Fried – Blick aus Berlin: Der deutsche Journalismus steht bei Katrin Göring-Eckardt tief in der Schuld

Oft schreiben wir Journalisten Namen falsch. Die Gründe reichen von Unachtsamkeit bis Rassismus. Besonders tief in der Schuld stehen wir bei einer Frau.

Neulich hat der Regisseur İlker Çatak beklagt, sein Name sei in Berichten über deutsche Oscar-Nominierungen kaum aufgetaucht. Çatak hat „Das Lehrerzimmer“ gedreht und war in der Kategorie „Bester ausländischer Film“ nominiert. Habe man ihn doch mal in einem Nebensatz erwähnt, so der Regisseur, sei sein Name meistens falsch geschrieben worden. Çatak hält das für strukturellen Rassismus, „der auch durch Ungenauigkeit, Nachlässigkeit oder Ignoranz erzeugt wird“, wie er der „Süddeutschen Zeitung“ sagte.

Der Autor Hasnain Kazim griff die Klage in derselben Zeitung auf. Unter der etwas irreführenden Überschrift „Ich heiße nicht Pimmelgruber“ beklagte Kazim, dass auch sein Name häufig verhunzt werde. Allerdings sei er mit dem Vorwurf Rassismus sparsam, weil er um dessen Wirkung fürchte, wenn man ihn zu oft einsetze. Er vermute hinter der falschen Schreibweise „eher Unachtsamkeit, vielleicht Ignoranz, eine gewisse Bräsigkeit, manchmal Blödheit“.

İlker Çatak im Interview11.59

Wahrscheinlich sind die Gründe fließend, individuell und gelegentlich multikausal. So ist Unachtsamkeit nicht gleich Rassismus. Wenn aber Rassismus der Grund ist, geht er stets mit Blödheit einher. Es gibt allerdings in der Politik einen Fall, der vermuten lässt, dass falsche Namen ein grundsätzliches Problem des Journalismus beschreiben, das Rassismus möglicherweise umfasst, aber weit darüber hinausgeht. Und dieser Fall heißt Katrin Göring-Eckardt.

Einmal hat sich Katrin Göring-Eckardt auf Twitter gewehrt

Seit 1998 sitzt die gebürtige Thüringerin für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Sie war zweimal Fraktionsvorsitzende und ist derzeit zum zweiten Mal Bundestagsvizepräsidentin – eine Politikerin von einer gewissen Prominenz. Trotzdem wird ihr Name immer wieder falsch geschrieben.

Seit 1998 ist Katrin Göring-Eckardt in deutschen Medien an die 20-mal Katrin Göhring-Eckardt genannt worden. Weit über 100-mal hieß sie Kathrin Göring-Eckardt. Am häufigsten unter den falschen Schreibweisen ist mit rund 400 Treffern Katrin Göring-Eckhardt. Fast alle sind dabei, viele über die Jahre wiederholt: „Süddeutsche Zeitung„, „Frankfurter Allgemeine“, „Spiegel“, „Handelsblatt“, „Taz“, „Welt“, auch stern.de.

2015 hat sich Göring-Eckardt einmal auf Twitter gewehrt: „Ich will nicht zickig wirken und ich weiß, es ist schwer“, schrieb sie, „aber mein Name wird wirklich ohne jedes ‚h‘ geschrieben.“ Genützt hat es nichts.

Selbst wenn die h plötzlich alle getilgt würden, blieben andere falsche Schreibweisen: Für Katrin Göring-Eckart, ohne h und trotzdem falsch, findet man mehr als 200 Treffer. Hinzu kommen Schreibweisen mit zwei Fehlern, wie zum Beispiel Kathrin Göring-Eckart oder auch Kathrin Goering-Eckardt. Es gibt sogar eine Variante mit drei Fehlern: Kathrin Göring-Eckhart. Der deutsche Journalismus steht bei Katrin Göring-Eckardt tief in der Schuld.

FS Politiker-Paare 17.36

Ein wenig mehr Sorgfalt wäre angebracht

Fehler passieren. Ich habe dem SPD-Politiker Matthias Miersch einmal sogar einen komplett neuen Vornamen verpasst: Michael. Und beim stern-Kollegen Giuseppe Di Grazia habe ich in internen Chats versehentlich i und u vertauscht.

Vielleicht wäre bei allen, die es angeht, mich eingeschlossen, ein wenig mehr Sorgfalt angebracht. Mit falschen Namen behandeln wir nicht nur die Betroffenen schlecht, wir schaden uns selbst. Wenn ich schon die Namen nicht richtig habe, was sollen die Leser vom restlichen Artikel halten?

Göring-Eckardt nimmt das Ganze mittlerweile mit resignativem Humor. Schade sei nur, sagte sie mir, dass sie gelegentlich ein Interview gebe und sich dann beim Googeln selbst nicht mehr finde.

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