Lange Warteliste: Neues Organspende-Register startet: Was Sie dazu wissen müssen

Ein neues Portal für Organspende-Willige soll mehr Menschen in Not mit Spenderorganen versorgen. Wie das funktioniert und was dadurch besser werden soll.

In Deutschland warten tausende kranker Menschen auf ein Spenderorgan. Die Bereitschaft zur Organspende ist bislang allerdings nicht besonders stark ausgeprägt. Ein neues Online-Register, das am Montag freigeschaltet wird, soll es potenziellen Spenderinnen und Spendern erleichtern, ihre Spendenbereitschaft zu erklären. Das Bundesgesundheitsministerium, die Krankenkassen und Ärzteverbände erhoffen sich davon mehr Organspenden – und dadurch mehr gerettete Leben. Zu finden ist das Portal unter www.organspende-register.de.

Wie funktioniert das neue Register?

Potenzielle Organspenderinnen und Organspender können ihre Spendenbereitschaft ab Montag in einem zentralen Register hinterlegen. Die Einführung erfolgt schrittweise: Zunächst ist es möglich, eine Erklärung für oder gegen die Organspende mit Hilfe eines Ausweisdokuments mit eID-Funktion zu hinterlegen, zum Beispiel mit einem Personalausweis. Ab Juli soll die Registrierung auch mittels einer Gesundheits-ID möglich sein, welche die Versicherten von ihrer Krankenkassen bekommen. Ab dem 1. Juli sollen die Krankenhäuser in der Lage sein, die Erklärungen abzurufen – und dann im medizinischen Ernstfall ein Organ zu transplantieren.Herzgeschichte-Multimedia OHNE CSS

Wie sieht die derzeitige Rechtslage aus?

Bislang bekam jeder Krankenversicherte ab dem 16. Lebensjahr von seiner Krankenkasse regelmäßig Informationsmaterial, anhand dessen er sich für oder gegen eine Organ- und Gewebespende nach dem Hirntod entscheiden kann. Im Idealfall führt jeder spendenwillige Mensch ständig seinen Organspendeausweis mit sich, in dem seine aktuelle Haltung in dieser Angelegenheit dokumentiert ist.

Welche Verbesserung soll das Register bringen?

Der bisher gebräuchlichen Organspendeausweise konnten verloren gehen oder im Notfall nicht auffindbar sein. Das neue zentrale Register ist zu jeder Zeit verfügbar. Kommt eine Organspende in Betracht, kann das Personal im Krankenhaus jederzeit darauf zugreifen und die Erklärung der spendenwilligen Person abrufen. Das Register soll auch die Angehörigen im Ernstfall von einer schweren Entscheidung über eine Organspende entlasten. Das Verzeichnis dokumentiert die Entscheidung und sorgt damit für Klarheit.

Ist die Entscheidung zur Organspende dauerhaft?

Der Eintrag ist freiwillig und kostenlos. Er kann jederzeit geändert oder widerrufen werden. Angesiedelt ist das Register beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Nach Angaben des Instituts werden die Daten sicher auf einem Server in Deutschland gespeichert. Abgerufen werden dürfen die Erklärungen nur von dafür berechtigten Krankenhaus-Mitarbeitenden. Das Institut will jährlich die Zahl der im Organspende-Register erfassten Erklärungen veröffentlichen.STERN PAID 17 21 Claras zwei Herzen 15.38

Wie groß ist der Bedarf an Spenderorganen?

Die Zahl der Menschen auf den Wartelisten für eine Transplantation liegt aktuell bei rund 8400 – und übersteigt damit die Zahl der verfügbaren Organe um ein Vielfaches. Im internationalen Vergleich bildet Deutschland ein Schlusslicht bei der Organspende. Nach Angaben des europäischen Eurotransplant-Verbunds wird am häufigsten eine neue Niere benötigt (6500 Menschen). Auf eine neue Leber warten etwa 870 Menschen, 690 hoffen auf eine Herzspende. Im vergangenen Jahr wurden rund 3900 Organe verpflanzt, 2022 waren es 3600 Organe.

Gibt es Kritik?

Die Stiftung Patientenschutz hat den für Montag geplanten Start des Organspende-Registers als „halbherzig“ kritisiert. „Bund und Länder verhindern eine bürgernahe Abgabe der digitalen Erklärung zur Organspende“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der Nachrichtenagentur AFP. „Das vereitelt die Erfolgsaussichten, schwerstkranken Menschen zu helfen.“ Kein Passamt in Deutschland verfüge über ein datenschutzsicheres Terminal; Bürgerinnen und Bürger hätten somit nicht die Möglichkeit, ihre Entscheidung für oder gegen die Organspende direkt vor Ort in das Register einzutragen. 

Die Anbindung der Pass- und Ausweisstellen habe „noch nicht einmal begonnen“, kritisierte Brysch. Die Menschen könnten ihre Eintragung in das Organspende-Register nur selbst digital hinterlegen. Zwar blieben die bisherigen einfachen Wege der Willensbekundung – der Vermerk in der Patientenverfügung und der Papierausweis – bestehen. „Internet-Unerfahrene sind jedoch von dem zusätzlichen digitalen Angebot ausgeschlossen.“ Brysch forderte Bund und Länder auf, „innerhalb eines Jahres für die Anbindung an die Passämter zu sorgen“.

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