Interaktive Infografik: Der CO2-Fußabdruck ist Unsinn – er lenkt vom eigentlichen Problem ab

Nun wenn die Bevölkerung mitzieht, funktioniert Klimaschutz. Umfragen zeigen dabei überraschend viel Zustimmung, die Politiker unbedingt einkalkulieren sollten.

2004 hinterließ er erstmals seine Spuren in den Medien und in den Diskussionen über den Klimawandel und seine Ursachen: der individuelle CO2-Fußabdruck. Anhand vieler Parameter kann jede und jeder Interessierte selbst ermitteln, wie viel Treibhausgase er oder sie verursacht. In die Berechnungen gehen unter anderem die persönliche Mobilität (Nehme ich das Fahrrad oder das Auto für den Weg zur Arbeit? Wie oft fliege ich in den Urlaub?), die Ernährung (Esse ich Fleisch oder lebe ich vegetarisch?) und die Wohnsituation (Lebe ich im Einfamilienhaus, im Reihenhaus oder in einer Wohnung?) mit ein.  

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Die Top Ten der Klimakiller
2022 entfielen auf jeden Bundesbürger durchschnittlich 9,49 Tonnen an Treibhausgasen pro Jahr. Damit gehören die Deutschen zu den Top Ten der Verursacher weltweit. Nur in einigen Erdöl und Erdgas exportierenden Länder wie Saudi-Arabien sowie in den USA, in China und Australien liegt der Pro-Kopf-Ausstoß darüber. Über die Eingabemaske lassen sich die Werte für einzelne Länder aufrufen.  

Heute spricht man nicht mehr so gerne vom persönlichen CO2-Fußabdruck, sagt Lara Hein vom Verein Klimadashboard: „Zum einen führt der Vergleich untereinander nur zu unsinnigen Debatten und gegenseitigen Vorwürfen: Ich esse Fleisch, aber du bist im vergangenen Jahr zweimal in den Urlaub geflogen Zudem werden die meisten Emissionen ohnehin von Unternehmen verursacht — hier sind die Probleme und Lenkungswirkungen viel größer.“ 

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Das war offensichtlich auch das Kalkül des Öl- und Gaskonzerns BP, der die Idee zum individuellen Fußabdruck entwickelt hatte und unters Volk brachte. 

Klimadashboard

Offenbar mit großem Erfolg: Denn während sich viele Bundesbürger bis heute Gedanken darüber machen, wie sie selbst zum Klimaschutz beitragen können – etwa indem sie sich ein Elektro-Auto anschaffen oder auf Fleisch verzichten – und damit ihren persönlichen Beitrag leisten, kommt in anderen Bereichen nur wenig in Gang. Die Folge: 2022 verursachte Deutschland rund 746 Millionen Tonnen an Treibhausgasen, lediglich 1,9 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Um die Klimaziele der Bundesregierung bis 2030 zu schaffen, müsste der Ausstoß um mindestens sechs Prozent pro Jahr sinken, so Umweltbundesamt-Präsident Dirk Messner.

Auf jeden Bundesbürger entfielen im Jahr 2022 rund 9,49 Tonnen an freigesetztem CO2 und anderen klimawirksamen Gasen. Das entspricht fast anderthalb Mal der Menge des globalen Durchschnitts von 6,76 Tonnen. Damit befinden sich die Deutschen weltweit unter den Top-Ten bei den Emissionen. Nur in einigen Erdöl- und Erdgas exportierende Länder wie den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Bahrein, den USA, Australien und China liegt die jährliche Pro-Kopf-Menge höher. Andere europäische Industrieländer wie Großbritannien, Italien oder Frankreich liegen unter dem Wert für Deutschland. 

Klimaschutz: Der CO2-Fußabdruck war eine Erfindung der Industrie

Nicht nur zwischen einzelnen Ländern gibt es große Unterschiede beim CO2-Ausstoß, auch innerhalb Deutschlands ist er sehr groß, sagt Lara Hein: „Die zehn Prozent der Bevölkerung mit den höchsten Einkommen verursachen mehr Treibhausgase als die gesamte untere Einkommenshälfte zusammen.“ Jeder Superreiche, der seinen Lebenswandel klimaschonender gestalten würde, könnte daher einen besonders hohen Beitrag leisten. 

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Historische Verantwortung
Seit dem Beginn der industriellen Revolution 1850 zählt Deutschland zu den größten Verursachern von Treibhausgasen. Weltweit belegt es den sechsten Rang. Daraus erwächst auch eine globale Verantwortung für die Klimakrise. 

Auch wenn Deutschland derzeit nur etwa zwei Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verursacht, hat es eine große historische Verantwortung für den bereits erfolgten Klimawandel. Seit 1850 wurden hierzulande mehr als 92 Milliarden Tonnen Treibhausgase emittiert. Damit belegt Deutschland Platz sechs in der Liste der größten Verursacher. Nur in den USA, China, Russland, Großbritannien und Brasilien wurden in der Vergangenheit mehr CO2 und andere Treibhausgase freigesetzt. Daraus erwächst auch eine Verantwortung für den Weg aus der Klimakrise. „Die Industriestaaten sollten die Bestrebungen der Schwellen- und Entwicklungsländer, klimaschonend zu handeln, unterstützen.“  Dafür müssen diese Investitionen in fossile Energien stoppen — Es braucht einen weltweiten Technologietransfer und auch finanzielle Unterstützung hin zu erneuerbaren Energien. Denn nur dann kann es gelingen, das diese Länder mit zunehmendem Wohlstand nicht auch ihren Ausstoß an Treibhausgasen in die Höhe treiben.

Statt sich weiter mit dem CO2-Fußabdruck zu beschäftigen, plädiert Lara Hein für eine anderes Symbol: „Besser ist der CO2-Handabruck. Er steht für die aktiven Schritte zur Bekämpfung der Klimakrise. Dies kann in verschiedenen Lebensbereichen geschehen, darunter persönliches Verhalten, politisches Engagement und berufliche Entscheidungen.“ Bei allem, was noch nicht perfekt läuft, ist es wichtig auch die positiven Dinge zu nennen. 

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