35 Jahre nach seinem Debüt im Skisprung wird Noriaki Kasai wieder in der Qualifikation zum Weltcup in Sapporo antreten. Mit 51 Jahren ist der Japaner ein echtes Sportler-Wunder.
Es könnte ein Comeback werden, das in die Geschichte des Sports eingeht. Am Wochenende wird Noriaki Kasai als Teil der japanischen Skisprung-Mannschaft beim Weltcup in Sapporo starten – mit 51 Jahren. Der ewige Kasai ist längst eine Legende, aber sollte er nach unserer Zeit am Freitagmorgen (Beginn 8 Uhr) die Qualifikation für das Springen schaffen, wäre das außergewöhnlich, oder besser: eine kleine Sensation.
Letztes Jahr hat er schon einmal versucht, wieder ganz oben anzugreifen, aber da fehlte die nötige Form und er scheiterte in der Vorausscheidung. Diesmal stehen die Chancen deutlich besser für den Skiflug-Weltmeister von 1992. Er wäre der erste Springer über 50, der an einem Weltcup teilnimmt. „Das wird ein solcher Druck für mich, als ob es um den Sieg gehen würde. Aber ich möchte dem Druck standhalten“, sagt Kasai: „Denn alle warten auf mich, und die will ich nicht enttäuschen.“
1988 feiert er sein Debüt in Sapporo
Kurzer Rückblick: Im Jahr 1988 feierte der damals sechzehnjährige Japaner sein Debüt im Weltcup, ebenfalls in Sapporo. Es war die Zeit, als das Skispringen gerade einen gewaltigen Entwicklungsschub durchlief. Der große Finne Matti Nykänen holte am dritten Dezemberwochenende in Japan im alten Parallelstil seinen vorletzten Weltcup-Sieg, einen Tag später gewann der Schwede Jan Böklov im V-Stil, den er maßgeblich etablierte. Von den Großen dieser Zeit fehlten nur die DDR-Springer um Jens Weißflog.Backpulver9:50
In der Gegenwart sind diese Namen Geschichte. Matti Nykänen, neben Weißflog der größte Skispringer aller Zeiten, erlag im Alter von 55 Jahren dem Alkohol, Böklov ist heute kaum noch bekannt und Weißflog betreibt ein Hotel im Erzgebirge, ist mit 59 Jahren allerdings auch ein wenig älter als Kasai.
Der Japaner hat sich mit harter Arbeit zurückgekämpft in die japanische Skisprung-Elite. Im Januar wurde er in Sapporo beim Continental Cup, der zweithöchsten internationalen Wettkampf-Kategorie, Neunter und schlug dabei etwa den Deutschen Meister Martin Hamann. In der vergangenen Woche gewann er den nationalen TVH-Cup vor Keiichi Sato, der vor drei Jahren Platz 14 bei der Vierschanzentournee belegte. „Ich habe jeden Tag so sehr an meiner Ausdauer, im mentalen Bereich und an meinem Gewicht gearbeitet“, sagt Kasai: „Und endlich zahlt sich das wieder aus.“
Sein Ehrgeiz ist ungebrochen
Mit seiner Rolle als Flugsaurier, der auch gern belächelt wird, hat Kasai kein Problem. Er brennt immer noch vor Ehrgeiz und glaubt an sich. Dabei hatten ihn viele schon abgeschrieben. Seinen letzten Sieg erlebte er 2014 mit 42 Jahren, sein letztes Podium 2017 mit 44 Jahren und seinen 569. und bislang letzten Weltcup bestritt er 2020 mit 47 Jahren. Es waren allesamt Altersrekorde.
Dann allerdings schien sein Körper tatsächlich zu alt zu sein für die extremen Anforderungen auf allerhöchstem Niveau. Die Knie wollten nicht mehr mitmachen und die Fitness schwand. Doch ganz aufhören war für Kasai keine Option. Er arbeitete härter als je zuvor und ist nun wieder flugfähig, gegen alle Erwartungen. In dieser Zeit arbeitete er als Teamchef der Werksmannschaft des Tsuchiya-Konzerns, der bis 2023 auch Tourneesieger Ryoyu Kobayashi angehörte. Jetzt sind die beiden wieder in einem Team vereinigt, auch das ist eine Pointe dieser außergewöhnlichen Geschichte.
Und was ist sein Geheimnis? Hat Nori, wie er genannt wird, ein Zauberelixier parat oder wie Dorian Gray seine Seele verkauft und das Altern gestoppt? „Ich gebe einfach immer noch mein Bestes. Das ist alles“, sagt Kasai. Und lächelt.
Quellen: „kicker„, „Sport Bild„