Teil-Legalisierung: Bubatz 2024 egal: Warum die Ampel das Cannabis-Gesetz verbockt hat

Die Idee der Ampel, Cannabis teilweise zu legalisieren, war gut. Doch aus dem Prestigeprojekt ist eine Pleite geworden. Das verrät Grundsätzliches über die Koalition.

Bubatz legal, was hatten sich die seinerzeit frischen Ampel-Partner über die Idee gefreut. Doch was ein Signal des gesellschaftlichen Aufbruchs hätte sein können, wurde auf fahrlässige Weise verschleppt. Die Koalition hat aus ihrem Prestigeprojekt ein Verliererthema gemacht, ein Vorhaben, das niemanden mehr in einen Rausch versetzt. An diesem Freitagmittag soll das Cannabis-Gesetz final eingetütet werden. Dann heißt es: Bubatz 2024 legal – und egal.

Denn: Wen juckt’s? Wirtschaftsflaute, Ukraine-Krieg und Rechtsextremismus beschäftigen die Republik – und nicht wie viel Gramm Gras künftig verbaut und geraucht werden dürfen. Für alle über 25-Jährigen. Daheim oder in Cannabis-Clubs. Im erlaubten Radius von soundsoviel Metern. Dass dieser verkopfte Eindruck entstehen konnte, ist bitter. Medizinisch, gesellschaftlich, politisch.  

Alle wollten das Cannabis-Gesetz. Aber …

Obwohl die oft diametral auseinanderliegenden Koalitionäre sich beim Thema Cannabis ausnahmsweise einig waren, und das praktisch von Anfang an, haben sie die Tütenwende immer wieder aufs Neue aufgerollt, um wirklich jede Sorge zu adressieren. Leider haben sie den dauererregten Warnern und Mahnern damit reichlich Argumentationshilfe geleistet. Bis zum Verlust der eigenen Deutungshoheit.

Die Folge: Ein monatelanges „Ja, aber…“, ein mühsames Zusammenbinden von vielen Meinungen, die doch eigentlich aufs Gleiche hinauswollten. 

Keine Frage: Die Teil-Legalisierung von Cannabis ist ein Paradigmenwechsel, der Schritt will gut überlegt und ausdiskutiert sein. Allerdings hat die Ampel durch ihr ausdauerndes und teils überflüssiges Gezerre um den vermeintlichen Königsweg einen grundsätzlichen Konsens in eine Kontroverse verwandelt. Das Cannabis-Gesetz spielt – gemessen an den Schlagzeilen, die jede neue Rückwärtsrolle produziert hat – mittlerweile in einer Liga mit tatsächlich strittigen Ampel-Fragen. Die Opposition dankt, indem sie in diebischer Routine fragt: Um’s Kiffen kümmern sie sich – aber was ist mit den wirklich wichtigen Themen? Ein No-Brainer, aber ein effektiver.

Ampel Cannabis 6.10

Nun zieht die Ampel-Koalition das Gesetz zwar durch, sollte nicht schon wieder etwas dazwischenkommen. Ausgestanden ist es damit aber noch lange nicht. Mittlerweile sitzen die Vorbehalte in der Bevölkerung tief, viel Vertrauen wurde verspielt. Und die Opposition weiß um dieses Misstrauen. 

Daher graut es einigen Ampel-Politikern bereits vor der nächsten Sitzung des Bundesrats am 22. März, in der auch die Tütenwende auf der Tagesordnung stehen wird. Zwar ist das Cannabis-Gesetz kein Zustimmungs- sondern ein Einspruchsgesetz. Die Vertreter der Länder können es also nicht grundsätzlich stoppen. Aber sie können wiederholt Widerspruch einlegen. Was, wenn eine Mehrheit das Cannabis-Gesetz blockiert? 

Es droht eine Hängepartie, die möglicherweise Monate andauern könnte. Viel Zeit also für die Opposition, die Angelegenheit weiter in Misskredit zu bringen – und auch Liberalisierungsgegner in der Ampel anzuspornen, vielleicht doch nochmal einen Brandbrief gegen das Gesetz aufzusetzen (wie die umtriebigen SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann und Sebastian Fiedler). 

Viele in der Ampel wollen das Gesetz nur noch von der Backe haben. Kein Wunder.

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