Compliance-Fall: Nach Nebenjob-Affäre: Finanzministerium hat noch immer keine neuen Verhaltensregeln

Seit Monaten prüft das Finanzministerium neue Compliance-Regeln für den Umgang mit Nebenjobs seiner Beamten. Nach stern-Informationen immer noch ohne Ergebnis. 

Nach der Nebenjob-Affäre um eine Referatsleiterin im Bundesfinanzministerium überprüft das Haus von Christian Lindner immer noch neue Verhaltensregeln für seine Beamten – aber bislang ohne Ergebnis. Das geht aus einer Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Florian Toncar auf eine schriftliche Frage des CDU-Bundestagsabgeordneten Matthias Hauer hervor, die dem stern vorliegt.

Lindner hatte im Dezember eine „generelle Prüfung der Verhaltensregelungen für Beamtinnen und Beamten“ in Auftrag gegeben. Kurz zuvor hatte eine ZDF-Recherche ergeben, dass eine Referatsleiterin des Hauses als Rednerin an einer Veranstaltung teilgenommen haben soll, auf der Tipps zur Vermeidung von Steuern präsentiert wurden. Durch den Fall waren die Nebentätigkeiten von Beamten des Finanzministeriums in den Fokus gerückt (der stern berichtete). Die Prüfung dauere an, teilte das Finanzministerium nun mit.

Finanzministerium will Leitfäden neu fassen

Dem Finanzministerium zufolge sollen die bestehenden Leitfäden im Finanzministerium neu gefasst werden. Wann der Prozess abgeschlossen sein soll, ist allerdings offen. Ziel sei unter anderem, die beamtenrechtlichen Regelungsrahmen „weiter auszudifferenzieren“ und den Beschäftigten „weitergehende Orientierung“ zu geben. Dabei seien unterschiedliche Bereiche des Ministeriums eingebunden, von der Personalverwaltung über Compliance bis zur Innenrevision. 

CDU-Politiker Hauer kritisiert ein schleppendes Vorgehen im Finanzministerium. „Die Überprüfung der Verhaltensregeln für Beamte ist im Finanzministerium nach drei Monaten noch immer nicht abgeschlossen und ohne Konsequenzen, die zu mehr Transparenz für die Öffentlichkeit beitragen“, sagte Hauer dem stern. „Dass das Ministerium nicht einmal einen Zeitpunkt für den Abschluss der Prüfung benennen kann, zeugt von der niedrigen Priorität, die das Thema dort genießt.“ 

Kanzleramt-Nebeneinkünfte6.23

Der Haushaltspolitiker mahnte rasche Ergebnisse an. „Das Ministerium von Finanzminister Lindner ist klarer Spitzenreiter bei den Nebeneinkünften“, sagte Hauer. Das Ministerium müsse sicherstellen, dass durch die ausgeübten Nebentätigkeiten „nicht einmal der Anschein“ eines Interessenkonfliktes erweckt werde – auch zum Schutz der dortigen Beamten. 

Beamte in Bundesministerien haben seit Beginn der Ampel-Regierung mehr als zwei Millionen Euro durch Nebentätigkeiten verdient (Stand: Januar 2024). Spitzenreiter sind die Beamten des Finanzministeriums, wie aus offiziellen Zahlen hervorgeht, über die der stern berichtet hatte. Dort wurden insgesamt 445 Nebentätigkeiten genehmigt, angezeigt oder nicht untersagt und Einkünfte von rund 716.000 Euro erzielt. Mit einigem Abstand folgen die Beamten des Bundesjustizministeriums mit 206 Nebentätigkeiten – bei den Einkünften liegt jedoch das Bundeswirtschaftsministerium mit etwa 592.000 Euro auf dem zweiten Platz.

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