RAF-Terroristin: So kam ein Podcast Daniela Klette auf die Spur

Jahrzehnte versteckt sich die RAF-Terroristin Daniela Klette in Berlin. Am Montag wird sie gefasst – von einem „Meisterstück“ ist die Rede. Doch schon Wochen zuvor erscheint ein Podcast, der Klette im Prinzip bereits enttarnt.

Dieser Artikel erschien zuerst bei ntv.de

Der Jubel der Ermittler ist groß: Daniela Klette, die der 3. Generation der Roten Armee Fraktion (RAF) zugerechnet wird, ist gefasst. Nach Jahrzehnten der Fahndung, nach unzähligen Plakaten mit ihrem Gesicht, wird sie am Montagabend in Berlin festgenommen. Auf einer anschließenden Pressekonferenz ist von einem „Meilenstein“ die Rede, von einem „Meisterstück“.

Doch ein Podcast, der bereits Ende Dezember erschien, trübt diesen Jubel nun. Denn demnach waren die Journalisten Klette bereits auf der Spur und enttarnten sie in Berlin. Nur eine Kontaktaufnahme gab es nicht.

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„Legion: Hacking Anonymous“ heißt der Podcast von 2022, der sich eigentlich um das Hackerkollektiv Anonymous dreht. Zwei neue Folgen unter dem Titel „Legion: Most Wanted“ erscheinen jedoch Ende vergangenen Jahres. Zuvor hat sich ein Zuhörer der ursprünglichen Sendung an Moderator Khesrau Behroz gewandt, um ihm von einem Treffen mit einer Frau in Köln zu erzählen, die sich ihm als Daniela Klette zu erkennen gegeben habe, einer der meistgesuchten Personen Europas.

Technische Hilfe bekommen die Journalisten anschließend vom Bellingcat-Journalisten Michael Colborne. Dieser ist Spezialist für Bild-Analyse-Tools, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz Gesichter abgleichen und so etwa gealterte Personen identifizieren können. Eigentlich sucht Colborne so nach Kriegsverbrechern. In diesem Fall aber hilft er den „Legion“-Machern. Bei der Frau aus Köln wird allerdings keine Übereinstimmung mit alten Fahndungsplakaten Klettes gefunden.

„… dass diese Frau Daniela Klette ist“

Doch obwohl diese Spur versandet, suchen die Journalisten weiter. Denn Colborne setzt eine weitere Software ein, die anhand von alten Bildern der RAF-Terroristin nach ähnlichen Gesichtern im Internet sucht. So findet er eine Frau in Berlin, die aussieht wie eine gealterte Klette, mit Augenringen und langen Haaren. „Es deutet sehr viel darauf hin, dass diese Frau Daniela Klette ist“, sagt Colborne im Podcast. Und die Fotos dieser Frauen verweisen auf einen Capoeira-Club in Berlin.

Podcast-Moderator Khesrau Behroz sagte dem „Tagesspiegel“, dass sich sein Team freue, „die Bestätigung zu haben, dass wir tatsächlich sehr nah dran gewesen sind“. Dass sie die Spur nicht weiter verfolgt hätten, liege auch daran, dass der Podcast vor Weihnachten erscheinen sollte. Auch der Vorsitzende des Berliner Tanzvereins, Mestre Pim-Pim, bestätigt die Identität. Der „Bild“-Zeitung sagte er, Klette habe im Verein trainiert. „Es ist alles schrecklich. Ich bin sehr, sehr traurig.“

Kein Hinweis an die Ermittler

Der Podcast lässt aber auch Fragen offen: Warum posierte Klette für Bilder, die im Internet frei zugänglich und auffindbar sind? Fühlte sie sich so sicher in Kreuzberg oder unterschätzte sie die technischen Möglichkeiten? Hat Klette von dem Podcast gewusst, der von der Suche nach ihr handelt? Wenn ja, wieso ist sie nicht aus Berlin geflohen? Und spielte der Podcast eine Rolle bei den Ermittlungen des Landeskriminalamtes Niedersachsen?

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Der Hinweis, der zur Ergreifung Klettes führte, kam nach eigenen Angaben nicht von den Journalisten. „Wir arbeiten – auch aus Quellenschutz – nicht mit den Ermittlungsbehörden zusammen. Sie bekommen von uns keine Tipps oder Informationen“, sagte Behroz der „Bild“-Zeitung.

Von ihm und dem „Legion“-Team könnte es deshalb eine Fortsetzung geben. „Es gibt noch viel zu erzählen“, sagte er dem „Tagesspiegel„. Zum Beispiel, dass Klette mit einer recht simplen Suche gefunden wurde. „Das hat gesellschaftliche wie auch strafrechtlich relevante Implikationen, denen wir gerne nachgehen würden.“

 

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