Gut zu wissen: Warum zählen wir bei Einschlafproblemen eigentlich Schäfchen –und hilft es wirklich?

Der Wecker klingelt um 6 Uhr morgens, auch wenn die Nacht davor lausig war. Wer unter Schlafproblemen leidet, hat vielleicht schon einmal Schäfchen gezählt, um endlich schlafen zu können. Warum es ausgerechnet die Paarhufer sind und wie gut der Tipp hilft. 

Konnten Sie gestern Abend wieder nicht einschlafen oder haben mitten in der Nacht wachgelegen? Damit sind Sie nicht alleine: 43 Prozent der Deutschen litten in den letzten 12 Monaten unter Schlafproblemen, so das Ergebnis einer Umfrage von Statista. Ein weit verbreiteter Ratschlag: Wer unter Einschlafproblemen leidet, soll Schäfchen zählen, um ins Land der Träume zu entschwinden. Aber warum eigentlich?

Angeblich sollen Hirten, die wochenlang ohne menschliche Gesellschaft unterwegs waren, abends ihre Schafherde gezählt haben – und sie sind dabei eingeschlafen. Fest steht jedenfalls, dass die Idee nicht neu ist: Schon im Roman von Miguel de Cervates aus dem 17. Jahrhundert empfiehlt der Schildkappe Sancho Panza seinem Ritter Don Quijote, Paarhufer zu zählen – hier sind es nur Ziegen, statt Schafe.

IV Schlafforscherin Högl 09.19

Schäfen zählen – klappt das?

Die Idee hinter dem Schäfchenzählen ist es, sich vorzustellen wie die weißen Wollknäule nacheinander über einen Zaun springen. Die monotone und rhythmische Beschäftigung soll die Schlaflosigkeit besiegen. Ob das allerdings klappt, ist mehr als fraglich. „Etwas so Banales wie das Zählen von Schafen hilft normalerweise nicht“, sagt etwa Allison Harvey, Professorin für Psychologie und Leiterin der Golden Bear Sleep and Mood Research Clinic an der University of California,  gegenüber „CNN“. Mit ihren Patient:innen mit Schlafstörungen erarbeitet sie immer mehrere Optionen, die ihnen bei Schlafstörungen helfen können. Denn: Jeder Mensch sei anders und nicht jede Methode helfe in jeder Situation.

Wer sich im Netz auf die Suche nach Studien zum Schafezählen als Einschlafhilfe begibt, stößt schnell auf eine Untersuchung, die Allison Harvey vor mehr als 20 Jahren durchgeführt hat. Dabei sei es in der Untersuchung gar nicht um das Schafezählen gegangen, sondern darum, Bilder bei der Bekämpfung von Schlaflosigkeit einzusetzen, erklärte Harvey gegenüber „CNN„. In der Studie wurden 41 Personen mit Schlafproblemen in drei Gruppen unterteilt. Eine Gruppe erhielt keine Vorgaben zum Einschlafen. Die zweite Gruppe sollte sich auf beliebige Weise von Sorgen ablenken und die Proband:innen von Gruppe drei wurden dazu angewiesen, sich mit einer interessanten Bildaufgabe zu beschäftigen. Sich also einen Wasserfall oder einen Strand vorstellen.  

Das Ergebnis: Die Bildergruppe konnte schneller einschlafen als die Proband:innen ohne Anweisung und jene, die ihre Ablenkungsmethode frei wählen durften. „Zufälligerweise zählten zwei der Studienteilnehmer in der Ablenkungsgruppe Schafe, um einzuschlafen“, schildert Harvey gegenüber „CNN“. Die Expertin sagt, dass es auch 20 Jahre nach der Studie noch ein gutes Einschlafmittel sei, sich Bilder wie eine Wiese oder einen Sonnenuntergang vorzustellen.

Besser (ein)schlafen

Doch es gibt andere Tipps, die helfen, wenn der Schlaf in weiter Ferne scheint:

Am Tag schon auf die Nacht vorbereiten
Wer seinen Tagesablauf geschickt plant, kann besser schlafen: „Bin ich am Tag physisch aktiv, esse am Tag, setze mich viel Tageslicht aus, treffe mich mit Freunden, hilft es meiner inneren Uhr, zu verstehen, wo wir uns befinden.“ Routinen und Struktur seien gut für die innere Uhr als unseren Taktgeber, sagte Schlafforscher Christian Benedict im Gespräch mit dem stern. Außerdem sollte es zum Abend hin ruhiger zugehen. Also ein strammes Workout besser in der Früh, statt am späten Abend.

Buch statt Handy
Wer nicht einschlafen kann oder mitten in der Nacht hellwach im Bett sitzt, sollte nicht zum Smartphone greifen oder den Fernseher anschalten. Auch auf Nachrichten oder zu grelles Licht sollte besser verzichtet werden, wenn man (wieder) in den Schlaf finden will. Wenn das Gedankenkarussel Fahrt aufnimmt, kann es helfen, kurz das Bett zu verlassen. Sich eine Tasse Tee zu machen, ein Buch zu lesen, Musik zu hören oder einen Podcast zu hören – und wenn die Müdigkeit zurückkommt, sollte es wieder ins Bett gehen, so riet es Christian Benedict im Gespräch mit dem stern.

Gewohnheiten etablieren
Für unsere innere Uhr ist es gut, wenn wir immer zur gleichen Zeit ins Bett gehen und zur gleichen Zeit aufstehen. So weiß der Körper genau, wann er das Schlafhormon Melatonin produzieren muss – und wir werden rechtzeitig müde.

Weitere Tipps finden Sie hier:

Schlafhygiene 8.05

Quellen: CNN, Studie 2002, Statista

 

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