Die chinesische Führung hat empört auf einen möglichen Rückzug des Autobauers Volkswagen aus der nordwestlichen Provinz Xinjiang wegen Berichten über Zwangsarbeit reagiert. Das Außenministerium in Peking erklärte am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP, deutsche Unternehmen sollten sich „von den Lügen“ über die Lage in Xinjiang nicht „täuschen“ lassen. Sie müssten „die Wahrheit von der Lüge“ unterscheiden.
Das Ministerium reagierte auf die AFP-Anfrage, Stellung zu beziehen zur Entscheidung von VW, die „künftige Ausrichtung der Geschäftsaktivitäten“ in Xinjiang zu überprüfen. Volkswagen hatte am Mittwoch mitgeteilt, für die Geschäfte in Xinjiang stünden „verschiedene Szenarien“ zur Debatte. Die „Süddeutsche Zeitung“ zitierte am Donnerstag Konzernkreise mit den Worten „Wir wollen da raus“. Allerdings sei ein Rückzug nicht einfach.
VW betreibt in der Provinz in einem Joint Venture mit dem staatlichen chinesischen Autobauer Saic ein Werk und eine Teststrecke. Das „Handelsblatt“ hatte am Mittwoch berichtet, am Bau der Teststrecke seien womöglich uigurische Zwangsarbeiter beteiligt gewesen.
Das Außenministerium in Peking erklärte, die „angeblichen Verletzungen der Menschenrechte in Xinjiang sind eine Lüge“. Diese Lüge solle „Chaos in Xinjiang stiften, China schlecht machen und Druck ausüben“.
Den chinesischen Behörden wird seit langem vorgeworfen, in der nordwestchinesischen Provinz die muslimische Minderheit der Uiguren zu überwachen und zu unterdrücken. Peking weist jegliche Vorwürfe zurück und gibt an, sein Vorgehen in der Region Xinjiang diene vorrangig dem Kampf gegen Extremismus.
VW war in den vergangenen Tagen zunehmend unter Druck geraten, es dem deutschen Chemieriesen BASF gleich zu tun und sich aus Xinjiang zurückzuziehen. BASF hatte nach Berichten über Menschenrechtsverletzungen bei seinen Aktivitäten in Xinjiang in der vergangenen Woche einen schnelleren Verkauf seiner Anteile an zwei Joint-Venture-Unternehmen dort angekündigt.
VW ist der größte Autokonzern Europas – der chinesische Markt ist aber sehr wichtig für den Konzern. Er verkauft dort 40 Prozent seiner Fahrzeuge. Für einen Ausstieg aus dem Gemeinschaftsunternehmen mit Saic sei die Zustimmung der Chinesen nötig, da VW der Juniorpartner sei, zitierte die „Süddeutsche“ aus Konzernkreisen.
Auch eine Fortsetzung der Geschäfte in China ist nicht unproblematisch: Bei Verdacht auf Menschenrechtsverletzungen drohen Unternehmen US-Sanktionen. Die USA verbieten die Einfuhr von Produkten, die mithilfe von Zwangsarbeit in der chinesischen Uiguren-Region Xinjiang und anderen Gebieten Chinas hergestellt wurden.
Am Mittwochabend bestätigte Volkswagen, dass Autos des Konzerns in US-Häfen wegen Bauteilen aus China feststecken. Die „Financial Times“ hatte zuerst darüber berichtet. Demnach stammen die Bauteile aus Westchina, was gegen das Gesetz gegen Zwangsarbeit verstoße. Laut „Handelsblatt“ geht es um 13.000 Autos.
Ein VW-Sprecher erklärte: „Wir arbeiten daran, eine Verzögerung bei der Auslieferung bestimmter Fahrzeuge des Volkswagen-Konzerns von den Häfen zu den Händlern zu beheben“. Grund sei ein „Zollproblem“; es gehe um ein kleines elektrisches Bauteil. VW wurde demnach von einem Zulieferer informiert.