Esskultur: All-day-breakfast: Frühstück ist das neue Abendessen

Wer frühstückt, liegt voll im Trend. In den letzten Jahren hat sich die erste Mahlzeit des Tages zum kulinarischen Highlight entwickelt – und ein bisschen die Gastronomieszene revolutioniert. Über einen Wandel in der Esskultur, der weit über die klassische Avocado-Stulle hinausgeht. 

„Wir wollten eigentlich nur gut frühstücken“, erklärt Martin Pöller, einer der zwei Gründer des innovativen Konzepts „Frühstück 3000“ in Berlin. Die üblichen Frühstückscafés boten ihm und seinem Geschäftspartner Lukas Mann allerdings nicht die ersehnte Vielfalt – zu oft endete die Auswahl bei der omnipräsenten Avocado-Stulle. Die kreative Dürre in der lokalen Frühstücksszene veranlasste das Duo, ihre Vision eines idealen Cafés in die Realität umzusetzen.

Heute gibt es bereits an zwei Standorten in Berlin ihr „Frühstück 3000“, eine Art gehobenes Frühstückslokal, an dem den ganzen Tag (bis 16 Uhr!) Gerichte für den Start in den Tag bestellt werden können.

Warmes Frühstück 6.15Frühstückslokale mit besonderen Gerichten erleben einen Aufschwung, da sie nicht nur den Gaumen erfreuen, sondern auch neue soziale und kulinarische Erlebnisse bieten. Gäste sind heute bereit, für einzigartige und hochwertige Frühstückserlebnisse zu bezahlen, die ihre Erwartungen übertreffen und den Tag auf eine besondere Weise beginnen lassen. Die Gastronomen haben diese Nachfrage erkannt und reagieren darauf mit innovativen Konzepten, die traditionelle Frühstücksgrenzen sprengen. Frühstück als das neue Abendessen – dieser Trend spiegelt einen Wandel in der Esskultur wider, der weit über Eier und Pancakes hinausgeht. Breakfast & Booze: Morgens ausgehen wird immer beliebter
© Nils Hasenau

Internationales Flair am Morgen

Das Café „The Morgenmuffel“ in Hamburg hat mit dieser Philosophie in der Hansestadt neue Maßstäbe gesetzt. Dieses Lokal mit seinem farbengewaltigen, mondänen Interieur könnte so genauso in anderen Metropolen dieser Welt eröffnen – in New York City oder in Kapstadt. Fusions-Frühstück nennt sich das Konzept im Morgenmuffel. Hier kann man mit Austern und Champagner in den Tag starten. Sowie mit Gerichten wie „Chicken & Waffles“, ausgelöste Hähnchenoberkeule paniert in Panko mit Cheddar-Waffel, eingelegten Gurken und Cole-Slaw oder Lachspastrami-Sandwich mit Rotkohl-Apfelslaw. 

Das Frühstück, mutet mal sehr fein an, aber genauso auch deftig und herzhaft. Internationales Flair wird hier schon früh am Morgen versprüht. Hinter dem Morgenmuffel-Konzept steckt ein Gründer-Trio, unter anderem Iman Saber Gorgan und Koosha Bahart, die Gründer der Dulf’s-Burger-Restaurants, die die Hansestadt mit spannenden Burger-Varianten versorgen. In der Vorbereitung auf die Eröffnung im vorherigen Jahr war das Trio viel unterwegs. Sie testeten Frühstückslokale in Den Haag, London, Amsterdam und Berlin. Ihr Fazit: In Hamburg ist noch viel Luft nach oben.

Auch Gründerin Ronak Omranfar in Düsseldorf verfolgt mit ihrem Café „Soulbrunch“ ein ähnliches Konzept. Hier kommt Design, erstklassiger Service und ein außergewöhnliches Frühstückserlebnis zusammen. Auf der Karte stehen kreative Stullen mit Bresaola, luftgetrocknetem Rinderschinken, Trüffelmayo und Rucola oder Eggs Florentine mit Spinat und Feta sowie Schokoladen-Pancakes mit Blaubeeren. STERN PAID 37_23 Einfach Essen Menemen 8.16

Cocktails zum Frühstück? Warum nicht!

Bloody Mary zum Frühstück serviert das „Frühstück 3000“
© Nils HasenauBei „Frühstück 3000“ wird das Konzept des All-day-breakfast durch die Möglichkeit ergänzt, den Tag mit einem Cocktail zu beginnen. Wer beispielsweise erst zur Mittagszeit aufschlägt, kann ruhigen Gewissens einen Cocktail bestellen. Statt Espresso gibt es dann einen Espresso-Martini, statt Tomatensaft eine Bloody Mary. Aber auch alkoholfreie Varianten und selbstgemachte Limonaden schmecken zum deftigen Frühstück wie Chicken & Waffles hervorragend dazu. „Wer kleine Kinder hat, muss ein gutes kulinarisches Erlebnis nicht mehr missen“, sagt Pöller. „Wir sind längst in dem Alter, in dem wir schon ab morgens gut essen gehen wollen.“ 

Zunehmend wird das Frühstück ein beliebter Zeitpunkt für Treffen mit Freunden und Familien. Das Frühstück hat das Abendessen als soziales Ereignis längst abgelöst – und am Ende des Tages spielt in der Beliebtheit auch ein ökonomischer Faktor eine Rolle: Fürs Frühstück wird man immer weniger in die Taschen greifen müssen  – als für ein hochwertiges Abendessen. Experten sind sich einig: Das Konzept des All-day-breakfast ist mehr als ein Trend. Hier findet eine dauerhafte Veränderung der Gastronomieszene statt. Sie zeigt, wie sehr sich unsere Einstellung zum Frühstück gewandelt hat – es ist das neue Abendessen, eine Mahlzeit, die gefeiert, zelebriert und vor allem genossen wird.

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