Prozesse: Stellvertreterkrieg vor Gericht nach Eritrea-Krawall

Die Krawalle bei einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart haben Schlagzeilen gemacht. Ein 29-Jähriger sitzt nun im ersten Prozess in dieser Sache auf der Anklagebank.

Nach den Ausschreitungen bei einer Eritrea-Veranstaltung im vergangenen September in Stuttgart setzt sich erstmals ein Gericht mit den aufsehenerregenden Krawallen auseinander. Ein 29 Jahre alter Mann mit eritreischer Staatsangehörigkeit sitzt von Donnerstag (13.00 Uhr) an auf der Anklagebank des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt. Dem Mann werden ein besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs und gefährliche Körperverletzung sowie ein tätlicher Angriff und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen. Verhandelt wird im Stammheimer Gebäude des Stuttgarter Oberlandesgerichts.

Der Mann soll am Nachmittag des 16. September während der Proteste am Stuttgarter Römerkastell als Erster einen Bauzaun-Betonfuß und später unter anderem einen mehr als drei Kilogramm schweren Pflasterstein auf Polizisten geworfen haben. Ein Urteil will das Amtsgericht am 8. März (13.30 Uhr) sprechen. Wenige Tage zuvor (5. März) beginnt ein weiterer Prozess gegen einen mutmaßlichen Beteiligten der Krawalle.

Im vergangenen September hatte die Polizei die Veranstaltung eines Eritrea-Vereins gegen heftig randalierende Demonstranten verteidigt. Teilnehmer der Veranstaltung, die laut Polizei dem diktatorischen Regime in Afrika nahestehen, sowie Polizisten wurden mit Latten, Stangen, Steinen und Flaschen angegriffen. Dabei wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft 39 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte verletzt.

Nach Angaben der Polizei waren damals mehr als 200 Oppositionelle nach Stuttgart angereist, sie kamen vor allem aus dem Stuttgarter Umland, aber auch aus der Schweiz und aus Gießen. In der hessischen Stadt war es wenige Wochen zuvor ebenfalls zu Ausschreitungen rund um eine ähnliche Veranstaltung gekommen. Die Gewalt hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht.

Eritrea gehört zu den ärmsten Ländern der Welt, es gilt als eine der brutalsten Diktaturen. Es gibt dort nur eine Partei, Opposition ist verboten. Weder gibt es eine Verfassung noch Gewaltenteilung noch Wahlen. Wegen politischer Verfolgung und der Menschenrechtslage sind Abschiebungen nach Eritrea aktuell nicht möglich.

Die Auseinandersetzungen erklären Eritrea-Experten als eine Art Stellvertreterkrieg. Eritreische Vereine stehen der Regierung des Landes in Afrika nahe, die Veranstaltungen rufen aber Regierungsgegner auf den Plan.

Verwandte Beiträge