Folgenschwere Patzer: Upamecano wird mit seinen Total-Aussetzern zum Sinnbild der Bayern-Krise

An guten Tagen ist Dayot Upamecano ein Weltklasse-Verteidiger, an schlechten Tagen reißt er die ganze Mannschaft mit ins Verderben. Das Problem ist: Letzteres ist ihm schon häufiger passiert.

Im Moment gibt es wohl niemanden beim FC Bayern, der sich in der aktuellen Krise nicht schlecht fühlt. Spieler, Trainer, Vorstand – sie alle dürften in irgendeiner Form frustriert, genervt oder ratlos sein. Die Krise schlägt voll durch. Sie ist angesichts der nationalen Dominanz der Bayern mit elf Meistertiteln in Folge tatsächlich historisch zu nennen, weil offenbar eine Ära endet. Wie es häufig der Fall ist, gibt es in solchen Phasen einen Protagonisten, dessen Leistungen zum Sinnbild der Krise werden und die Formkrisen der anderen (ein wenig) überdecken. 

Die Rede ist natürlich von Dayot Upamecano, dem 25-jährigen Verteidiger der Münchner. Upamecano brachte das Kunststück fertig, in zwei aufeinander folgenden Partien eine rote Karte zu kassieren und jeweils spielentscheidende Elfmeter zu verursachen. Erst unterlief ihm ein folgenschweres Foul in der Champions-League-Partie gegen Lazio Rom in der vergangenen Woche, als er seinem Gegenspieler gegen das Schienbein trat. Ähnliches widerfuhr ihm im Spiel beim VfL Bochum. Ein Kopfball-Duell mit einem regelwidrigen Ellenbogen-Einsatz hatte erneut einen Platzverweis und einen Strafstoß zur Folge. Die Aktion brachte die Bayern endgültig auf die Verliererstraße.

Dayot Upamecano kann Albtraum für jeden Angreifer sein

„Das waren leider zwei sehr folgenreiche Fouls, die er sich geleistet hat“, sagte Trainer Thomas Tuchel nach dem 2:3 in Bochum: „Das ist zweimal zu ungestüm, zweimal zu aggressiv. Leider, denn er macht sich damit seine eigenen Leistungen kaputt.“STERN PAID C+ CVC vs. Blackstone14.09

Tuchels Zitat beschreibt knapp, was Upamecano ausmacht. Der französische Nationalspieler ist an seinen guten Tagen ein Albtraum für jeden Angreifer: schnell, zweikampfstark, technisch versiert und passsicher. An schlechten Tagen ist er genau das Gegenteil. Dann lässt sich der französische Nationalspieler leicht überlaufen, vertändelt leichtfertig Bälle oder spielt Pässe des Grauens, die die Verteidiger-Kollegen verzweifeln lassen. Oder er geht so ungeschickt in Zweikämpfe wie zuletzt gegen Lazio und Bochum.

Julian Nagelsmann, sein Trainer bei RB Leipzig und Bayern, nannte ihn eine „Maschine im Verteidigen“. Der Anlass für die Äußerung im Frühjahr 2022 war eine Serie von schweren Fehlern in seinem ersten Jahr in München. Nagelsmann erinnerte den Verteidiger öffentlich daran, dass eine „einfache Lösung“ manchmal besser sei als es „super smart“ zu machen. 

Seit Upamecano im Sommer 2021 für 42,5 Millionen Euro von Leipzig zum FC Bayern wechselte, lässt der einst von Ralf Rangnick zu Red Bull gelotste Upamecano extrem starken Leistungen regelmäßig schwache Auftritte und Aussetzer folgen, die sich nur schwer erklären lassen. In seinem ersten Jahr bei den Bayern schrieb man das seiner Unerfahrenheit zu, doch die Leistungsschwankungen blieben, auch wenn die Fehlerquote abnahm.Danke Thomas Tuchel für den Rückschritt 12.49

Tuchel durfte das gleich zu Beginn seiner Amtszeit bei den Bayern erleben, als sein Team im Viertelfinale der Champion League gegen Manchester City chancenlos war. Ein Grund für die Pleite war, das Upamecano beim der 0:3 im Hinspiel in Manchester Fehler wie am Fließband produzierte und die komplette Defensive der Bayern zum Einsturz brachte.

Fatale Aussetzer sind mehr Symptom als Ursache

Doch genau wie vor einem Jahr ist Upamecano selbstverständlich nicht der einzige Spieler beim FC Bayern, der sich Formkrisen und Aussetzer leistet. Er liegt aber in der Natur der Sache, dass die Fehler eines Verteidigers (wie auch eines Torwarts) auffälliger oder folgenschwerer sind, wenn dadurch ein Gegentor fällt. Sie überstrahlen (oft) die schwachen Leistungen der Mitspieler. 

So sind die fatalen Aussetzer von Upamecano in der aktuellen Krise genauso Symptom wie Ursache. Die komplette Mannschaft wirkt zutiefst verunsichert. Nach Rückschlägen „zerfällt sie in ihre Einzelteile“, wie der „Kicker“ analysierte. Wichtige Führungsspieler wie Joshua Kimmich, Leroy Sané, Leon Gorezka oder Harry Kane befinden sich im Formtief. Kane allein vergab gegen Bochum zwei hervorragende Chancen, die das ganze Spiel schon vor Upamecanos Fehler zu Gunsten der Bayern hätten entscheiden können. Kimmich hatte nach seiner berechtigten Auswechslung nichts besseres zu tun, als schmollend auf der Bank zu sitzen und sich mit Co-Trainer Zsolt Löw anzulegen. Im Spiel verlor er den entscheidenden Zweikampf vor dem Ausgleich durch die Bochumer.

Upamecano wird den Bayern in den nächsten Spielen in der Bundesliga und der Champions League wegen der Rotsperren fehlen. Danach wird er sich vermutlich erst in die Stammelf zurückkämpfen müssen. Tuchel betont mit Blick auf die Verteidiger, die ihm zur Verfügung stehen, dass es keine Rangordnung gebe. Aber das stimmt natürlich nicht. Bislang stand „Upa“ auf Rang zwei hinter dem Koreaner Min Jae Kim. Jetzt dürfte er vorerst hinter Matthijs de Ligt und Eric Dier auf Rang vier zurückfallen.

Quellen: „kicker„, „Süddeutsche Zeitung„, „Eurosport„, „n-tv„, „Sport1„, DPA

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