FC Bayern München: Max Eberl – das sind die Baustellen des neuen Bayern-Sportvorstands

Max Eberl wird in München begrüßt wie ein Heilsbringer. Auf den neuen Sportvorstand warten viele Aufgaben.

Im Zuge der offiziellen Ernennung von Max Eberl zum Sportvorstand des FC Bayern München lohnt ein Blick zurück, um die Dimension der Entscheidung nachvollziehen zu können und um zu verstehen, wie lang der Weg bis zu diesem Tag und dieser Aufsichtsratssitzung am Montagabend in der Allianz Arena war. 

Nachdem Matthias Sammer, der letzte starke Mann für den Bereich Sport im Vorstand des FC Bayern, im Juli 2016 krankheitsbedingt ausgeschieden war, herrschte mangels verfügbarer Nachfolgekandidaten ein gutes Jahr lang ein Machtvakuum. Philipp Lahm hatte gerade erst seine Karriere beendet und lehnte den angebotenen Job des Sportdirektors ab, weil aus seiner Sicht der damalige Präsident Uli Hoeneß „noch zu tatkräftig“ sei, „um loszulassen“ und „die Dinge selbst beeinflussen“ wolle. Die Chefs der Gladbacher Borussia ließen ihren erfolgreichen Sportdirektor Max Eberl nicht ziehen. Die erste Annäherung war nicht mehr als ein Flirt, der Kontakt zu Hoeneß riss jedoch nie ab.

Erst im Juli 2017 präsentierten die Alphatiere Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, seinerzeit der Vorstandsvorsitzende, eine überraschende Notlösung: Ex-Profi Hasan Salihamidzic, stets tadellos, fleißig und loyal, wurde vom Markenbotschafter zum Sportdirektor befördert und drei Jahre darauf dank fleißiger und loyaler Arbeit zum Sportvorstand berufen.

Im Mai vergangenen Jahres trennte man sich allerdings von Salihamidzic wie auch von Vorstandsboss Oliver Kahn, die mit einer Neuausrichtung des Vereins gescheitert waren und bei der überraschenden Entlassung von Trainer Julian Nagelsmann ein ganz schlechtes Bild abgegeben hatten.

Ist der FC Bayern untrainierbar? 18.37

Der Vertrauensvorschuss für Max Eberl ist groß

Acht Jahre nach dem Abschied von Sammer, der ab 2012 erst Trainer Jupp Heynckes den Rücken gestärkt und dann für dessen Nachfolger Pep Guardiola mal den Kompagnon und mal den Kontrapart abgegeben hatte, ruhen nun alle Hoffnungen auf Eberl. Er soll das Amt des Sportvorstands wieder mit Leben füllen, seinem Knowhow und seinem Netzwerk entsprechend. Der Vertrauensvorschuss ist groß, sein Vertrag bis Mitte 2027 datiert. Mit Eberl ist der Umbau der Machtzentrale des Rekordmeisters personell abgeschlossen. Laut Hoeneß, qua Amt Ehrenpräsident, aber weiterhin in der Rolle des Vereinspatrons, der nach wie vor von seinem Wohnsitz am Tegernsee aus die Geschicke des FC Bayern aus dem Hintergrund lenkt, habe man nun die angestrebte Personalbesetzung, „die die Zukunft gestalten soll“.

Für den im niederbayerischen Bogen bei Straubing geborenen Eberl, der mit sechs Jahren zum FC Bayern kam und alle Jugendmannschaften bis zu den Profis bei den Münchnern durchlief, erfüllt sich mit der Berufung ins Machtzentrum an der Säbener Straße ein Lebenstraum. Getreu dem Motto: Was lange währt, wird endlich gut. Und Hoeneß hat damit sein Dreamteam auf Führungsebene zusammengestellt. Bereits seit der Trennung von Salihamidzic galt Eberl als Wunschlösung von Hoeneß, auch Präsident Herbert Hainer und der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen plädierten für ihn. Beide, Hoeneß‘ Freund Hainer als auch Kahns Nachfolger Dreesen, galten vor ihrer Wahl bzw. Ernennung als Wunschkandidaten des mächtigen Mannes vom Tegernsee.

Personalie, mit der alle Beteiligten glücklich sind

Mit dem Amtsantritt zum 1. März haben die Münchner nun einen Sportvorstand, mit dem alle Beteiligten uneingeschränkt glücklich sind. Man konnte die Erleichterung der Bayern-Verantwortlichen zwischen den Zeilen der Pressemitteilung herauslesen: Endlich ist zusammengewachsen, was zusammengehört. Eberl dürfte das Vereinsmantra „Mia san mia“ verinnerlicht haben. Ende September war der Bayer, der eine Wohnung in München besitzt und dort zuletzt viel Zeit verbracht hat, bei RB Leipzig als Geschäftsführer Sport ausgeschieden. Den Vorwurf einer „mangelnden Identifikation mit dem Verein“, wie er Eberl von RB-Aufsichtsrat Oliver Mintzlaff hinterhergerufen worden war, dürfte ihn in München vermutlich niemand machen. Für ihren Heimkehrer überweisen die Münchner eine Ablöse von rund 4,5 Millionen Euro.

