Nach der Vertagung der Entscheidung der britischen Justiz im Fall Julian Assange fordert die Linke von der Bundesregierung, dem Wikileaks-Gründer Asyl in Deutschland anzubieten. Seine Auslieferung an die USA würde einen „gefährlichen Präzedenzfall“ schaffen, der die Pressefreiheit weltweit bedrohe, sagte Linken-Parteivize Ates Gürpinar am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Assange habe „mit seiner journalistischen Arbeit wichtige Informationen von öffentlichem Interesse veröffentlicht“. Er verdiene „keine Auslieferung, sondern Schutz und Anerkennung für seine Arbeit“.
Die USA verlangen seit Jahren die Auslieferung Assanges und wollen ihm wegen der massenhaften Veröffentlichung geheimer Dokumente auf der Plattform Wikileaks den Prozess machen. Am Dienstag hatte die britische Justiz ihre Entscheidung über eine letzte Berufungsmöglichkeit für Assange vertagt und neue Garantien von den USA gefordert. Assange müsse bei einem Verfahren in den USA unter dem Schutz der Gesetze zur Meinungsfreiheit stehen, es dürfe ihm zudem nicht die Todesstrafe drohen.
Die Auslieferung wäre „ein Angriff auf die Demokratie und die Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger“, sagte Gürpinar. Die Bundesregierung habe „es aktiv unterlassen, Assanges Freilassung zu fordern“, kritisierte er mit Blick auf Außenministerin Annalena Baerbock. Die Grünen-Politikerin, aber auch führende Sozialdemokraten hätten sich früher für die Freilassung Assanges eingesetzt. „Es ist hasenfüßig und unverantwortlich, wenn man sich jetzt nicht mehr traut, den Partner USA zu kritisieren“, sagte Gürpinar.
„Deutschland darf sich hier nicht weiter heraushalten und muss politischen Druck aufbauen, damit Julian Assange doch noch freigelassen wird und nach Australien zurückkehren darf“, forderte der Linken-Politiker. „Solange seine Rückkehr nicht geklärt ist, sollte die Bundesregierung gegenüber den USA den Mut aufbringen und Assange als politischem Gefangenen Asyl anbieten.“
Der Linken-Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi sprach von einer „wichtigen Entscheidung“ in London. Der Gerichtshof verweise darauf, dass die Berufung noch Erfolg haben könne, weil in drei von neun Punkten nicht geklärt ist, ob die USA ein rechtsstaatliches Verfahren gewährleisten. Damit werde deutlich, „warum eine Auslieferung Julian Assanges verhindert werden muss“. Gysi fügte hinzu: „Die USA sollten sich weniger um Assange kümmern als um die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen, die dank Assange bekannt geworden sind.“
Der in Großbritannien inhaftierte Australier wird in den USA beschuldigt, ab 2010 rund 700.000 vertrauliche Dokumente über militärische und diplomatische Aktivitäten der USA veröffentlicht zu haben. Sie enthielten brisante Informationen über Kriege vor allem im Irak und in Afghanistan, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen. Assange drohen bei einem Schuldspruch in den USA bis zu 175 Jahre Haft.