Chefredakteur: Gregor Peter Schmitz über den Abschied von Peter Kloeppel und den aktuellen stern

Peter Kloeppel, 65, erklärt im stern seinen Rücktritt, denn: „Ist dann auch mal gut.“ Chefredakteur Gregor Peter Schmitz blickt aus diesem Anlass in die USA mit ihren „Anchormen“. 

Amerika hat nicht nur das moderne Fernsehen erschaffen, sondern auch dessen Götter. Sie wurden als „Voices of God“ bezeichnet, Stimmen Gottes: die Moderatoren der Abendnachrichten, die „Anchormen“. Vor ihnen zitterten sogar die Mächtigen im Weißen Haus. Als sich die CBS-Legende Walter Cronkite gegen den Vietnamkrieg aussprach, seufzte der damalige Präsident Lyndon B. Johnson, nun könne er nicht mehr auf Unterstützung der Amerikaner für den Krieg hoffen.

Abschiedsinterview: Hanns Joachim Friedrichs auf dem Cover des „Spiegel“ im März 1995
© Spiegel

Göttliche Stimmen kennen wir in Deutschland nicht, aber Menschen, die uns so vertraut geworden sind, dass wir sie gern ins Wohnzimmer lassen. Zu ihnen gehörte Hanns Joachim Friedrichs, zuletzt Moderator der „Tagesthemen“. Er gab dem „Spiegel“ 1995 ein Abschiedsinterview, das legendär wurde, auch weil er darin seine Krebserkrankung offenbarte und nur einen Tag nach Erscheinen starb. Friedrichs erwähnte in dem Gespräch einen jungen Mann namens Peter Kloeppel von den „Privaten“, die damals noch unter kollektivem Schmuddel-Verdacht standen, und sagte über ihn: „Ganz gut.“ Friedrichs fügte hinzu, Kloeppel wirke wohl zu jugendlich, RTL überlege, „den älter zu schminken“.

Dieses Problem hat sich nach 39 Dienstjahren für Peter Kloeppel erledigt. Zugleich hat er Friedrichs Lob bestätigt und avancierte zum vielleicht beliebtesten deutschen Nachrichtenmoderator, gerühmt für seine Marathon-Moderation am 11. September 2001 und bekannt für seine Objektivität. Nun erklärt Kloeppel, 65, exklusiv im stern seinen Rücktritt, denn: „Ist dann auch mal gut.“ Manche werden sagen, er lande nur auf unserem Cover, weil er ein RTL-Moderator sei, Mitarbeiter des Senders also, dem auch der stern gehört. Er ist aber Titelstory, weil er ein Kapitel deutscher TV-Geschichte verkörpert – und Viorica Engelhardt und Veit Medick mit ihm ein munteres Duell ausgetragen haben. Ob er nicht als Dinosaurier gehe angesichts des Bedeutungsverlustes des linearen Fernsehens, ob er ein seriöses Feigenblatt sei für andere, seichte RTL-Sendungen? Wir erfahren, warum der meist so nüchterne Klöppel sich, sollte sein Leben verfilmt werden, ausgerechnet von der Hape-Kerkeling-Kultfigur Horst Schlämmer spielen lassen würde und worum er den TV-Anarchisten Jan Böhmermann beneidet.

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Marcel Fratzscher ist der bekannteste deutsche Ökonom – und der umstrittenste

Der stern lädt regelmäßig Blattkritiker ein, damit sie über unsere Arbeit urteilen, Politikerinnen und Politiker etwa, Journalisten oder Wissenschaftler. Vor einiger Zeit war Marcel Fratzscher zu Gast, Präsident des DIW, des größten deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts. Doch es stellte sich heraus: So richtig vorbereitet war der Herr Professor nicht, er hatte ziemlich wenig gelesen. Er hätte den Termin natürlich auslassen können, aber das hätte nicht zur Methode Fratzscher gepasst: lieber größtmögliche Quantität der Auftritte als größtmögliche Qualität der Aussagen. Das hat dazu geführt, dass der DIW-Chef so bekannt ist wie kein anderer deutscher Ökonom, aber ebenso umstritten, haben meine Kollegen Monika Dunkel und Timo Pache recherchiert. Sie schreiben: „Er leitet Kommissionen, Beiräte und berät Minister. Und zugleich ist der heute 53-Jährige auch nach elf Jahren im Berliner Wirtschafts- und Medienzirkus ein Rätsel geblieben: Je mehr er sendet, desto mehr entzündet sich auch Kritik an ihm, Widerspruch und Frustration. Nicht nur beim breiten Publikum, in den Kommentarlisten auf X und Linkedin, sondern mehr noch bei jenen, mit denen Fratzscher tagtäglich zusammenarbeitet: Mitarbeiter im Institut, bekannte Professorenkollegen, Abgeordnete, auch Minister. ‚Der sogenannte Ökonom‘, nennt ihn spöttisch ein wichtiger Abgeordneter der Ampelkoalition, einen ‚Arschkriecher‘ ein renommierter Kollege – Fratzscher ruiniere den Ruf der Wirtschaftswissenschaften durch Gefälligkeitsratschläge, behauptet er.“ Was ist da los? Und wie lange kann Fratzscher sich als Chef des DIW noch halten?

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