Preisabsprachen: Keine Harmonie bei Melitta: Streit um Kaffeekartell geht in die nächste Runde

Die Kaffeerösterei Melitta soll jahrelang zu hohe Preise für ihre Produkte verlangt haben. Das wirft ihr die Handelsgesellschaft Bartels-Langness vor und fordert Schadenersatz. Jetzt streiten beide vor Gericht.

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Schon vor Jahren musste der Kaffeehersteller Melitta wegen Preisabsprachen 55 Millionen Euro Strafe zahlen. Nun zerrt die Unternehmensgruppe Bartels-Langness (Bela) die Kaffeerösterei aus Minden erneut vor Gericht. Am Mittwoch eröffnete der 6. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf das Verfahren über eine Kartellschadenersatzklage (Az. VI-6 U 6/22[Kart]). Dabei fordert die klagende Bela-Handelsgesellschaft, zu der rund 120 Famila-Warenhäuser und Markant-Märkte sowie diverse Bäckerei-Filialen in Norddeutschland gehören, Schadenersatz in Millionenhöhe.

Bartels-Langness wirft Melitta vor, die Firma habe in der Zeit von 2002 bis 2008 mit den Konkurrenten Dallmayr, Kraft Foods (jetzt Mondelez) und Tchibo ein deutschlandweites Kaffeeröster-Kartell gebildet, das Kaffeepreise abgesprochen habe. In diesem Zeitraum soll Melitta um circa elf Prozent überhöhte Preise verlangt haben. Zwischen März 2008 bis September 2009 seien die Preise kartellbedingt um etwa vier Prozent überhöht gewesen. Dadurch sei der Handelsgesellschaft Bela ein Schaden in Millionenhöhe entstanden. In erster Instanz vor dem Landgericht Dortmund scheiterte die Unternehmensgruppe Bartels-Langness mit ihren Vorwürfen.

Bela soll selbst Teil eines Kartells gewesen sein

Die beklagte Melitta bestreitet die Anschuldigungen von Bartels-Langness und schießt zurück: Die klagende Bela-Handelsgesellschaft sei selbst Teil eines Kaffeekartells gewesen. Gemeinsam mit Kaffeeröstern und anderen Groß- und Einzelhändlern soll Bela in einem „Hub-and-Spoke-Kartell“ einheitliche Endverbraucherpreise für Kaffeeprodukte vereinbart haben.

Der englische Fachbegriff beschreibt eine bestimmte Art verbotener Preisabsprachen, bei dem die Wettbewerber direkten Kontakt miteinander vermeiden und stattdessen übereck kommunizieren. Dabei versucht ein Händler indirekt, vermittelt etwa über den Produkthersteller, andere Händler dazu zu bewegen, bestimmte Mindestpreise einzuhalten. So habe die Klägerin wissentlich die zwischen den Kaffeeröstern vereinbarten Preiserhöhungen angenommen und an Endkunden weitergegeben. Weil die Bela Handelsgesellschaft ihrerseits von dem Kartell profitiert habe, sei ihr kein Schaden entstanden. Bartels-Langness weist die Vorwürfe zurück.

Nun muss das Oberlandesgericht Düsseldorf den Fall prüfen. Capital hat bei beiden Streitbeteiligten nachgefragt, was an den gegenseitigen Beschuldigungen dran ist. „Bartels-Langness äußert sich nicht zu einem laufenden Verfahren“, teilte die Pressestelle der Handelsgesellschaft mit. Melitta ließ die Capital-Anfrage zunächst gänzlich unbeantwortet.

Kartellabsprachen: Preisverdruss statt Kaffeegenuss

Allzu weit hergeholt scheinen die Vorwürfe gegen Melitta allerdings nicht. Bartel-Langness stützt seine Argumentation im Verfahren vor dem OLG Düsseldorf vor allem darauf, dass das Gericht dem Kaffeehersteller in der Vergangenheit bereits Preisabsprachen nachgewiesen habe. Zusammen mit den Unternehmen Tchibo, Alois Dallmayr Kaffee und Kraft Foods (Jacobs Kaffee) bildete Melitta ein Kaffeekartell, das seit mindestens Anfang 2000 Preise miteinander abgesprochen hatte. 

Allein durch im Dezember 2004 und April 2005 angekündigte Preiserhöhungen steigen die Endverbraucher- und Aktionspreise für Röstkaffee um durchschnittlich mehr als einen Euro pro 500-Gramm-Packung. Erst 2008 flog der Gesprächskreis auf, als das Bundeskartellamt die Kaffeeröster durchsuchen ließ. Zunächst versuchte Melitta eine Geldbuße durch eine Umstrukturierung im Konzern zu umgehen. 

Allerdings bestätigte das zuständige Oberlandesgericht Düsseldorf die Bußgeldentscheidung des Bundeskartellamtes im Jahr 2014 und verdonnerte die Melitta Europa GmbH & Co. KG zur Zahlung von 55 Millionen Euro. Melitta legte dagegen zwar Beschwerden beim Bundesgerichtshof und beim Bundesverfassungsgericht ein, diese wurden aber abgewiesen.

Vertikalfall: Melitta windet sich als Kronzeuge raus

Darüber hinaus war Melitta seit 2004 an wettbewerbswidrigen vertikalen Preisabsprachen beim Vertrieb ihrer Röstkaffee-Produkte beteiligt. Das stellte das Bundeskartellamt im Jahr 2016 fest und verhängte gegen Edeka, Kaufland, Metro, Rewe und Rossmann Geldbußen in Höhe von insgesamt circa 50 Mio. Euro. 

Die Melitta Europa GmbH & Co. KG als Rechtsnachfolgerin der Melitta Kaffee GmbH kam damals um ein Bußgeld herum, weil das Unternehmen mit dem Bundeskartellamt kooperierte und als Kronzeuge auftrat.

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