Bis zu 50.000 Ärzte dürften demnächst in Deutschland fehlen, warnt der Bundesgesundheitsminister. Die Unionsfraktion im Bundestag sieht die Schuld dafür bei Lauterbach. Auch aus Thüringen kommt Kritik.
Die Union im Bundestag hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgeworfen, gegen die Interessen der Ärzteschaft zu arbeiten. „Der Minister kommt mit der Beseitigung des Ärztemangels nicht voran“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Tino Sorge, dem Stern. „Immer wieder werden vollmundige Versprechen gemacht und nicht gehalten.“ Angesichts der Dringlichkeit des Vorhabens lasse „das Herumlavieren Schlimmeres erahnen“.
Die Kritik richtet sich gegen den Entwurf eines neuen Gesetzes, dass vor allem die ambulante Gesundheitsversorgung stärken soll. So ist unter anderem vorgesehen, die sogenannten Budgets, mit denen die Ausgaben der Hausärzte gedeckelt werden, künftig abzuschaffen.
Hintergrund ist der zunehmende Mangel an Ärzten vor allem in ländlichen Gebieten. „Wir haben 50 000 Ärztinnen und Ärzte in den letzten zehn Jahren nicht ausgebildet“, hatte Lauterbach zuletzt in der ARD gewarnt. „Daher werden uns in den nächsten Jahren flächendeckend die Hausärztinnen und Hausärzte fehlen.“ Es dürfte eine „ganz schwierige Versorgungssituation“ entstehen.
stern PAID Kommentar Ärztemangel 10:33
Sorge warf Lauterbach vor, nichts gegen dieses Szenario zu tun. So hätten die Länder für die nötige Schaffung von 5000 Medizinstudienplätzen pro Jahr unmissverständlich eine finanzielle Beteiligung des Bundes angemahnt, sagte er. „Doch nach der Finanzierungsabsage des Finanzministers und der Krankenkassen droht nun das nächste Projekt des Ministers krachend zu scheitern.“
Damit agiere Lauterbach einmal mehr gegen den Berufsstand der Ärzteschaft, dem er selber angehört, erklärte der CDU-Bundestagsabgeordnete. „Die Leidtragenden sind die Patienten insbesondere in den strukturschwachen Regionen.“ Sorge forderte den Gesundheitsminister auf, auf die Länder zuzugehen, anstatt im Alleingang Dinge anzukündigen, die er danach mangels Finanzierung und Einigung zurückziehe.
Tino Sorge ist gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag.
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Kritik an Lauterbach kam auch aus den Ländern, weil sich auf Druck der FDP die sogenannten Gesundheitskioske nicht mehr im Gesetzentwurf finden. In diesen Einrichtungen sollten Pflegekräfte einfache medizinische Leistungen wie Verbandswechsel oder Blutdruckmessungen anbieten. Lauterbach hatte bis zu 1000 Kioske in strukturschwachen Gebieten und ländlichen Regionen geplant.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) äußerte sich enttäuscht. „Es ist schade, dass die Gelegenheit verpasst wird, die Gesundheitskioske bundesweit einzuführen“, sagte er dem Stern. Sie würden vor allem in den ländlichen Regionen die ärztliche Versorgung gut ergänzen. Ramelow erklärte, dass Thüringen unabhängig von der Bundesgesetzgebung an den Kiosken festhalte. Bisher seien bereits vier Einrichtungen in kleineren Orten in Betrieb und böten auch telemedizinische Sprechstunden an.