Von García Márquez bis „Dune“: Die größten Bücher, Filme und Platten, die es fast nie gegeben hätte

Zehn Jahre nach dem Tod des Nobelpreisträgers erscheint ein neues Buch von Gabriel García Márquez – und sorgt für Furore. Denn um Werke, die beinahe nicht das Licht der Welt erblickt hätten, herrscht ein besonderer Kult. Eine Geschichte von Müttern und Witwen, Genie und Wahnsinn.

Welches ist das größte Buch, der legendärste Film, die sagenhafteste Platte aller Zeiten? Fragt man Fans und Kenner, sind es erstaunlich oft Kunstwerke, die kaum ein Mensch gelesen, gesehen oder gehört hat. Die unvollendet blieben, verschollen gingen oder erst nach Jahren erschienen sind. 2014 verstarb Gabriel García Márquez, nun kommt sein Buch „Wir sehen uns im August“ heraus – schmale 144 Seiten nur, aber weil sie vom Literaturnobelpreisträger und vielleicht größten Autor Südamerikas stammen, hält die Welt den Atem an. Ein letztes Werk für die Ewigkeit?

Entdeckt wurde das Manuskript im Nachlass von Marquez schon wenige Tage nach seinem Krebstod 2014. Seitdem herrscht ein Raunen, was der Schöpfer von Werken wie „Hundert Jahre Einsamkeit“ und „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“ mit diesem Vermächtnis wohl für die Welt noch bereit hält. Man weiß nur, dass es um eine Frau geht, die in „Wir sehen uns im August“ jedes Jahr zum Grab ihrer Mutter fährt und sich dort auf ein sexuelles Abenteuer einlässt – viel mehr darf vor dem Erscheinen am 7. März nicht verraten werden; strenge Geheimhaltungsklausel.

Oft sind die Geschichten dahinter interessanter als die Kunst selbst

Noch viel länger unter Verschluss – nämlich mehr als 60 Jahre – lag ein Buch des französischen Skandalautoren Louis-Ferdinand Céline (1894-1961). Nicht ohne Grund musste „Krieg“ so lange warten: Céline, der bekannt wurde durch „Reise ans Ende der Nacht“, war ein sprachliches Genie ­– aber auch berüchtigt als Antisemit und Nazi-Kollaborateur. Um seiner Witwe die Aufregung zu ersparen, die mit der Veröffentlichung von „Krieg“ einhergehen würde, sollte es erst nach ihrem Tod erscheinen. Womit aber niemand gerechnet hatte: Sie wurde 107 Jahre alt. Als „Krieg“ auf den Markt kam, brach es Verkaufsrekorde.

Denis Villeneuve19:55

Oft sind die tragischen Geschichten, die sich um fast nicht erschienene Werke ranken, interessanter als die Kunst selbst. 1969 nahm sich ein junger Autor das Leben: John Kennedy Toole. Mit seinem Schelmenroman über ein korpulentes egozentrisches Muttersöhnchen, das mit 30 immer noch im Hotel Mama residiert, konnte er bei keinem Verlag landen. Nach seinem Tod nahm – Ironie des Schicksals – Tooles Mutter das Buch in die Hand. Erst nach zehn Jahren fand sie einen Verleger, und als „Ignaz und die Verschwörung der Idioten“ endlich erschien, gewann es prompt den Pulitzer Preis. Und eines der lustigsten Bücher der Welt ist es sowieso.

„Dune“ – mit Mick Jagger, Orson Welles und Salvador Dali: nie gedreht

Auch die Popmusik hat natürlich ihre Kultalben. Der Heilige Gral der Popmusik, nach dem Fans jahrzehntelang suchten, war das mythenumrankte „SMiLE“ von den Beach Boys. Deren Chef Brian Wilson hatte es direkt nach seinem Meisterwerk „Good Vibrations“ aufgenommen und war darüber zerbrochen – Drogen, Schizophrenie, Erfolgsdruck, die ganze Geschichte von Genie und Wahnsinn. Immer wieder tauchten Fragmente auf, aber die Platte blieb verschollen. Dann das Wunder: Wilson, inzwischen halbwegs genesen, vollendete das Werk 2011 und ging damit sogar auf umjubelte Tourneen. Und das Album ist tatsächlich fantastisch.

Ein solcher Triumph blieb dem chilenischen Regisseur Alejandro Jodorowski versagt. Er wollte 1975 den größten Film aller Zeiten drehen, einen Film, der die Zuschauer auf eine neue Bewusstseinsstufe hebt. Der Name: „Dune“, und tatsächlich geht der aktuelle Blockbuster „Dune: Part Two“ auf denselben zurück. Jodorowski hatte aber etwas ganz anderes mit dem Stoff vor und dafür bereits eine unfassbare Starbesetzung engagiert: Salvador Dali, Mick Jagger, Orson Welles. Musik: Pink Floyd. Design: H.R. Giger und das Comic-Genie Moebius.

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Leider scheiterte das Projekt, weil kein großes Studio einsteigen wollte: Jodorowski lehnte es nämlich ab, sich auf die Länge des Films festzulegen – zwischen zwei Stunden und zwei Tagen sollte alles drin sein. Mit seinem angedachten Look prägte das Projekt jedoch das Science-Fiction-Kino von „Alien“ über „Blade Runner“ bis hin zu „Terminator“. Nicht schlecht für einen Film, der nie gedreht wurde.

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