Jutta Speidel kennen viele Menschen als ältere Frau aus rührenden Familienserien. Doch Erfolg hatte sie schon als Teenager. Privat engagiert sie sich für Obdachlose.
Jutta Speidel ist eine feste Größe im deutschen Fernsehen, und das seit vielen Jahrzehnten. Am Anfang ihrer Karriere stehen kleine Rollen in Klamaukfilmen über „Pauker“ und aufsässige „Pennäler.“ Solche Bezeichnungen für Lehrer und Schüler sind heute out, die Filme jedoch bilden das Fundament für Speidels lange und bis heute reichende Karriere.
Diese Laufbahn startet Ende der 60er-Jahre: Speidel fällt erstmals auf als 15-jährige Komparsin: Das ist 1969 neben Jungstar Hansi Kraus in dem Erfolgsstreifen „Die Lümmel von der ersten Bank – Pepe, der Paukerschreck“. Kurzerhand wird Speidel für weitere Filme engagiert. Viele Jahre später ist sie eine renommierte Film-, Fernseh- und Theaterdarstellerin. An diesem Dienstag wird Jutta Speidel 70 Jahre alt.
Ans Aufhören denkt die unter anderem aus Erfolgsfernsehserien wie „Forsthaus Falkenau“ und „Um Himmels Willen“ bekannte Schauspielerin bislang jedoch noch nicht. Sie steht weiter auf Bühnen und vor Kameras – und kümmert sich um die Leitung des von ihr an ihrem Wohnort in München gegründeten Vereins Horizont, der Schutzhäuser für obdachlose Kinder und Frauen betreibt.
Jutta Speidel: Eine Kindheit im München der 50er-Jahre
„Als Schauspielerin mache ich dann Schluss, wenn ich die Nase voll habe“, stellte Speidel schon vor einigen Monaten in einem Interview klar. „Aber noch macht mir das viel Spaß.“ Auch ihr bevorstehender Geburtstag kümmere sie wenig. Sie habe das Älterwerden 70 Jahre lang miterlebt. „Das werde ich die nächsten 20 Jahre, oder so lange mir der liebe Gott gibt, auch noch ertragen.“ Eigentlich ändere sich „ja nichts“, fügte die Künstlerin an.
Speidel wird am 26. März 1954 in München geboren, ihr Vater ist Ingenieur und Anwalt, die Mutter vor allem Hausfrau. Schon als Kind liebäugelt sie mit der Schauspielerei, in der Schule gibt es Probleme. Sie wird zweimal verwiesen, verlässt das Gymnasium schließlich vorzeitig ohne Abitur. In diese Zeit fällt ihre Entdeckung durch die Komödien der „Lümmel“-Reihe.Jutta Speidel wird an diesem Dienstag 70 Jahre alt. Die Schauspielerin lebt in München.
© Stephan Wallocha
Speidel macht eine Schauspiel- und Gesangsausbildung und kann schon in dieser Zeit an Theatern ihre Begabung als Charakterdarstellerin zeigen. Ihr Durchbruch folgt ab Mitte der 70er Jahre. Ab 1977 wirkt sie in der ZDF-Serie „Drei sind einer zu viel“ mit. An künstlerischer Statur gewinnt sie durch die Hauptrolle in dem 1979 in die Kinos kommenden und international sehr erfolgreichen Skandalthriller „Fleisch“ um eine illegale Organhändlermafia.
In dieser Zeit lebt Speidel mit wechselnden Partnern zusammen, zwischen 1984 und 1994 ist sie mit dem Unternehmer Stefan Feuerstein verheiratet. Aus der Ehe geht auch eine Tochter hervor, zudem hat sie noch eine weitere Tochter aus einer vorherigen Beziehung. Nach der Geburt ihrer Kinder tritt Speidel beruflich zunächst kürzer, bevor sie später wieder mehr Rollen übernimmt.
Eines ihrer beruflichen Hauptstandbeine bleiben Haupt- und Nebenrollen in Familien- und Vorabendserien wie den ZDF-Produktionen „Alle meine Töchter“ und „Forsthaus Falkenau„. Zwischen 2002 und 2006 spielt sie an der Seite von Fritz Wepper in der beim Publikum beliebten ARD-Serie „Um Himmels Willen“ eine gutmütige Nonne. Dafür erhält sie den bayerischen Filmpreis.
Auftritt als „Walross Waltraut“ bei „The Masked Singer“
Weiterhin spielt sie in zahlreichen Fernsehfilmproduktionen – in Krimis und Dramen ebenso wie in Tragikomödien wie der 2019 in der ARD ausgestrahlten Produktion „Club der einsamen Herzen“, in der sie gemeinsam mit Uschi Glas und Hannelore Elsner auftritt. Auch für unkonventionelle Experimente ist Speidel durchaus zu haben: 2022 beteiligt sich die Darstellerin verkleidet als „Walross Waltraut“ an der ProSieben-Promigesangsshow „The Masked Singer“.
Zwischen 2003 und 2013 ist die weiterhin in München lebende Speidel mit dem italienischen Schauspieler Bruno Maccallini liiert. Schon seit 1997 fließt ein großer Teil ihrer Zeit außerdem in den von ihr ins Leben gerufenen Verein Horizont, der zwei Wohn- und Schutzhäuser für obdachlose Frauen und deren Kindern in München betreibt. Ein drittes Haus wird derzeit gebaut.
Die Idee kommt Speidel, als sie einst in einer Obdachlosenzeitschrift vom Schicksal wohnungsloser Kinder in ihrer Heimatstadt München liest. „Das hat mich erschüttert“, sagt sie in einem Interview. Und sie belässt es nicht bei repräsentativen Aufgaben, sondern steigt als Unternehmerin voll ein und leitet den inzwischen auf etwa 60 Mitarbeiter angewachsenen Verein.
Persönlich profitiere sie von dieser Aufgabe jenseits der Schauspielerei enorm, betonte Speidel kürzlich in einem Interview: Sie habe dadurch „ganz viel Selbstständigkeit“ gelernt, ihrer Künstleragentur habe sie deshalb schon vor langer Zeit gekündigt. Überhaupt könne sie sich über Einsamkeit nicht beklagen, sagt sie in einem anderen Interview: „Ich habe so viele Fulltimejobs.“
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