29. Februar und die Konjunktur : Rettet uns das Schaltjahr vor der Rezession?

Schaltjahre hatten bereits positive Auswirkungen auf die Konjunktur. Doch in diesem Jahr könnte der Effekt untergehen, rechnen Ökonomen vor.

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Ein Tag mehr, an dem Waren produziert werden, ein Tag mehr, an dem eingekauft wird, ein Tag mehr, um Werbung zu schalten. In Schaltjahren wie 2024 gibt es einen Extra-Tag, an dem Wirtschaftsleistung erbracht werden kann. Das kann das Bruttoinlandsprodukt BIP positiv beeinflussen und gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie diesen einen Unterschied machen. Allerdings zählt vor allem, ob es unter dem Strich mehr Arbeitstage gibt als im Vorjahr.  

Denn der sogenannte konjunkturelle Arbeitstageeffekt misst den Effekt von mehr oder weniger Arbeitstagen auf das BIP nicht bezogen auf ein Durchschnittsjahr – das 249,7 Arbeitstage hat; sondern auf die Veränderung im Vergleich zum Vorjahr. 

„Als Faustregel kann man sagen: Nimmt die Anzahl der Arbeitstage im Vergleich zum Vorjahr um ein Prozent zu“ – das entspräche etwa 2,5 Arbeitstagen – „fällt das BIP-Wachstum aufgrund dieses Kalendereffektes um knapp ein Viertel Prozentpunkt höher aus“, erklärt Timo Wollmershäuser gegenüber dem Wirtschaftsmagazin „Capital“. Er leitet die Konjunkturforschung und -prognosen am Münchner Ifo-Institut.STERN PAID 38_23 Titel Protokolle Ökonomen 12.40

Schaltjahr 2024: Der 29. Februar ist ein zusätzlicher Arbeitstag

Laut dem Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, könnte das BIP in einem Schaltjahr rein rechnerisch statt um 0,25 Prozentpunkte sogar um 0,4 Prozentpunkte ansteigen. „Aber in Wirtschaftszweigen wie der Energieerzeugung oder Restaurants wird an allen Kalendertagen gearbeitet, sodass der zusätzliche Arbeitstag prozentual weniger ins Gewicht fällt“, schränkt Krämer ein. 

„Außerdem wird die Wertschöpfung in einigen Sektoren wie im öffentlichen Dienst oder in der Wohnungswirtschaft anhand von Löhnen oder Mieten erfasst, die monatlich immer gleich sind.“ Deswegen rechnet Krämer insgesamt ebenfalls mit einem BIP-Plus von 0,25 Prozentpunkten. Das entspricht 10 Milliarden Euro, die Deutschland zusätzlich verdient.

Weil der 29. Februar in diesem Jahr auf einen Donnerstag fällt, steht damit tatsächlich ein zusätzlicher Arbeitstag zur Verfügung. Für sich genommen ließe dieser nach Berechnungen von Wollmershäuser das BIP-Wachstum im Jahr 2024 um 0,1 Prozentpunkte höher ausfallen. Auf diesen Wert kommt auch Christoph Schröder vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. „Das wären also gut vier Milliarden Euro als Schalttag-Effekt“, sagt er Capital.

„Kalendereffekt 2024 ist vernachlässigbar“

Allerdings fallen datumsgebundene Feiertage wie der 1. Mai und der 3. Oktober in diesem Jahr auf Wochentage. Laut Statistischem Bundesamt gibt es 2024 deswegen nur 248,8 Arbeitstage – das sind 0,9 Tage weniger als in einem Durchschnittsjahr und auch weniger als 2023. Und das Vorjahr ist für die Messung des Arbeitstageeffekts entscheidend.  

„Da im vergangenen Jahr bereits 0,3 Tage weniger als in einem Durchschnittsjahr gearbeitet wurden, beträgt die Differenz im Jahr 2024 im Vergleich zum Jahr 2023 minus 0,6 Arbeitstage“, rechnet Wollmershäuser vom Ifo-Institut vor. „Auf die Veränderungsrate des Bruttoinlandsprodukts umgerechnet bedeutet dies ein Minus von 0,03 Prozentpunkten. Der Kalendereffekt im Jahr 2024 ist also vernachlässigbar.“

Im vergangenen Jahr hatte der Effekt ein Minus von 0,2 Prozentpunkten auf die Veränderungsrate des BIP ausgemacht. Die Inflation und steigende Zinsen hatten die Stimmung in der Wirtschaft getrübt. 

Die neuesten Zahlen zeigen jetzt: Das BIP schrumpfte 2023 insgesamt um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit rutschte Deutschland leicht in die Rezession ab. Auch die Aussichten für das kommende Jahr sind eher mau. 2025 wird es noch weniger Arbeitstage geben als in diesem. Der Kalendereffekt auf die Veränderungsrate des BIP wird dann laut Statistischem Bundesamt minus 0,12 Prozentpunkte betragen. 

Üblicherweise finden in Schaltjahren auch die Großevents Olympia und die Fußball-Europameisterschaft statt, die möglicherweise zu mehr Konsum führen können. Das könnte das Wirtschaftswachstum positiv beeinflussen, vermutlich aber nur marginal.

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