Autobauer: Vor allem VW muss zittern: Dieser BYD-Frachter eröffnet neuen Kampf um Europas Automarkt

Der Autobauer BYD hat in China bereits unter Beweis gestellt, wozu er in der Lage ist. Nun lädt sein erster eigener Frachter tausende Elektrofahrzeuge in Bremerhaven aus. Vor allem für VW verschärft das den Wettbewerb enorm.

Dieser Artikel erschien zuerst bei ntv.de

Große Autofrachter, die tausende Neuwagen aus aller Welt ausladen, gehören zum Tagesgeschäft in Bremerhaven. Die Ankunft der „BYD Explorer“ allerdings könnte eine neue Epoche einleiten. Das Frachtschiff ist das erste einer ganzen Flotte, die sich der inzwischen größte Elektroautohersteller der Welt, die chinesische BYD, bauen lässt, um auf dem europäischen Markt angreifen zu können.

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Wozu BYD in der Lage ist, hat die noch relativ junge Automarke auf ihrem chinesischen Heimatmarkt schon unter Beweis gestellt. Vor wenigen Jahren noch ein Nischenanbieter, hat BYD 2023 den langjährigen Marktführer in China, Volkswagen, vom Thron gestoßen. Dabei hat BYD anders als Volkswagen keine reinen Verbrenner mehr im Angebot, sondern setzt bereits ausschließlich auf Plug-in-Hybride und rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Gleichzeitig hat BYD Tesla als Weltmarktführer im Elektrosegment überholt.

BYD bisher kaum präsent in Deutschland

In der Volkswagenheimat ist BYD dagegen bisher kaum präsent, erst Anfang 2023 trat das Unternehmen offiziell in den deutschen Markt ein. Derzeit verzeichnet die Webseite für Deutschland gerade einmal zwei Dutzend Händler im ganzen Land. Insgesamt verkaufte BYD hierzulande im vergangenen Jahr 4000 Autos – deutlich weniger, als allein die „Explorer“ transportiert. Der Autofrachter hat eine Kapazität von 7000 Fahrzeugen. Auf seiner ersten Europatour entlädt er nun rund 3000 Autos allein in Bremen.

Das Unternehmen hat das Ziel ausgegeben, in wenigen Jahren unter die fünf größten Anbieter auf dem europäischen Automarkt zu kommen. Ein Hindernis für die Expansion von BYD und anderen chinesischen Herstellern nach Europa sind begrenzte Transportkapazitäten. Das dürfte sich allerdings innerhalb weniger Jahre ändern. Neben BYD haben auch andere Autobauer wie der Staatskonzern SAIC – Partner von VW in China – den Bau ganzer Flotten riesiger Autotransporter in Auftrag gegeben. Zudem beginnen die chinesischen Hersteller, auch in Europa selbst zu produzieren. BYD betreibt bereits ein Werk für elektrisch angetriebene Busse und plant, auch die Produktion von PKW in Ungarn aufzunehmen.

Die Marktführerschaft wie in ihrer Heimat ist zwar für die Chinesen kein realistisches Ziel. Aber da der europäische Automarkt, im Gegensatz zum chinesischen, seit vielen Jahren nicht mehr wächst, ist jeder neue Markteintritt schmerzhaft für die etablierten Anbieter. Unter den deutschen Autobauern steht vor allem VW mit seinen Mittelklasse- und Kompaktfahrzeugen in direkter Konkurrenz zu BYD.

Schwierigste Phase in jüngerer Geschichte von VW

Die Chefetage verfolgt die Expansion der chinesischen Konkurrenz aufmerksam. Bei einem Briefing für Führungskräfte, auf dem VW-Marken- und Konzernvorstand Thomas Schäfer, die Lage bei Volkswagen – nicht nur wegen der verschärften Konkurrenz – insgesamt als „prekär“ beschrieben haben soll. Die neuen Rivalen, vor allem aus China, exportieren kaum oder gar nicht nach Nordamerika, sondern strebten immer mehr nach Europa: „Hier entbrennt ein Wettbewerb, den wir aushalten müssen“, zitiert der „Business Insider“.

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Aus Schäfers Sicht, so heißt es in dem Bericht, stehe VW vor der schwierigsten Phase seiner jüngeren Unternehmensgeschichte. Die Lage sei dramatisch, da sich dieser Wettbewerb mit der neuen Konkurrenz in einer Zeit verschärfe, in der die Weltwirtschaft sich zusammenziehe, die Kaufbereitschaft insbesondere für Autos abnehme und die Preise erodierten. „Es gibt da etwa verrückte Vorgänge in China und bei Tesla“, soll Schäfer mit Blick auf mehrfache, teils drastische Preissenkungen der Konkurrenten gesagt haben.

Schäfer richtete einen dramatischen Appell an die Führungskräfte: „Wir müssen mit aller Macht versuchen, uns zukunftsfähig aufzustellen, hier gibt es keine Pause.“ Konkret heißt das, dass der Wolfsburger Autokonzern vor allem weiter die Kosten senken und die Profitabilität erhöhen müsse. Dazu gehören dem Bericht zufolge Einsparungen mittels verstärkter Altersteilzeit, Reduktion von Überstunden und Personalabbau durch Abfindungen, aber auch eine Verschlankung des Managements und eine effizientere Logistik. Schäfer lobte die bereits vollzogenen Maßnahmen zur Kostensenkung, machte den Anwesenden aber keinerlei Illusionen darüber, dass VW die größten Herausforderungen noch vor sich habe. „Nach vorn gibt es keine Entwarnung“, so Schäfer, „im Gegenteil“.

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