Eberl, der in Sachen Medienarbeit das bestimmende Gesicht des Vereins werden soll, hat eine gewaltige Agenda vor sich. Die wichtigste Herausforderung lautet, schnellstmöglich einen Chefcoach zu finden, der im Sommer auf den gescheiterten Thomas Tuchel folgt und wieder Erfolge und Titel einfahren sowie zugleich die angestrebte „Kontinuität auf dem Trainerstuhl“ verkörpern soll. Denn erst mit dem neuen Trainer kann die Kaderplanung vorangetrieben werden. 

Doch gelingt es Eberl Xabi Alonso, Bayerns Wunschkandidaten Nummer eins, von Bayer Leverkusen loszueisen? Nicht nur daran wird der 50-Jährige gemessen werden. Einst wollte er den Basken zur Borussia an den Niederrhein holen. Damals fühlte sich Alonso, der zuvor in Spanien im Nachwuchsbereich gearbeitet hatte, nicht bereit für die Bundesliga. Kann er Eberl, der nun der FC-Bayern-Eberl ist, ein zweites Mal absagen?

Kommentar Trennung Tuchel13.28

Parallel zur Trainersuche muss der neue Sportvorstand einen großangelegten Kaderumbruch gestalten und moderieren, muss manch gestandenen Profi vor den Kopf stoßen, weil dieser unerwartet auf der Verkaufsliste landet. Serge Gnabry, Leon Goretzka, Joshua Kimmich, Alphonso Davies und Leroy Sané lauten die Wackelkandidaten. Es wird kompliziert – verkaufen oder verlängern? Bei Kimmich, Davies und Sané muss bald eine Entscheidung fallen, sie haben jeweils gültige Arbeitspapiere bis 2025.

Max Eberl: Verhandlungsgeschick und ein Auge für Talente

Bei seinen Stationen in Mönchengladbach und Leipzig konnte Eberl beweisen, dass er Verhandlungsgeschick bei Transfers und ein Auge für Talente besitzt. Die Bayern-Bosse wollen ein anderes Bild als in der jüngsten Vergangenheit abgeben, bloß kein Chaos mehr wie in der verkorksten Sommertransferperiode 2023 produzieren und Geschlossenheit demonstrieren. Dafür wird der Organisationsaufbau neu definiert.

Nach dem Motto „Keep it simple“ setzt sich der Vorstand ab dem 1. Juli 2024 lediglich aus drei Positionen zusammen: Dreesen, dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Michael Diederich (Finanzen & Vertrieb) sowie Max Eberl, dem frisch berufenen Vorstand Sport. Verschlankte und effizientere Strukturen sollen kurze Abstimmungen und dynamische Entscheidungen ermöglichen. Man wolle so „immer handlungsschnell“ sein. Dass zu viele Köche den Brei verderben, war den Bossen 2023 auf den Magen geschlagen.

In dem Zusammenhang wird es spannend, wie die künftige Aufgabenteilung von Eberl und Sportdirektor Christoph Freund gelebt wird, der seinen Posten am 1. September angetreten hatte. Mit seiner nahbaren, unaufgeregten Art hatte es der vorherige Sportdirektor von RB Salzburg in sechs Monaten geschafft, Vertrauen bei den Bossen und im Kader zu gewinnen. Freund bekommt nun Eberl vor die Nase gesetzt, muss sich unterordnen, ihm zuarbeiten. Für den 46-Jährigen, der rasch mit Trainer Tuchel eine professionelle wie freundschaftliche Ebene gefunden hatte, kein Problem. „Wir kennen uns schon lange“, sagte Freund im Vorfeld, „Max ist sehr lange im Business und hat viel Erfahrung. Wir hatten immer einen guten Austausch.“

Eberl wird nachgesagt, einen engen Vertrauten mitbringen zu wollen – entweder Felix Krüger, einen seiner engsten Mitarbeiter aus der kurzen Zeit von RB Leipzig, oder Steffen Korell, den Kaderplaner der Mönchengladbacher.

Die Frage aller Fragen allerdings lautet: Bekommt Eberl tatsächlich die ganze Macht? Zu vermuten ist: Nach all den verbalen Vorschusslorbeeren am Tag der Ernennung wird Hoeneß, der Patron, schon seine schützende Hand über den neuen Prinzen halten.

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