Ab 1. April kann legal gekifft werden: Der Bundesrat hat die Teil-Legalisierung von Cannabis gebilligt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erhofft sich davon „den Anfang vom Ende“ für Schwarzmarktgeschäfte. Den bisherigen Umgang mit Cannabis halten er und andere Mitglieder der Ampel-Koalition für gescheitert. Doch die Legalisierung ist nicht unumstritten: Die Kritik am Cannabisgesetz war auch am Freitag groß.
Künftig erlaubt sind der Konsum und Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis, aber ausschließlich für Erwachsene. Im Eigenanbau zu Hause sind bis zu 50 Gramm sowie drei Pflanzen erlaubt. Anbauvereine oder sogenannte Cannabisclubs dürfen maximal 25 Gramm Cannabis pro Tag an ihre bis zu 500 Mitglieder abgeben und 50 Gramm pro Monat. Das Gesetz über die teilweise Legalisierung von Cannabis für den Eigenverbrauch hatte der Bundestag mit der Mehrheit der Regierungskoalition erst kürzlich beschlossen.
Da es sich nur um ein Einspruchsgesetz handelt, hätte der Bundesrat das Gesetz zwar nicht aufhalten, aber den Vermittlungsausschuss anrufen können. Ein Vermittlungsverfahren zwischen Bund und Ländern hätte dann das Inkrafttreten des Vorhabens verzögert. Ein Mehrheit dafür kam am Freitag aber nicht zustande: Mehrere Bundesländer enthielten sich stattdessen.
Lauterbach hatte im Bundesrat noch einmal für das von ihm initiierte Gesetz geworben. Er führte an, dass sich die Zahl der Cannabis-Konsumenten in mehreren Altersgruppen bereits verdoppelt habe und der Schwarzmarkt floriere. Es gelte sich deshalb zu fragen: „Haben wir einen Weg eingeschlagen, der funktioniert oder müssen wir neu nachdenken?“
Er sei selbst über viele Jahre ein Gegner der Legalisierung gewesen, habe aber seine Meinung geändert, betonte der Minister. Die Studienlage zeige, dass Ländern wie Kanada, die die Legalisierung gut umgesetzt haben, den Schwarzmarkt hätten reduzieren können.
Mehrere Landespolitiker hatten das Gesetz zuvor scharf kritisiert. Bemängelt wurde neben der Teil-Legalisierung an sich die geplante Anmestieregel für Straftaten im Zusammenhang mit Cannabis. Die Länder warnten vor einer Überforderung der Justiz, welche tausende Fälle neu überprüfen müsse.
Für Streit sorgte das Gesetz auch innerhalb der sächsischen Landesregierung – diese stimmte im Plenum des Bundesrats nicht einheitlich und damit ungültig ab. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) stimmte für die Anrufung des Vermittlungsausschusses, sein Stellvertreter Martin Dulig (SPD) dagegen. Vorgesehen ist für den Fall unterschiedlicher Meinungen in der Koalition normalerweise eine Enthaltung.
Vertreterinnen und Vertreter der Ampel-Koalition zeigten sich erleichtert über die Bundesratsentscheidung. „Es war an der Zeit, zu einer neuen Drogenpolitik zu kommen“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) den Funke-Zeitungen. „Blühende Schwarzmärkte und Menschen, die in die Kriminalität gedrängt wurden“ seien das Ergebnis der bisherigen Cannabis-Politik gewesen.
Ähnlich äußerte sich Grünen-Chefin Ricarda Lang: „Die Kriminalisierung der letzten Jahrzehnte hat zu keinem Zeitpunkt ihr Ziel erreicht, Menschen vom Konsum abzubringen“, sagte sie dem Portal t-online.
Von einem Erfolg sprach auch Linken-Bundesgeschäftsführer Ates Gürpinar. Die Entkriminalisierung von Cannabis könne allerdings „nur ein erster Schritt“ sein. Die versprochene Legalisierung bleibe aus. „Fundierte Präventionskonzepte fehlen. Grenzwerte sind willkürlich gewählt und in der Realität schwer zu kontrollieren“, bemängelte Gürpinar.
CDU-Chef Friedrich Merz nannte die Entscheidung der Länderkammer dagegen „völlig falsch“. Er sprach von „verheerenden Folgen für die jüngeren Menschen in unserem Land“.
„Ein ‚Bürokratie-Monster‘ mit vielen kleinteiligen Regelungen“, kritisierte der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt. Dies benötigte „unfassbar viel Personal“ für die Überwachung. Vor einer Überforderung der Behörden warnte auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Ab dem 1. April werden unsere Kolleginnen und Kollegen in zahlreiche Konfliktsituationen mit Bürgerinnen und Bürgern geraten“, erklärte GdP-Bundesvize Alexander Poitz. „Weil Unsicherheiten auf allen Seiten herrschen werden.“
Auf die Belastungen für die Justiz verwies der Deutsche Richterbund (DRB). Aufgrund der mit dem Gesetz verbundenen Amnestie-Regelung für Straftaten im Zusammenhang mit Cannabis müssten bundesweit mehr als 200.000 Strafakten nochmals überprüft werden. Dies halte die Strafjustiz „über Wochen und Monate von anderen Aufgaben“ ab, kritisierte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn.
Anders sieht dies der Deutsche Anwaltsverein (DAV). Es sei die logische Konsequenz, dass noch nicht vollstreckte Strafen überprüft, angepasst und gegebenenfalls erlassen werden, erklärte DAV-Vertreterin Gül Pinar. „Zumal langfristig zahlreiche Verfahren entfallen und Justiz sowie Behörden dadurch entlastet werden.“