Polens Regierungschef Donald Tusk geht angesichts der anhaltenden Bauernproteste von deutlichen Zugeständnissen der EU-Kommission an die Landwirte aus. „Die Brachlandpflicht entfällt ab diesem Jahr“, schrieb Tusk am Freitag im Kurznachrichtendienst X. Das habe ihm EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gesagt. Nähere Infos werde die Brüsseler Behörde später bekanntgeben.
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU sieht bislang vor, dass Landwirte vier Prozent ihrer Nutzflächen brach liegen lassen. Dadurch sollen Flächen für den Artenschutz geschaffen werden. Die Kommission hatte die Regelung infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ausgesetzt, ursprünglich um die Lebensmittelversorgung abzusichern.
Seit Monaten kommt es mittlerweile in vielen EU-Ländern regelmäßig zu Demonstrationen von Landwirten, die sich unter anderem gegen die vielen EU-Vorschriften für die Landwirtschaft richten. Als Zugeständnis an die Bauern hatte die Kommission bereits angekündigt, dass die Brachlandpflicht durch eine Mindestvorgabe für den Anbau von Zwischenfrüchten ersetzt wird.
Umweltschützer und auch das Bundeslandwirtschaftsministerium von Cem Özdemir (Grüne) kritisierten zwar bereits diese Regelung. Die EU-Kommission will aber offenbar noch weiter gehen und viele Ökoregeln, die zum Bezug von EU-Subventionen eingehalten werden müssen und zu denen auch die Brachlandpflicht gehört, aussetzen oder sogar streichen. Eine für Freitagmittag angesetzte Pressekonferenz der EU-Kommission zu Agrarthemen wurde allerdings kurzfristig wieder abgesagt.
Die Kritik an den Überlegungen blieb dennoch nicht aus. „Statt sich für eine ökologische und soziale Agrarwende einzusetzen, beugt sich die EU-Kommission der Agrarindustrie“, erklärte Sascha Müller-Kraenner von der Deutschen Umwelthilfe. „Mit mehr pauschalen Direktzahlungen und ohne Geld für Brachen, Rückzugsräume und artenreiche Wiesen und Weiden steuert sie den Klima- und Artenschutz in der Landwirtschaft mit Vollgas vor die Wand.“
„Der Weg, den die EU-Kommission einschlagen will, führt (…) an der Zielmarke vorbei“, erklärte auch die agrarpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast. „Ein Abbau von Umweltstandards in der Konditionalität der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik, damit begründet, dass die Landwirtschaft diese nicht mehr einhalten kann, weil das Wetter unberechenbar wird, ist komplett widersprüchlich.“