Großrazzia an über 20 Orten: Bundespolizei nimmt zahlreiche Schleuser fest

Sie sollen Migranten über den Ärmelkanal nach Großbritannien gebracht haben: Nun haben Einsatzkräfte mindestens 15 Schleuser inhaftiert. 

Es ist kurz vor 6 Uhr, ein schwarz vermummtes Sondereinsatzkommando bringt sich vor einem Mehrparteienhaus in Düsseldorf in Stellung. Noch ist es dunkel, die Straßen menschenleer, nur das Gezwitscher der Vögel ist zu hören. Doch plötzlich durchbricht ein Knall die Stille. Eine Tür wird gesprengt, Fenster zerbrechen – und Polizisten dringen in eine Wohnung im Mehrparteienhaus ein. So ist es auf Videoaufnahmen von stern und RTL zu sehen.

An diesem Mittwochmorgen fand eine Großrazzia an über 20 Einsatzorten gegen mutmaßliche Mitglieder eines kurdischen Schleusernetzwerks statt. Koordiniert wurde der Einsatz von Europol, die deutsche Bundespolizei, das Landeskriminalamt Osnabrück sowie die belgischen und französischen Polizeibehörden waren beteiligt. Der Schwerpunkt der Operation lag in Deutschland auf Nordrhein-Westfalen, weitere Razzien fanden in Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein statt.

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„Für uns zeigt diese Operation, dass man internationale Netzwerke nur international bekämpfen kann“, sagt Jan Op Gen Oorth, Pressesprecher von Europol, gegenüber stern und RTL. Die Verdächtigen sollen Migranten über den Ärmelkanal nach Großbritannien geschleust haben, ein immer größer werdender Trend. Aus diesem Grund wird im Norden Frankreichs beim Kauf bestimmter Boote und Bootsmotoren seit einigen Jahren ein Ausweis und eine Telefonnummer verlangt – eine Vorschrift, die als Maßnahme gegen die Schleusungen nach Großbritannien erlassen worden war.

Alleine in Deutschland wurden mindestens 15 der Schleuser inhaftiert

Das Netzwerk soll bei der Überführung der Migranten besonders skrupellos vorgegangen sein. „Was wir oft sehen ist, dass Schleuser kleine Schlauchboote zu Verfügung stellen, sie überladen und dann den Migranten befehlen, immer geradeaus zu fahren“, sagt Jan Op Gen Oorth. In überfüllten Schlauchbooten machen sich Migranten aus Nordafrika und dem Nahen Osten auf den Weg nach Großbritannien, viele von ihnen haben dort Familie. Ein Fakt, den die Schleuser ausnutzen. „Diese Netzwerke sind sehr flexibel und unternehmerisch sehr clever. Sie erkennen wahnsinnig schnell, wo man Geld verdienen kann“, sagt Jan Op Gen Oorth. Mit den Schleusungen über den Ärmelkanal soll das Netzwerk Gewinne im zweistelligen Millionenbereich erzielt haben.

Nun wurden alleine in Deutschland mindestens 15 der Schleuser inhaftiert, meldet Europol am Mittwochnachmittag. So auch in Düsseldorf. Hier, in der Wohnung im Mehrparteienhaus, hatte die Polizei Erfolg.

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Die Nachbarn kannten den Mann nicht, dessen Wohnung in den frühen Morgenstunden von dem Einsatzkommando gestürmt wurde. „Die haben mich gegrüßt und ich habe die gegrüßt, mehr nicht“, sagt eine Anwohnerin gegenüber stern und RTL.

Vier Stunden nachdem die Einsatzkräfte die Wohnung stürmten, führen sie einen Mann aus dem Haus. Als er über die Türschwelle tritt, schaut er kurz nach oben, den Blick auf die Kameras der Pressevertreter geheftet. „Warum machen die Fotos von mir?“, fragt er den Polizisten neben sich. „Das ist die Presse“, antwortet er. „Scheiß auf die Presse“, sagt er. „Das gehört zu einem demokratischen Staat dazu“, sagt der Polizist und führt den Mann in den Einsatzwagen.

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