen nicht allen – nur einzelne profitieren! Es wäre besser, die Rahmenbedingungen für alle zu verbessern und dann auf Wettbewerb zu setzen. 

Wie lässt sich ein Desaster wie bei Thyssenkrupp künftig verhindern? Sollten Subventionen nur noch gegen garantierte Gegenleistungen gezahlt werden, also etwa gegen Jobgarantien?

Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer. Deshalb muss die Politik mit Subventionen sorgsam und zurückhaltend umgehen. Selbst das Einfordern von Garantien hilft nicht. Das Firmenaus der Philipp Holzmann AG, die Pleite der MV Werften im Nordosten oder, aktuell, das Insolvenzverfahren der Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof zeigen dies deutlich auf – die Versprechen oder Garantien der Manager taugen dann nichts. Subventionen sollen für Unternehmen eine Brücke sein, um innovativ arbeiten zu können. Deshalb dürften sie nur an vitale Unternehmen gehen, sie müssen zweckgebunden und zeitlich begrenzt sein. Alles andere ist ein ungerechtfertigter Eingriff in den Markt zu Lasten aller Steuerzahler.

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