Streitigkeiten rund um die eigene Wohnung landen oft vor Gericht. Für Mieter mit Mietschutzversicherung übernimmt diese die Prozesskosten. Doch es gibt eine deutlich günstigere Alternative zum Privatrechtsschutz.
In manchen deutschen Großstädten wie Köln, Berlin oder München verschlingt die Warmmiete mehr als 35 Prozent des Nettoeinkommens einer durchschnittlichen Familie. Eine Mieterhöhung kann in solch ohnehin finanziell angespannten Fällen zu erheblichen Belastungen führen. Trotzdem dürfen Vermieter unter bestimmten Umständen, etwa nach Modernisierungsmaßnahmen, mehr verlangen.
Es gelten zwar Einschränkungen: Die Mieterhöhung darf beispielsweise für die Bewohnenden nicht unzumutbar sein. Doch was heißt unzumutbar? Und was gilt als Modernisierung, was als Instandhaltung? Über solche Fragen kommt es zwischen Vermietern und Mietern schnell zu Streit, der dann gar nicht so selten vor Gericht landet.
Am häufigsten wird laut dem Deutschen-Mieter-Bund (DMB) in Mietrechtsangelegenheiten über Vertragsverletzungen gestritten, etwa zur Tierhaltung, Wohnungsmängel oder Verfahren zur Mietpreisbremse. Diese Streitigkeiten machen rund 30 Prozent der Gerichtsverfahren aus. Auf den Plätzen zwei bis vier liegen fast gleichauf die Themen Mietkaution, Nebenkosten und Mieterhöhung. Für die Verliererpartei können solche Prozesse schnell sehr teuer werden: Laut der Verbraucherzentrale kommen auf die unterlegene Partei im Kündigungsstreit und bei einer Monatsmiete von 700 Euro rund 4600 Euro an Kosten zu. Das sind Kosten für das Gericht, den eigenen als auch den gegnerischen Rechtsbeistand.
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Mietrechtsschutz verteuert Verträge
Wer sich vor einer derartigen finanziellen Belastung absichern möchte, für den könnte eine Mietschutzversicherung interessant sein. Einen solchen Mietrechtsschutz gibt es in der Regel in Verbindung mit einer allgemeinen Privatrechtsschutzversicherung. Mieterinnen müssen hier zusätzlich den Versicherungsbaustein „Wohnen“ auswählen, der die Rechtsschutzversicherung oft um einiges verteuert.
Darüber hinaus müssen Mieterinnen und Mieter eine sogenannte Deckungszusage einholen, damit ihre Rechtsschutzversicherung die Anwalts- und Gerichtskosten tatsächlich übernimmt. Dabei handelt es sich um eine Zusage über den Schutzumfang im Streitfall. Wer das nicht macht – oder erst nachdem bereits eine Anwältin oder ein Anwalt beauftragt wurde – riskiert, dass die Versicherung die Zahlung verweigert. Vorsichtig müssen Mieter zudem bei Streitfällen sein, die vor Vertragsabschluss oder noch während der Wartezeit bis zum Versicherungsbeginn begonnen haben. Der Versicherungsschutz greift oftmals erst drei Monate nach Vertragsabschluss.
Tarife kosten im Schnitt ab 250 Euro aufwärts
Bei der HUK-Coburg belaufen sich die Kosten einer Privat- und Berufsrechtsschutzversicherung inklusive dem Baustein Mietrechtsschutz auf jährlich rund 272 Euro. Das beinhaltet eine Selbstbeteiligung von 150 Euro und eine dreimonatige Wartezeit. Abgedeckt sind die üblichen Streitigkeiten, die Wohneinheiten in Deutschland betreffen, etwa rund um Garagenstellplätze oder Eigenbedarfskündigungen. Insgesamt belaufen sich die jährlichen Kosten im Falle der HUK-Coburg also auf 258 Euro. Ähnlich viel kostet der Privatrechtschutztarif inklusive Immobilienschutz bei der Arag, nämlich 22,95 Euro pro Monat beziehungsweise rund 275 Euro pro Jahr.
Einige wenige Versicherer bieten einen sogenannten Sofort-Schutz. Dieser ist noch einmal etwas teurer, obwohl er lediglich Mietrechtsangelegenheiten umfasst. Das liegt daran, dass es hier keine verpflichtende dreimonatige Wartezeit gibt und Versicherungsnehmern umgehend geholfen wird – auch bei bereits laufenden Streitigkeiten rund um Mieterhöhungen, Eigenbedarfskündigungen oder wenn der Vermieter Geld für Reparaturen verlangt. Nicht versichert sind Streitigkeiten mit Bezug auf Schimmel oder Baumängel. Der Sofort-Schutz kostet etwa bei der Arag-Versicherung monatlich 25,11 Euro beziehungsweise mehr als 300 Euro pro Jahr.
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Mieterverein als Alternative
Im Vergleich zum umfassenden privaten Rechtsschutz ist die Mitgliedschaft in einem Mietverein oder Mieterschutzbund oft die günstigere Alternative. Das ist interessant für all jene, die sich speziell gegen Mietrechtsstreitigkeiten absichern möchten. Die Mitgliedschaft im MHM-Mieterverein Hamburg kostet beispielsweise 70 Euro im Jahr. Das inkludiert zunächst einmal eine kurzfristige Beratung durch Rechtsanwälte, ganz ohne Wartezeit.
Damit der Mieterverein auch die Prozesskosten übernimmt, müssen Mitglieder zusätzlich für einen Rundumschutz bezahlen. Beim MHM gibt es diesen für einen jährlichen Aufpreis von 35 Euro, ohne Selbstbeteiligung. Damit belaufen sich die jährlichen Kosten für eine Mitgliedschaft im Mieterverein auf insgesamt 105 Euro.
„Beim Wohnen geht es für Mieterinnen nicht selten um existenzielle Fragen“, betont Rebekka Auf’m Kampe vom MHM. „Da ist es wichtig, sich rechtlich gut beraten zu lassen und viele Streitigkeiten lassen sich dann schon außergerichtlich gut beilegen“, sagt die Juristin. „Mitglieder unterstützen zudem nicht nur politische Anliegen von Mietenden, sondern ermöglichen auch eine Beratung für finanziell Schwächere.“
Dieser Artikel erschien zuerst im Wirtschaftsmagazin „Capital“, das wie der stern Teil von RTL Deutschland ist.