Eine Situation aus den Albträumen eines jeden Autofahrers: Sie geraten ins Schlingern, verlieren die Kontrolle, kommen von der Straße ab, stürzen in die Tiefe. Dann der Aufprall – Wasser strömt von allen Seiten in den Wagen. Was tun?
Die Aufnahmen, wie ein fast 300 Meter langes Containerschiff die Stützpfeiler der Francis Scott Key Bridge in der US-Stadt Baltimore rammt und die in sich zusammenkracht, gingen um die Welt. Rund 24 Stunden später ist klar: Sechs Menschen haben den Einsturz vermutlich nicht überlebt (der stern berichtete).
So tragisch das Schicksal der Bauarbeiter ist – es hätte weit schlimmer kommen können. Die Besatzung des Frachters hatte kurz vor der Kollision noch einen Notruf abgesetzt, Beamte konnten verhindern, dass weitere Fahrzeuge auf die Brücke gelangten.
Dennoch waren offenbar einige Autos in den Patapsco-Fluss gestürzt. Für Autofahrer eine Horrorvorstellung. Wie überlebt man eine solche Situation?
Direkt nach dem Aufprall beginnt das kritische Zeitfenster
Die erste Gefahr geht natürlich vom Sturz an sich aus. Je nach Höhe, Fahrgeschwindigkeit und Aufprallwinkel kann der bereits tödlich sein – vor allem, wenn die Insassen ihre Sicherheitsgurte nicht angelegt haben.
Die gute Nachricht: Stürzt ein Auto ins Wasser, taucht es zunächst nur für einen kurzen Moment unter und schwimmt dann an der Oberfläche. Das Fahrzeug treibt in der Regel mit den Reifen nach unten, oft minutenlang, wie die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) schreibt. Genau das ist das kritische Zeitfenster.
Insassen sollten sich als allererstes abschnallen und die Warnblinkanlage anschalten, um Helfern die Ortung zu erleichtern. Nun gilt es, das Auto möglichst schnell durch die Seitenfenster oder das Schiebedach zu verlassen. Lassen die sich nicht öffnen, können sie in der Regel mit einem harten, kantigen Gegenstand eingeschlagen werden. Bei der Frontscheibe (die meist aus Verbundglas besteht) ist das aus gutem Grund nicht möglich!
Der ADAC empfehlt, einen Notfallhammer im Auto zu haben, mit dessen Hilfe sich die Scheibe ohne viel Kraftaufwand zertrümmern lässt. Viele davon haben auch einen Gurtschneider integriert, wie etwa der Lifehammer Evolution.
Je nachdem, wo der Motor verbaut ist, kippt der Wagen in die entsprechende Richtung, auch eine ungleiche Gewichtsverteilung oder Strömungen können das Auto ins Trudeln und die Passagiere um ihre Orientierung bringen. Besonders riskant wird es dementsprechend in Zweitürern mit Frontmotor, wenn sich die hinteren Seitenfenster nicht öffnen lassen oder zu klein sind.
Solange die Menschen vorne dazu imstande sind, sollten sie den Mitfahrern auf der Rückbank helfen. Wie der Experte Gordon Giesbrecht in der „Washington Post“ erklärt, ist Schieben von innen hier weitaus einfacher als Ziehen von außen. Wichtig: Vor allem, wenn Personen auf der Rückbank sitzen, dürfen Passagiere auf den Vordersitzen auf keinen Fall die Türen öffnen. In dem Fall drängen in kurzer Zeit große Wassermengen in das Auto – Menschen im hinteren Teil des Fahrzeugs bliebe kaum eine Chance.
Das Auto wird sinken, das ist nur eine Frage der Zeit. Was dann?
Überlebenschancen sinken, sobald das Auto unter Wasser ist
Ist ein Auto erst einmal vollständig unter Wasser, sinken die Überlebenschancen rapide. Nicht nur, dass elektrische Fensterheber vermutlich nicht mehr funktionieren, auch das Einschlagen ist jetzt kaum noch möglich. Abhängig von der Tiefe kann der Wasserdruck zudem das Dach eindrücken. Dass sich eine lebensrettende Luftblase bildet, ist übrigens trügerisch. Zwar entsteht eine Blase, nur hat die ein eher geringes Volumen. Außerdem sammelt sich Luft größtenteils im Kofferraum, aber der ist zu dem Zeitpunkt vermutlich längst nicht mehr erreichbar. Baltimore FS 17.20
Eine Unterkühlung stellt laut Experte Giesbrecht hingegen kein unmittelbares Problem dar. Es dauere rund eine Stunde, bis ein kältebedingter Herzstillstand einsetze. Der Schock über die Situation an sich sei sehr viel gefährlicher: „Das erste, was passiert, wenn man in kaltem Wasser ist, ist ein Kälteschock, das heißt Keuchen und Hyperventilieren oder schweres Atmen“, sagte er. Die niedrigen Temperaturen können Muskeln und Nerven lähmen, was die Schwimmfähigkeit beeinträchtigt.
„Weil Angst leicht in Panik umschlägt, müssen sich die Autofahrer mit dem Gedanken eines möglichen Sturzes ins Wasser rechtzeitig auseinandersetzen und die Rettung mehrmals im Geiste durchexerzieren“, rät die DLRG.
Quellen: DLRG; ADAC; „Washington Post„
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