„Reifezeugnis“ von 1977: „Niemand war da, um mich zu schützen“: Nastassja Kinski äußert sich zum Skandal-„Tatort“

Als 15-Jährige stand Nastassja Kinski für den „Tatort: Reifezeugnis“ vor der Kamera – inklusive Nacktszenen. Gegen die geht die Schauspielerin nun juristisch vor. Auf Instagram äußert sie sich nun zu dem Fall. 

Die „Tatort“-Folge „Reifezeugnis“ gehört bis heute zu einer der erfolgreichsten Episoden der Krimireihe. Der Film entstand 1977 im Auftrag des NDR, Regie führte der damals noch unbekannte Wolfgang Petersen, eine der Hauptrollen übernahm Nastassja Kinski. Die Tochter von Schauspiel-Legende Klaus Kinski war zum Zeitpunkt der Dreharbeiten erst 15 Jahre alt – trotzdem stand sie für einige Szenen oben ohne vor der Kamera. Genau diese Nacktszenen will die Darstellerin nun verbieten lassen.

„Nastassja Kinski war damals faktisch ohne Begleitung am Set, als die Szenen gedreht wurden“, sagte ihr Anwalt dem „Spiegel“. Eine rechtswirksame Einwilligung als Minderjährige sei damit ausgeschlossen. Nun hat sich auch Kinski selbst zu der Sache geäußert.

„Tatort: Reifezeugnis“: Nastassja Kinski äußert sich auf Instagram

„Es geht mir darum, dass ich 15 Jahre alt war und man mit 15 in einem Film Schutz braucht. Das hatte ich nicht. Mein ganzes Leben fühlte ich, dass man diese Szenen anders hätte filmen sollen. Niemand war da, um mich zu schützen. 25 Millionen Menschen sahen das. Und diese Bilder wurden unzählige Male gezeigt. Teenager sollten nicht so ausgeliefert werden“, schreibt sie auf Instagram.

Kinski kritisiert auch, wie der Film auf der Internetseite des NDR beworben wird. Christian Granderath, NDR Fernsehfilm-Chef, wird dort mit folgenden Worten zitiert: „‚Reifezeugnis‘ mit Nastassja Kinski war in den Siebzigern eine sexuelle Initiation für sehr viele männliche Jugendliche. Auch deswegen ist dieser ‚Tatort‚ zur Legende geworden.“ Das Zitat erschien erstmals im Jahr Frühjahr 2017 – zum 40-jährigen Jubiläum des Films. Es ist aber nach wie vor online.

Der Sender hat folgenden Kommentar von Granderath ergänzt. „Sagen was war, ist ebenso wichtig wie zu sagen, was ist – der Satz stammt aus dem März 2017 und ist sieben Jahre alt. Das Zitat stellt eine zeitgeschichtliche Einordnung des Tatorts in die 70er Jahre und keine Bewertung dar. In den Archiven finden sich viele Aussagen, die man heute vermutlich anders formulieren würde. Seit der #MeToo-Debatte ist die Sensibilität für derartige Fragen entsprechend größer und das ist richtig.“

NDR äußert sich zu Reifezeugnis 15.19

Nastassja Kinski will ihre Nacktszenen verbieten lassen

Für Kinski dürften diese Worte an ihrer Forderung nichts ändern: Sie will, dass der Film nur noch ohne ihre Nacktszenen ausgestrahlt wird. Eine Sprecherin des NDR teilte mit: „Der NDR hat seit der Anfrage von Frau Kinski geprüft, ob der Film im NDR oder in anderen Landesrundfunkanstalten zur Ausstrahlung vorgesehen ist und auf welchen Plattformen er aktuell angeboten wird. Eine Ausstrahlung in der ARD ist bis auf Weiteres nicht vorgesehen. Wir sind im Gespräch mit Lizenznehmern, um den Film bis zur Klärung des Sachverhalts auch von Streamingplattformen zu nehmen. Im NDR findet eine juristische Prüfung statt sowie eine Abschätzung möglicher Folgewirkungen.“

Versöhnliche Worte findet Nastassja Kinski in ihrem Posting für Wolfgang Petersen. „Ein toller Regisseur. Das ändert nichts daran, dass die unbekleideten Szenen mir weh taten und der Sender NDR und der Regisseur es anders hätten drehen können. Wolfgang, ich glaube in deinem Herzen verstehst du das.“ Petersen selbst kann sich nicht mehr zu dem Fall äußern: Er starb 2022 an Bauchspeicheldrüsenkrebs.

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