Mecklenburg-Vorpommern: Schülerin löst mit Tiktok-Post Polizeieinsatz aus – unbegründet, wie sich herausstellt

Aufregung an einem Gymnasium in Mecklenburg-Vorpommern: Ein Direktor ruft die Polizei, weil eine Schülerin mutmaßlich strafrechtliche Inhalte auf Tiktok verbreitet hat. Die Beamten sehen den Fall gelassen.

Was haben die Schlümpfe und Deutschland gemeinsam? Beide sind blau, heißt es in einem Video, das eine Schülerin auf Tiktok veröffentlicht haben soll – und damit einen Polizeieinsatz auslöste. Was nach Angaben der Mutter wohl als „witziger AfD-Werbe-Post“ gemeint war, fand der Direktor des Gymnasiums in Ribnitz-Damgarten gar nicht lustig. Ende Februar rief er deshalb die Polizei auf den Plan.

Mit ihren Beiträgen habe die Schülerin nach Einschätzung der Schule möglicherweise staatsschutzrelevante Inhalte verbreitet. Wie die Mutter der Teenagerin gegenüber der rechtskonservativen Wochenzeitung „Junge Welt“ sagte, habe ihre Tochter das Schlümpfe-Video über die Plattform Tiktok veröffentlicht. „Und dann hat sie einmal gepostet, dass Deutschland kein Ort, sondern Heimat ist.“

Die Polizei Stralsund, der Fotos der Posts vorliegen, kann das auf stern-Anfrage jedoch nicht bestätigen. Ein Video sei nicht dabei gewesen. Mehr Details zu den Inhalten der Beiträge gab die Sprecherin allerdings nicht bekannt. Den Fall ist in ihren Augen aber harmlos: „Wir haben die Screenshots als freie Meinungsäußerung gewertet“, heißt es in der schriftlichen Antwort.IV Deutscher Lehrerverband: AfD-Parolen im Klassenzimmer6:08

Keine Konsequenzen für die Schülerin

Weil der Grat zwischen erlaubtem und strafbarem Handeln aber mitunter schmal sei, hätten sich die Beamten zusammen mit der Schulleitung entschlossen, mit der 16-Jährigen ein Aufklärungsgespräch zu führen. Dabei sei der Schülerin erklärt worden, dass die Meinungsfreiheit ein hohes Gut sei, dies jedoch nur gelte, wenn keine Straftaten verübt werden. „Wo sich dabei die Grenzen befinden (z.B. durch Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole o.ä.), das wurde der Schülerin auf eine verständnisvolle Weise aufgezeigt“, teilte die Polizei-Sprecherin mit.

Damit ist der Fall für die Beamten erledigt, weitere Konsequenzen gibt es für die Schülerin nicht. Deren Daten wurden zwar polizeilich erfasst, werden aber innerhalb der nächsten vier Wochen automatisch gelöscht. Ob das auch für die Social-Media-Posts gilt, bleibt dagegen fraglich. Die Teenagerin wurde nicht dazu verpflichtet, die Beiträge zu löschen. „Die Polizei überprüft das auch nicht, weil es hierfür keinen Anlass und keine Rechtsgrundlage gibt“, teilte die Sprecherin mit.

Die Schuldirektion des Gymnasiums in Ribnitz-Damgarten äußerte sich auf stern-Anfrage nicht zu dem Vorfall.

AfD reagiert verärgert

Anders dagegen die AfD: Der Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis Vorpommern-Rügen-Greifswald und Landessprecher Leif-Erik Holm sprach von einem handfesten Skandal. „Die Anti-Rechts-Hysterie nimmt mittlerweile unerträgliche Formen an“, kritisierte der AfD-Politiker. Der Polizei warf er vor, das Mädchen wie eine Verbrecherin behandelt zu haben. Der bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Enrico Schult, betonte, jede Form der politischen Polarisierung habe an Schulen nichts verloren. Sie sollten ein Ort des Lernens sein, ohne politische Beeinflussung von außen, solange die Schüler auf dem Boden des Grundgesetzes ständen.

Auch Innenminister Christian Pegel (SPD) wurde auf den Fall am Donnerstag im Schweriner Landtag angesprochen. Wenn die Polizei gerufen werde, komme sie auch, so Pegel. Es habe eine Gefährderansprache gegeben. Er sehe bei dem Einsatz aber keine Schwierigkeiten. Die Polizeibeamten gingen so vor, dass niemand stigmatisiert werde. Pegel: „Ich glaube doch, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt war.“

Quellen: Pressemitteilung der Polizei, Deutsche Presse-Agentur

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