Boom Supersonic: Überschalljet XB-1 nimmt wichtigen Meilenstein – der Weg zur Concorde-Nachfolge ist geebnet

Es zieht sich, aber es geht voran. Als Boom Supersonic den Überschalljet „Baby Boom“ erstmals präsentierte, rechnete man mit der Auslieferung eines Passagierfliegers innerhalb von fünf Jahren. Daraus wurde nichts, aber das Unternehmen macht dennoch Fortschritte. 

Das US-Unternehmen Boom Supersonic hat einen wichtigen Meilenstein erreicht: Erstmals ist das Testflugzeug XB-1 vom Mojave Air & Space Port in Kalifornien abgehoben, teilt der Flugzeugbauer mit. Damit ist Boom Supersonic einem legitimen Concorde-Nachfolger einen großen Schritt näher gekommen, obwohl der Weg nach wie vor noch weit ist.

Der Testjet XB-1 ist die Grundlage für die Entwicklung von Overture, dem Passagierflugzeug des ambitionierten Start-ups. „Die XB-1 ist heute in demselben ehrwürdigen Luftraum gestartet, in dem die Bell X-1 1947 erstmals die Schallmauer durchbrochen hat“, sagte Blake Scholl, Gründer und CEO von Boom Supersonic. „Ich habe mich seit der Gründung von Boom im Jahr 2014 auf diesen Flug gefreut, und er markiert den bisher bedeutendsten Meilenstein auf unserem Weg, Passagieren auf der ganzen Welt den Überschallflug zu ermöglichen.“ 

Testflug war ein Erfolg, aber der Überschalljet nicht am Limit

Auch wenn XB-1 alle Testziele erfüllt hat, die sich Boom Supersonic gesetzt hatte, ist der Flieger noch lange nicht da, wo das Unternehmen ihn braucht. Bei ihrem Erstflug erreichte die Maschine eine Höhe von etwas mehr als zwei Kilometern und eine Höchstgeschwindigkeit von nur 440 km/h, was deutlich unter aktuellen Passagierflugzeugen und noch deutlicher unter der Schallgeschwindigkeit liegt. Zum Vergleich: Eine Boeing 787-9 fliegt mit 920 km/h, die Schallmauer wird erst bei etwa 1235 km/h geknackt.

boom supersonic galerie

Die legendäre Concorde, die Boom Supersonic beerben will, reiste in einer Flughöhe von 18 Kilometern und flog etwa 2170 Stundenkilometer. Doch seit Außerdienststellung des Fliegers wurde die Akte Überschall auf unbestimmte Zeit geschlossen – zum Teil auch wegen des lauten Knalls, weshalb die Jets vielerorts nicht mit voller Kraft fliegen dürften. Erst in den vergangenen Jahren gibt es wieder mehrere Vorhaben, dieses Kapitel der Luftfahrt fortzuführen. Aktuell arbeiten neben Boom Supersonic auch Lockheed Martin, die Nasa, Airbus, Hermeus und Virgin Galactic an neuen Modellen. Die Projekte eint das Ziel, den gefürchteten Überschallknall zu umgehen oder zumindest dessen Lautstärke zu senken.

Aktuell plant Boom Supersonic den Erstflug der Passagiermaschine für 2026, die Indienststellung soll 2029 erfolgen. Das klang 2017 bei der ersten Präsentation des Projekts noch anders. Damals sprach Scholl von einer Auslieferung in fünf Jahren (hier erfahren Sie mehr). Daraus wurde aufgrund diverser Probleme nichts.

Reichweite vergleichsweise gering – und wenig Platz

Die Overture ist mit einer Länge von 61 Metern geplant, die Spannweite soll 32 Meter betragen. Im Jet sollen 64 bis 80 Passagiere Platz finden, die Höchstgeschwindigkeit gibt Boom Supersonic mit Mach 1,7 an, also rund 2100 km/h. Die Vorteile dieser Geschwindigkeit liegen auf der Hand: Für Flugstrecken, die innerhalb der angepeilten Reichweite von 7900 Kilometern liegen, bräuchte man etwa die Hälfte der aktuellen Flugzeit. Die Reichweite ist allerdings relativ gering: Möglich wäre zum Beispiel der Flug von Frankfurt nach Atlanta, nicht aber die Reise von Frankfurt nach San Francisco. Zum Vergleich: Der Dreamliner bringt es aktuell auf 14.010 Kilometer. Dazu bietet der Jet über 200 Sitzplätze. Das Reisen mit Überschall wird wohl erst einmal eine exklusive Sache bleiben – und bei möglichen Fluggästen wohl dort ansetzen, wo schon die teure Concorde stand. 

Nasa X-59

Dennoch weckt das nun erreichte Ziel Begehrlichkeiten. „Ich warte seit über 20 Jahren auf einen umweltfreundlichen Nachfolger der Concorde und der Erstflug der XB-1 ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Verwirklichung meiner Träume. Als ich 2003 das letzte Mal mit der Concorde flog, wusste ich, dass dieser Tag kommen würde. Der Erstflug des Überschall-Demonstrators XB-1 ist ein bedeutender Erfolg auf dem Weg zur Verwirklichung eines nachhaltigen Überschallfluges an Bord von Overture – meiner ersten Wahl als Concorde-Nachfolger“, sagte Kapitän Mike Bannister, ehemaliger Concorde-Chefpilot von British Airways.

Nach Angaben des Unternehmens liegen derzeit rund 130 Bestellungen für die Overture vor, darunter von American Airlines, United und Japan Airlines.

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