Geschichte: Innovatione – Was haben die Römer eigentlich für uns getan?

Diese Frage stellten Monty Python in einem Film. Tatsächlich sind die Errungenschaften des Imperiums enorm. Und dabei gibt es auch Dinge jenseits von Straßen und fließend Wasser, die unsere Welt bis heute prägen, ohne dass wir wissen, dass sie auf Rom zurückgehen.

„Was haben die Römer jemals für uns getan?“, diese Frage beschäftigt in „Das Leben des Brian“ eine revolutionäre Zelle in Judäa, die den Aufstand gegen die imperialistischen Römer plant. Nach kurzer Diskussion fällt den Revolutionären dann doch einiges ein. „In Ordnung, aber was haben die Römer, abgesehen von den sanitären Einrichtungen, der Medizin, der Bildung, dem Wein, der öffentlichen Ordnung, der Bewässerung, den Straßen, dem Frischwassersystem und der öffentlichen Gesundheit, jemals für uns getan?“

Tatsächlich würde die Antwort auf diese Frage Bände füllen. Tatsächlich trat vor allem das westliche Europa in vieler Hinsicht erst mit der Industrialisierung aus dem Schatten des römischen Imperiums. Bis 1800 konnte man bei fast jeder Errungenschaft der Neuzeit trocken konstatieren, dass die Römer es besser hinbekommen hätten.WISSEN Greek Fire

Auf der Hand liegt der Einfluss Roms beim Militär. Die Gliederung des Heeres in selbstständig operierenden Legionen findet sich im modernen Militär mit seinen Divisionen – bis hin zur Kopfstärke der Einheiten. Was wir in der Architektur als schön empfinden, basiert auf den Proportionslehren der Römer. Und was ist unser Netz von Eisenbahnlinien und Autobahnen anderes als eine neue Version des römischen Straßennetzes? In der Zeitschrift „BBC World History“ geben Historiker zudem weitere Antworten auf die obige Frage, die nicht immer auf den ersten Blick auf der Hand liegen und tieferes Verständnis des römischen Lebens verraten.

Lebensmittel und Geschmack

Unser Essen und Trinken zum Beispiel. Die Römer waren besessen von Lebensmitteln. Die Oberschicht jagte verfeinerten Genüssen nach, andererseits schufen die Römer bereits einen globalen Handel mit Grundnahrungsmitteln in gigantischen Mengen. Anders ließen sich die großen Städte gar nicht ernähren. Hinzu kam, dass die Gesellschaft Roms auf dem Besitz von Land und Sklaven basierte und die Produktion von Lebensmitteln auch für die Oberschicht ein standesgemäßer Gelderwerb war. Spanien, Südfrankreich und Nordafrika wurden in gigantische Produktionsanlagen verwandelt, darauf ausgerichtet, die Produkte im ganzen Imperium zu vertreiben. Die Römer verbreiteten die Produktionsmethoden von Getreide, Wein und Öl überall in Europa und schufen so auch einen ähnlichen Geschmack. Was Lebensmittel angeht, waren die Römer sehr experimentierfreudig, aus den entlegensten Gegenden schafften sie neue Pflanzen herbei und bauten sie überall im Imperium an. Große Feldherren wie Lucullus sind heute vor allem wegen ihrer Beute an Pflanzen bekannt. In den Norden wie auch in die germanischen Provinzen brachten die Römer nicht nur den Weinanbau, sondern etwa 50 Nutzpflanzen – die wir bis heute genießen.WISSEN Garten Caligula, 19.55

Unterwerfung schafft Frieden 

Frieden versüßt die Herrschaft. Denkt man an die Ausbreitung des Imperiums, fallen jedem stets die römischen Legionen ein. Aber das ist nur ein Punkt. In Wirklichkeit herrschten die Römer durch „Soft Power“. Die Herrschaft des Kaisers etwa, die Augustus als eine Art von Staatsreligion durchsetzte, wurde versüßt durch das Versprechen des Friedens. Eines weltweiten Friedens – der Pax Romana. Unser Blick auf die großen Kriege Roms verzerrt die Proportionen. Diese Kriege mit ungeheuren Opfern und Verwüstungen hat es gegeben.

