Auftritt nach der Wahl: Putin über Nawalnys Tod: „Ein trauriger Vorfall, aber so ist das Leben“

Nach seiner Wiederwahl äußert sich Wladimir Putin erstmals zum kürzlich verstorbenen Kremlkritiker Alexej Nawalny. Dessen Unterstützer nennen die Stellungnahme zynisch.

Erstmals seit Jahren hat Kremlchef Wladimir Putin den Namen seines Wiedersachers Alexej Nawalny öffentlich genannt. Den Tod des ehemals inhaftierten Kremlkritikers bezeichnete Putin nach seinem Sieg bei der Präsidentschaftswahl als „traurigen Vorfall“.

Alle bekannteren Kritiker des Kreml-Chefs sind entweder tot, inhaftiert oder im Exil. „Was Herrn Nawalny angeht. Ja, er ist gestorben. Dies ist ein trauriger Vorfall“, sagte Putin bei einer Pressekonferenz, die vom Staatsfernsehen übertragen wurde. Dabei nannte Putin seinen Widersacher erstmals seit Jahren öffentlich beim Namen.NACHRUF NAWALNYJ STERN PAID

Putin sagte zudem, er sei kurz vor dem Tod Nawalnys zu einem Gefangenenaustausch bereit gewesen. Einige Tage vor Nawalnys Tod hätten ihm einige Kollegen gesagt, dass es die Idee gebe, Nawalny gegen einige Leute auszutauschen, die in westlichen Ländern im Gefängnis sitzen. „Ich habe gesagt: ‚Ich bin einverstanden'“, sagte Putin und ergänzte: „Es gab nur eine Bedingung: Wir wollten ihn austauschen, damit er nicht zurückkommt.“

„Leider ist nun einmal passiert, was passiert ist“, sagte Putin weiter. „Dagegen kann man nichts tun, so ist das Leben.“ Nawalnys langjähriger Vertrauter Leonid Wolkow nannte Putins Stellungnahme einen Monat nach dem Tod des Kremlgegners „zynisch“. Putin habe seinen Gegner in Wahrheit getötet, um ihn nicht austauschen zu müssen. Er bezeichnete Putin als eine „Blut saugende Wanze“, die bald platzen werde.

Putin: Proteste ohne Auswirkung auf Wahlergebnis

Putin bedankte sich bei seinen Landsleuten für „die Unterstützung und das Vertrauen“. „Egal wie sehr sie uns einschüchtern wollen, egal wie sehr sie uns unterdrücken wollen – so etwas ist in der Geschichte noch nie jemandem gelungen“, beschwor Putin die Einheit des Landes. „Es hat jetzt nicht funktioniert und wird auch in Zukunft nicht funktionieren. Niemals.“ In der Ukraine seien die russischen Truppen klar im Vorteil.

Trotz Drohungen der Behörden mit harten Strafen hatte es am Rande der Wahl einzelne Protestaktionen gegeben, laut der Bürgerrechtsorganisation OWD-Info wurden dabei mindestens 80 Menschen festgenommen. Die Behörden meldeten Festnahmen wegen „Vandalismus“. Demnach gossen Menschen in Wahllokalen grünen Farbstoff in Wahlurnen, zudem zündeten Wähler bei der Stimmabgabe Molotowcocktails oder Feuerwerkskörper.Putin Analyse7.09

Putin sagte, die Protestaktionen hätten „keine Auswirkung“ auf die Wahl gehabt. Die Behörden würden sich jedoch mit denjenigen „befassen“, „die ihre Stimmzettel zerstört haben“.

Witwe von Alexej Nawalny rief zum Protest auf

Die Witwe Nawalnys, Julia Nawalnaja, hatte Putin-Gegner aufgerufen, als Zeichen des Protests mittags in Massen in die Wahllokale zu strömen und für Putins Gegenkandidaten zu stimmen oder Stimmzettel mit der Aufschrift „Nawalny“ ungültig zu machen. Nawalnaja selbst gab ihre Stimme in der russischen Botschaft in Berlin ab, wo Anhänger sie mit Blumen und Applaus begrüßten. Auch sie schrieb nach eigenen Angaben den Namen ihres Mannes auf den Stimmzettel.

Der zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilte Kremlkritiker Nawalny war Mitte Februar in einem Straflager in Sibirien gestorben. Die Umstände seines Todes sind bis heute nicht geklärt. Laut Behörden ist der schärfste Kritiker von Putin bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen. Wiederbelebungsversuche seien erfolglos geblieben. Seine Witwe Julia Nawalnaja geht davon aus, dass ihr Mann im Lager ermordet wurde.

Kurz nach Nawalnys Tod verlautete aus dem Kreis seiner Vertrauten, dass er eigentlich gegen den in Deutschland inhaftierten sogenannten Tiergartenmörder hätte frei getauscht werden sollen. Demnach hätte der im Dezember 2021 in Deutschland verurteilte Wadim K. an Russland ausgeliefert werden sollen – im Gegenzug für Nawalny und zwei nicht näher genannte US-Amerikaner. Ein entsprechendes Angebot sei Kremlchef Wladimir Putin Anfang Februar unterbreitet worden, hieß es.

Verwandte Beiträge