Datingshow auf Netflix: Der Megan-Fox-Moment: Warum die sechste Staffel „Love is blind“ die beste bisher ist

Kontroversen, legendäre Zitate und der Megan-Fox-Moment: Die sechste Staffel der Netflix-Show „Love is blind“ zeigt, was Fans an Reality-TV lieben. Darum sind die aktuellen Folgen so gut.

Es gibt nicht viele Reality-TV-Momente, die noch Jahre später erinnert werden, doch die sechste Staffel von „Love is blind“ schwappt geradezu über mit Reality-TV-Gold. Zwischen herzerwärmenden Einblicke in die Suche nach der wahren Liebe (Amy und Johnny) mischen sich dramaturgisch gut platzierte Bösewichte (Jeramey, Matthew) und absurde Wendungen (Kenneth). Und dann sind da die Szenen, die viel mehr über das angeblich so „blinde“ Liebesexperiment aussagen als gedacht. Ganz vorne mit dabei: der Megan-Fox-Moment. 

Der Handlungsstrang rund um Kandidatin Chelsea zeigt, was passiert, wenn sich Erwartungen, ein unsicheres Selbstbild und Konkurrenzdruck zu einer verheerenden Manipulation hochschaukeln. Falls es noch jemanden gibt, der die neuen Folgen der Netflix-Show nicht an einem Wochenende durchgesuchtet hat: Als Kandidat Jimmy zwischen zwei Frauen schwankt, greift Chelsea zu einer verzweifelten Maßnahme. „Siehst du einem Prominenten ähnlich?“, fragt die Stewardess den Software-Verkäufer. Sie bekomme im Flugzeug ja immer gesagt, dass sie einer Person total ähnlich sehe. „Wie heißt sie noch gleich… die Freundin oder Frau von MGK?“, fragt sie unschuldig und lässt Jimmy seine Schlüsse ziehen. „Megan Fox? Du siehst aus wie Megan Fox?“, kann der sein Glück kaum fassen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass seine Entscheidung für Chelsea in dieser Sekunde fällt – und es ganz egal ist, dass die Netflix-Show „Love is blind“ heißt.

„Love is blind“: Sieht Chelsea aus wie Megan Fox?

Kritik Love is blind Reunion19.15Für TikTok und Co. war der Moment ein gefundenes Fressen: Sieht Chelsea aus wie Megan Fox oder nicht? Es ist ein bisschen wie beim Netz-Phänomen um das blaue oder goldene Kleid: Welche Farbe hat es nun? Jeder hat eine Meinung dazu. Dabei geht es gar nicht um etwaige Ähnlichkeiten, sondern vielmehr um den manipulativen Aspekt der Sache: Megan Fox ist nicht irgendein Promi, Megan Fox gilt seit ihrem Durchbruch in „Transformers“ als das Sexsymbol schlechthin. Ob sie wollte oder nicht, hat sich Chelsea so selbst ein Bein gestellt. Selbst wenn die echte Megan Fox durch die Tür spaziert wäre, hätte sie wahrscheinlich nicht an das Bild in Jimmys Kopf ran gereicht. 

Das erste Treffen von ihm und Chelsea – sowieso jede Staffel wieder einer der Höhepunkte der Show – fällt dementsprechend schmerzhaft aus, so unterschiedlich reagieren die beiden. Während sich Jimmy sichtlich von der Enttäuschung erholen muss, strahlt Chelsea überglücklich. Als Zuschauer kann man nicht anders, als mit beiden mitzufühlen.

„Love is blind“ ist immer dann gut, wenn Idealvorstellungen auf Realitäten krachen – und das bereits in den sogenannten Pods, den Kabinen in denen hinter Trennwänden die ersten Dates stattfinden. Mit Jimmys anderer Favoritin Jessica ist in dieser Staffel zum ersten Mal eine alleinerziehende Mutter als Kandidatin dabei. Es ist bezeichnend zu sehen, wie wenig ihre Mutterschaft in Jimmys Märchenbild von der großen Liebe passt, als sie ihm schließlich von ihrer Tochter erzählt. Er habe einen harten Tag hinter sich, betont er nach der Enthüllung immer wieder. 

Netflix gelingt mit dieser Staffel wieder gutes Reality TV

Love is blind 16.01Zum Glück für Netflix und die Zuschauer liefert Jessica eine jetzt schon legendäre Rede ab, als Jimmy sie schließlich für Megan Fox – Pardon: Chelsea – abserviert. „Dir wird die Luft wegbleiben, wenn du mich siehst und du merkst, was du verpasst hast (…) Du wirst deinen EpiPen brauchen, um wieder atmen zu können!“, sagt sie, bevor sie mit einem lässigen „God bless you, Jimmy“ die Pods verlässt. 

Was der Staffel ebenfalls Tiefe verleiht sind die Gespräche über Themen, die tatsächlich für eine Beziehung oder gar Ehe relevant sind. Vorbei die Zeiten, in denen wir Kandidaten wie Shayne aus Staffel 2 beim Fabulieren über seine Vorliebe für bauchfreie Tops zuhören mussten. Jeramey und Sarah Ann tauschen sich etwa über ihre Einstellungen zum Thema Abtreibungen aus – in den USA gerade ein extrem hitzig diskutiertes Thema. Amy und Johnny sprechen über Verhütungsmittel und ziehen auch eine Vasektomie in Betracht.

Zwischen Brittany und Kenneth spielt der gemeinsame Glaube eine große Rolle, ein Gespräch zeigt die beiden außerdem beim intensiven Ausloten der Probleme, die auf sie zukommen könnten, weil Kenneth schwarz ist und Brittany weiß. Zu scheitern scheint die Beziehung aber an Kenneths Smartphone-Sucht – eine Thematik, die viele Paare kennen dürften. Mit „phubbing“ gibt es sogar einen Begriff für das ständige Handy-Glotzen in sozialen Situationen. Dass die Kandidat:innen – darunter nicht wenige mit großer Social-Media-Followerschaft – während der Kennenlernzeit ihre Handys abgeben müssen, ist sicherlich ein weiterer Reiz der Show.

Die Lieblosigkeit, mit der Kenneth seiner Verlobten dann die Trennung verkündet, hätte in jeder anderen Staffel für einen Aufschrei gesorgt, doch diese „Love is blind“-Staffel hat so viele gute Schauplätze, dass das fast untergeht. Wenn Kandidatin Laura ihren Verlobten Jeramey etwa geschickt einer großen Lüge überführt, oder Chelsea draußen im echten Leben plötzlich anfängt, zu zählen, wie oft am Tag Jimmy sie küsst, bekommen die Zuschauer:innen das geboten, wofür sie Reality TV einschalten: die ganze Bandbreite an menschlichen Emotionen. 

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