Doch die Römer beendeten den ewigen Kriegszustand der einzelnen Stämme untereinander. Diese permanenten Minikriege finden keinen Eingang in die Geschichte, forderten aber einen weit höheren Blutzoll. Gleichzeitig wurde bei Unterwerfung Wohlstand durch Handel versprochen. Hinzu kam, dass die Römer die lokalen Eliten überzeugen konnten, dass das römische Lebensmodell auch für sie vorbildlich sei. Und sie auch in einem beheizten Haus mit Luxusgegenständen wie die Römer leben wollten. Mit den gleichen Methoden wurden etwa auch das britische Kolonialreich zusammengehalten und nicht umsonst wird die Herrschaft der USA auch als „Pax America“ genannt.WISSEN Zauberin Pomp

Einrichtung und Komfort

Unsere Vorstellungen von Wohnkomfort werden bis heute von den Standards der römischen Oberschicht geprägt. Und erst heute erreichen wir das alte Niveau. Bis etwa 1900 ist fließendes Wasser keineswegs selbstverständlich. Eine Zentralheizung oder gar ein beheizter Fußboden wurden ebenso wie ein eigenes Bad mit warmen Wasser erst in der Nachkriegszeit langsam zum Standard. Viele Dinge des Alltags von Küchenutensilien wie Sieben, Schüsseln und so weiter haben sich seitdem kaum verändert. Stühle, Tische, die sitzende Haltung auf dem WC – all das geht auf den römischen Way of Living zurück.

Die Staatsreligion

Zu den prägendsten Hinterlassenschaften des Imperiums gehört das Christentum. Verwunderlich, da Hollywood eher ein Bild verbreitet, in dem degenerierte Cäsaren die aufrechten ersten Christen verfolgten. Doch mit Konstantin dem Großen änderte sich das. Das Christentum wurde nicht nur anerkannt, es wurden zur Staatsreligion. Aus den Verfolgten wurden Verfolger, die mit dem bunten Teppich religiöser Überzeugungen der Antike blutig aufräumten.

Man kann streiten, ob und wie weit das Christentum für den bald folgenden Untergang des weströmischen Reiches verantwortlich ist. Allemal überlebte das Christentum den Kollaps des Reiches und bewahrte die Idee der Staatsreligion inklusive der Verfolgung Andersdenkender bis in die Zeit des Ersten Weltkrieges. Nicht umsonst ist das Zentrum der katholischen Welt immer noch Rom.

Dumme Witze

Auch unser Sinn für platten Humor ist römischen Ursprung. Aus der Antike werden Philosophen und politische Denker zitiert, doch mindestens ebenso einflussreich ist der derbe Humor von Plautus und die feinsinnigere Beobachtungsgabe von Terenz.WISSEN Rom Domus U-Bahn

Deutlich wird das an Figuren wie „Biggus Dickus“ im Leben des Brian. Heute lebt diese römische Standard-Figur in High-School-Komödien als schwanzgesteuertes Sport-Ass weiter. Aber auch die Spitznamen und obszönen Graffiti der Römer sind unsterblich. In Humor und Komödien fanden die Römer einen Ausgleich für ihre Vorstellung eines kontrollierten und disziplinierten Lebens. Vor ihren Witzen war nichts und niemand sicher. Ein treffender Schimpfname konnte den erfolgreichsten Politiker sein ganzes Leben verfolgen.

Die Sache mit dem Buch

Julius Caesar kennt man. Das ist der Bursche, der Gallien eroberte – weil er dringend Geld brauchte. Einen Bürgerkrieg vom Zaun brach – weil er sonst vor Gericht gelandet wäre. Und dann war da noch die Sache mit Kleopatra. Weniger bekannt ist eine andere Errungenschaft des großen Julius, die unser Kulturleben bis heute prägt.

Gaius Julius Caeaser hat nämlich das Buch, genauer gesagt das Notizbuch, erfunden. Zu seiner Zeit schrieb man nämlich auf Schriftrollen, die Tontafeln waren schon aus der Mode gekommen. So auch Vielschreiber Caesar. Aber da er stets bei seinen Truppen im Feld war, störte ihn die Unhandlichkeit der langen Rollen. Sie waren etwa sechs bis acht Meter lang, es war also gar nicht so einfach, die richtige Stelle zu finden. Und ganz der pragmatische Römer wusste er sich zu helfen. Er ließ seine Rollen in Stücke schneiden und in Form eines Heftes wieder zusammenbinden. Als Einband dienten zwei Holzbrettchen. So kam der „Kodex“, das Buch, in die Welt.

Quelle: BBC World History Magazine

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